Protest und Gegenprotest - Breites Bündnis demonstriert in Berlin gegen Antisemitismus

So 10.12.23 | 21:44 Uhr
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10.12.2023, Berlin: Teilnehmer einer Demonstration protestieren unter dem Motto «Deutschland steht auf - Nie wieder ist jetzt!» gegen Antisemitismus. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Video: rbb|24 | 10.12.2023 | Material: ARD aktuell, rbb24 Abendschau | Bild: dpa/Carsten Koall

Zwei Monate nach dem Angriff auf Israel haben mehr als 3.000 Menschen im Berliner Tiergarten gegen Antisemitismus demonstriert. Zugleich zog ein ähnlich großer pro-palästinensischer Demonstrationszug durch die Stadt.

Mehrere Tausend Menschen haben am Sonntag im Berliner Tiergarten gegen Antisemitismus, Hass und Rassismus demonstriert. Unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt" liefen sie bei teils strömendem Regen vom Großen Stern zum Brandenburger Tor, wo es eine Kundgebung gab. Die Polizei sprach von etwa 3.200 Teilnehmern, die Veranstalter gingen von 11.000 aus.

Zur gleichen Zeit zogen in Berlin-Mitte rund 2.500 Menschen bei einem Gegenprotest durch die Stadt. Das Motto der Demonstration lautete "Solidarität mit Palästina - Keine Waffen für Genozid".

Unterstützung durch viele Prominente

Die Demonstration am Brandenburger Tor gegen Antisemitismus war unter anderem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstützt worden. Der Publizist Michel Friedman sagte mit Blick auf die Teilnehmerzahl unter Beifall: "Es sind zu wenige, die gekommen sind."

Hinter einem Banner "Nie wieder ist jetzt - Deutschland steht auf" zogen die Menschen über die Straße des 17. Juni. In der ersten Reihe waren unter anderem Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der Schlagersänger Roland Kaiser und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dabei.

"Ich erkenne zuweilen dieses Land nicht wieder. Es ist etwas aus den Fugen geraten", sagte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster. "Es ist noch die Gelegenheit, dies zu reparieren, doch dafür muss man sich auch eingestehen, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, was man nicht hat sehen können oder wollen."

Unterstützung dafür gab es von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). "Wir sind viele, aber zu viele Anständige sind zu leise", sagte der SPD-Politiker. "Wir brauchen keine anständige, schweigende Mehrheit. Wir brauchen eine deutlich laute Mehrheit, die jetzt aufsteht und nicht später." Es müsse Schluss sein mit Antisemitismus. "Wir müssen Ernst machen damit", sagte Heil.

Als Schirmherrin der Veranstaltung sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD): "Jüdinnen und Juden haben Angst und sie fühlen sich alleingelassen. Nicht nur Hass erzeugt dieses Gefühl, auch Schweigen und Gleichgültigkeit." Daher sei "ein kraftvoll sichtbares und lautes Zeichen" wichtig.

Der israelische Botschafter Ron Prosor forderte mit Blick auf die weiter von der terroristischen Hamas in Gaza festgehaltenen Geiseln aus Israel mit einem Sprechchor: "Bring them home!"

Auch der Schlagersänger Roland Kaiser sprach von der Hoffnung, "dass von diesem Tag ein Signal ausgeht".

Politikerinnen und Politiker fast aller Parteien standen hinter dem Aufruf, ebenso laut Webseite der Veranstalter [www.niewiederistjetzt.de] Künstler wie Hape Kerkeling, Iris Berben und Tim Bendzko, sowie die Moderatoren Sascha Hingst, Günther Jauch, Sandra Maischberger, Barbara Schöneberger, Johannes B. Kerner, Cherno Jobatei und Sonya Kraus.

Hintergrund ist der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die steigende Anzahl antisemitisch motivierter Übergriffe in Deutschland. Vom Veranstalter angemeldet waren 3.000 Teilnehmende.

Palästina-Demo zur selben Zeit in der Nähe

Bei der pro-palästinensischen Gegendemonstration nahmen nach Angaben der Polizei zwischenzeitlich rund 2.500 Personen teil, Straftaten seien nicht registriert worden. Die Demo war von einer Einzelperson mit 3.000 Teilnehmern angemeldet worden.

Diese Route führte laut der Berliner Polizei von der Wilhelmstraße (zwischen Willy-Brandt-Haus und Hallesches Ufer) zur Leipziger Straße, wo es vor dem Bundesfinanzministerium eine Zwischenkundgebung geben sollte. Anschließend sollte der Zug über die Friedrichstraße und Unter den Linden zum Lustgarten führen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 10.12.23, 19:30 Uhr

 

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73 Kommentare

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  1. 73.

    Auch wenn ich aufgrund der Erschöpfung durch meinen Job als Erzieher und die 2 Kinder es nicht schaffe an Demos teilzunehmen, so fand ich diese Demo jedoch richtig im ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen. Dies kann nicht oft genug geschehen.

  2. 72.

