So unterstützt KI Sportler in Heide und Elmshorn

Stand: 12.04.2024 17:42 Uhr

Trainingspläne für Jugend-Handball erstellen, Schlagmuster analysieren beim Tennis: Beim MTV Heide und im Lawn-Tennis-Club Elmshorn übernimmt das eine Künstliche Intelligenz, zum Vorteil der Breitensportler.

von Jonas Salto

Donnerstagnachmittag, 16:30 Uhr in der Sporthalle vom MTV Heide. Für 20 junge Handballerinnen und Handballer wird es heute ein besonderes Training. Es wird anders. Denn ihr Trainer Sören Bröcker gibt heute nicht vor, was gemacht wird. Das übernimmt stattdessen eine Künstliche Intelligenz (KI). Der Trainer steht vor einem Laptop, auf dessen Display eine Chat-Oberfläche zu sehen ist. Sören Bröcker tippt: "Erstelle mir einen Aufwärmplan Handball für 20 Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren."

Ein Mann leitet eine Übung in einer Sporthalle. © NDR
Die KI hatte die Idee, Trainer Bröcker setzt diese im Training mit den Kindern um.

Es dauert einen kurzen Augenblick und die KI spuckt ein Aufwärmspiel namens Tausendfüßler aus. Das haben die Kinder noch nie gemacht. "Wir können heute mal gucken, ob den Kindern das KI-Training besser als mein Training gefällt", sagt der Handball-Trainer mit einem Lächeln im Gesicht. Nach ein paar Unklarheiten unter den Kindern, wie genau das Spiel nun funktioniert, läuft das Aufwärmen gut. Die jungen Handballerinnen und Handballer haben sichtlich Spaß an der Übung.

Künstliche Intelligenz will auch trainiert werden

Hinter der künstlichen Intelligenz, die den Trainingsplan erstellt, steckt ein sogenanntes No-Code Tool. Dass die Software den Trainingsplan erstellt, klappt nur, weil David Bregler von der Fachhochschule Westküste (FHW) sie vorher mit Inhalten gefüttert hat. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am KI Anwendungszentrum an der FHW: "Je mehr Informationen wir in die KI speisen, desto mehr kann sie auch. Desto mehr wird sie lernen, was die Handball-Trainer machen, was die Kinder mögen und was sie nicht mögen."

Im Moment ist die KI für das Handball-Training in Heide noch sehr grundlegend. Aber wenn Sören Bröcker sie stetig mit neuen Informationen trainiert, wird sie noch passendere Trainingsinhalte ausspucken. Das Besondere an dem No-Code Tool ist, dass man kein Programmierer sein muss, um es zu nutzen. Inhalte, zum Beispiel PDF-Dateien, können ganz einfach per Drag and Drop in das Tool gezogen werden.

Kinder vom KI-Training begeistert

Nach dem Aufwärmen lässt sich Sören Bröcker eine Wurf-Übung von der KI anzeigen. Dabei stehen fünf Kinder im Handball-Tor und fünf Weitere werfen im Wechsel auf den Kasten. Auch diese Übung haben die MTVler bislang noch nie gemacht. "Es ist abwechslungsreich. Das Wurftraining finde ich gut, weil es mal schwieriger ist und man auch im Team zusammenarbeiten muss", sagt die 11-jährige Johanna Macke.

Für ihren Trainer ist die KI eine Arbeitsentlastung. Sören Bröcker sagt nach dem Training: "Man kann sich anders fokussieren auf ein Training, wenn man weiß, der Trainingsplan ist da. Ich kümmere mich dann darum, dass die Kinder alle zum Training kommen, dass sie sich wohlfühlen, dieses ganze Miteinander. Die Zeit, die man gewinnt, ist wertvoll."

Lawn-Tennis-Club Elmshorn auch mit KI ausgestattet

Ein Mann zeigt vier Personen in einer Tennishalle etwas auf einem Smartphone. © NDR
Tennistrainer Hausmann-von Hunoltstein nutzt die KI zusammen mit seinen vier Spielerinnen.

20:00 Uhr in der Tennishalle vom LTC Elmshorn. Vier Spielerinnen schlagen sich auf der roten Asche ein. Am Netzpfosten steht ein weißer Kasten. Darin steckt eine künstliche Intelligenz. Sie ist mit drei Kameras verbunden, die den gesamten Platz im Blick haben. Der Trainer und Sportwissenschaftler Martin Hausmann-von Hunoltstein steht mit seinem Smartphone vor dem Kasten und verbindet sich mit dem Gerät. Heute will er mit seiner Damenmannschaft Crossrallyes trainieren - also diagonale Schläge. Eine sehr langweilige, aber notwendige Übung im Tennis. Doch dank der KI wird aus der nervigen Übung ein spannender Wettkampf.

Schlaganalyse wie bei den Profis

Jeweils zwei der Spielerinnen treten gegeneinander an. Wer in drei Minuten die meisten Schläge ins Feld gebracht hat, gewinnt. Die KI zählt dabei eigenständig die Punkte und speichert jeden Schlag ab. Im Anschluss zeigt sie auf dem Smartphone des Trainers für jede Spielerin an, wo genau sie mit welchem Tempo hin gespielt hat und was der schnellste Schlag war. So stellt Janine Brammann nach der ersten Rallye fest: "Dass ich meine Bälle noch länger an die Grundlinie spielen muss und dass ich sie noch weiter cross spielen muss."

Der Bildschirm eines Smartphones zeigt eine App. © NDR
Auf seinem Handy erkennt der Trainer dank der KI, wo welcher Ball auf dem Platz gelandet ist.

Was sie dafür tun muss, damit ihr das gelingt, erklärt Trainer Martin Hausmann-von Hunoltstein. Die KI kann nämlich noch nicht sagen, wie die Spielerinnen den Schläger halten sollen, wie sie zum Ball stehen müssen und wann sie treffen müssen. "Aber wir haben einfach ein unbestechliches, messbares Instrument, dass ein subjektives Gefühl durch valide Daten unterstützt", erklärt der Trainer.

Fachhoschule Westküste: KI ist etwas für jeden und jede

Sören Bröcker vom MTV Heide trifft sich in zwei Wochen wieder mit dem KI-Experten der FHW. Sie wollen gemeinsam die Software weiter trainieren. "Als das Smartphone herauskam, mussten die Leute erst lernen, wie sie auf dem Handy E-Mails aufrufen. Ähnlich ist es nun mit der KI. Die Leute müssen verstehen, was das für Möglichkeiten bietet", sagt David Bregler von der FHW. Für den Handballtrainer könnte die KI in Zukunft sogar dabei helfen, Nachwuchstrainer zu gewinnen. Denn wenn sie passende Trainingspläne ausspuckt, fällt ein großer Aufwandsfaktor schon einmal weg.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 12.04.2024 | 19:30 Uhr

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