    Das Bild sieht nicht nach 3200 Demonstranten aus ! UND ich würde gerne mal wissen, wer alles davon Teil nahm um beruflich oder gesellschaftlich nicht das Gesicht zu verlieren? UND, wer alles davon selber betroffen ist.

  3. 71.

    Das kann doch nicht euer Ernst sein, wir haben Juden in unserem Land und die haben Angst, es muss doch in diesem Land möglich sein, sich jeden Tag, frei, wie immer zu bewegen, wir haben Menschen aufgenommen, die unsere Gesellschaft und Kultur nicht akzeptieren und diese Menschen müssen wieder nach Hause, wo immer das auch ist.

  4. 70.

    Es gibt echt noch Hoffnung...! Was für ein gewaltiges Zeichen...!

  5. 69.

    "Ich erkenne zuweilen dieses Land nicht wieder. Es ist etwas aus den Fugen geraten", sagte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster. "Es ist noch die Gelegenheit, dies zu reparieren, doch dafür muss man sich auch eingestehen, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, was man nicht hat sehen können oder wollen."
    Da hat er absolut Recht, dass ist wahrscheinlich auch der Grund, warum so wenige Menschen gekommen sind!!!

  6. 68.

    Ist der Besuch des Hauses der Wannsee-Konferenz eigentlich (noch) Pflichtprogramm in den Berliner Oberschulen ?! … Ich komme da öfters vorbei … Sehe da eigentlich nie Schulklassen oder -busse … Mich wundert gegebenenfalls dann auch wenig(er), weshalb auf „so einer“ Demo das Publikum eher fortgeschrittenen Alters ist.

  7. 67.

    Ja ... Und Nein in Relation zu ca. 4.000.000 Einwohner in Berlin inkl. Speckgürtel ... Es bleibt wie unten gesagt.

  8. 66.

    Statt Hauptstadt von Deutschland sollte sich in Hauptstadt der Demotrationen um benennen.

  9. 65.

    Ein schwarzer Tag für Berlin. Wo bleibt die Solidarität mit den jüdischen Mitbürger-innen. Die geringe Anzahl der Teilnehmer finde ich erschreckend.

  10. 64.

    Totaler Quatsch! Alle Redner haben betont, dass es gegen jeglichen Rassimus geht, aus allen Religionen gab es Grussworte.

  11. 63.

    Beitrag gelesen? Es geht um Antisemitismus und unser aller Unterstützung unserer Mitbürger. Sie waren heute sicher dabei. Danke für Ihre Unterstützung jener, die bedroht werden.

  12. 61.

    Es geht hier aber um den aufflammenden Antisemitismus, der ja bekanntermaßen zum Völkermord der Deutschen an den Juden, dem schlimmsten Verbrechen der Weltgeschichte, geführt hat. Darum war diese Demonstration ein wichtiges Zeichen hiergegen. Die Relativierungen mehrerer Diskussionsteilnehmenden ist unangemessen, geschichtsvergessen und stellt typischen „whataboutism“ dar.

  13. 60.

    Wie wichtig das Anliegen der Bürger ist, sich gegen den Antisemitismus zu stellen, zeigt rbb24 eindrücklich, indem sie Hertha BSC und seine Verbindung zu Gangstareppa als Headliner präsentiert.

  14. 59.

    Auch für Sie nochmal extra, es ist 2. Advent. Ich entschuldige mich natürlich das ich nicht da war, ich war bis 14 Uhr im Dienst und habe danach die Zeit mit der Familie im warmen bei Kaffee und Kuchen verbracht!
    Achso, fürs Klima gehen ich auch nicht auf die Straße, sorry!

  15. 56.

    Respekt für Ihren Kommentar. Bin neidisch auf Jeden, der Sonntags Zeit hat auf Demos zu gehen. Bin mit der Pflege meiner Mutter und meinem Haushalt beschäftigt, gehe nämlich wochentags ab 4.30 arbeiten und bin dann Dank Öffis 13 Stunden mindestens aus dem Haus. Und mal ehrlich gesagt, ist es mir auch völlig egal mittlerweile, wer und was oder wofür oder wogegen hier Jemand meint, demonstrieren zu müssen. Sind eh meistens keine Berliner, sondern Zugetreiste . Der geborene Berliner hat andere Prioritäten.

  16. 55.

    „ Wir gehen für das Klima, für Gendergerechtigkeit und viele andere Belange auf die Straße, völlig zu Recht und immer unter großer Beteiligung der Menschen bis ca. 30 Jahren. Wo wart ihr heute?“
    Vielleicht, weil keine Schuldzuweisungen von Junge auf Alte möglich waren, sondern man einfach Position beziehen mußte, „liegt“ jungen Menschen nicht so!

  17. 54.

    Können Sie sich eigentlich vorstellen das es Menschen gibt die Sonntags etwas anderes zu tun haben als auf eine Demo zu rennen? Gerade am 2. Advent verbringt man gern Zeit mit der Familie!

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