Kugelschreiber der großen Parteien mit Miniaturfiguren

Entwicklung der Parteien

Linke und AfD haben die höchsten Mitgliederverluste in RLP

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Gernot Ludwig
Gernot Ludwig ist Autor bei SWR Aktuell Rheinland-Pfalz und landespolitischer Korrespondent

In Rheinland-Pfalz sind einer Studie zufolge im vergangenen Jahr alle etablierten Parteien geschrumpft - eine Partei befindet sich im freien Fall.

Die Partei Die Linke hat im Jahr 2022 in Rheinland-Pfalz 18,1 Prozent ihrer Mitglieder (326) verloren. Dieses Minus ist der größte Mitgliederschwund der Linkspartei (und ihrer Vorgängerparteien) in Rheinland-Pfalz seit 1990. Die Linke, die noch nie im Landtag vertreten war, verliert seit 2011 (Ausnahme 2021) stetig Mitglieder.

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Prozentual die zweitmeisten Mitglieder hat im vergangenen Jahr die AfD verloren. Der Verlust lag 2022 bei 4,3 Prozent beziehungsweise 77 Mitgliedern. Nach den Auswertungen des Berliner Politikwissenschafters Oskar Niedermayer ist es für die AfD in Rheinland-Pfalz nach 2021 (- 5,6 Prozent) und 2020 (- 13,5 Prozent) das dritte Jahr in Folge, in dem sie Mitglieder verliert. In den Jahren zuvor war die AfD im Land stets gewachsen. 

AfD verliert Mitglieder - legt aber in Umfragen zu

Was auffällt: Bundesweit und auch in Rheinland-Pfalz hat die AfD in den vergangenen drei Jahren hintereinander Mitglieder verloren. Dennoch legt die Partei in Umfragen deutlich zu. Im ARD-Deutschlandtrend lag die AfD zuletzt mit 20 Prozent auf Platz zwei hinter der Union. In Rheinland-Pfalz lag die AfD im letzten SWR-Politrend mit 16 Prozent auf Platz drei hinter CDU und SPD.

Für den Politikwissenschaftler Ulrich Sarcinelli aus Landau sind diese gegenläufigen Entwicklungen kein Widerspruch. Sarcinelli sagte dem SWR, viele Menschen seien mit der Politik unzufrieden und dieser Unzufriedenheit würden einige Luft machen, in dem sie bei Umfragen die AfD wählen würden.

Allerdings müsse man auch von ihrer Politik überzeugt sein, um einer Partei beizutreten. Das sei kein Schnellschuss wie bei einer Umfrage. Zudem sei eine Umfrage anonym, die Mitgliedschaft nicht. Das bekäme das Umfeld in der Regel mit. Da könne es passieren, dass man auch mal erklären müsse, warum man ausgerechnet Mitglied einer Partei sei, die von anderen Parteien stigmatisiert werde. Das würde viele abschrecken.

Abwärtstrend bei CDU und SPD setzt sich fort

Der Trend, dass die beiden Volksparteien CDU und SPD seit Jahrzehnten stetig Mitglieder verlieren, hat sich im vergangenen Jahr erneut auch in Rheinland-Pfalz fortgesetzt. Die SPD hat 3,7 Prozent bzw. 1.161 ihrer Mitglieder verloren, bei der CDU betrug der Verlust 3,6 Prozent bzw. 1.270 Mitglieder.

Die Grünen in Rheinland-Pfalz haben nach sechs Jahren des Wachstums im vergangenen Jahr erstmals wieder Mitglieder verloren. Das Minus fiel mit 0,2 Prozent bzw. 9 verlorenen Mitgliedern allerdings sehr niedrig aus.

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Die FDP im Land hat nach einem kräftigen Mitgliederwachstum 2021 (+ 13,2 Prozent) 2022 insgesamt 2,4 Prozent bzw. 119 Mitglieder verloren. 

Bei der Partei Freie Wähler, die bei der Landtagswahl im März 2021 erstmals in den rheinland-pfälzischen Landtag gewählt wurden, ist der Mitgliederbestand in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr um 4,6 Prozent bzw. 26 Mitglieder gestiegen. Das hat die Partei dem SWR mitgeteilt.

CDU hat die meisten Mitglieder, die Freien Wähler die wenigsten in RLP

Die mitgliederstärkste Partei in Rheinland-Pfalz bleibt - trotz anhaltender Verluste - weiterhin die CDU. Sie kam zum Stichtag 31.12.2022 auf rund 34.000 Mitglieder, gefolgt von der SPD mit rund 30.000 Mitgliedern. Die Grünen sind mit rund 5.400 Mitgliedern weiterhin die drittgrößte Partei in Rheinland-Pfalz. Dahinter die FDP mit rund 4.800 Mitgliedern. Die AfD kommt auf rund 1.700 Mitglieder, die Linke auf rund 1.500. Die Freien Wähler haben nach eigenen Angaben zum Stichtag 31.12.22 rund 600 Mitglieder.

Zahlen für RLP spiegeln Bundestrend wider

Die Zahlen der Erhebung für Rheinland-Pfalz entsprechen im Wesentlichen dem Bundestrend bei der Mitgliederentwicklung der Parteien, wobei der Trend in Rheinland-Pfalz größtenteils stärker ausfällt. So hat die CDU bundesweit 3,2 Prozent ihrer Mitglieder verloren, in Rheinland-Pfalz dagegen lag das Minus bei 3,6 Prozent. Die SPD hat bundesweit 3,5 Prozent ihrer Mitglieder verloren, in Rheinland-Pfalz lag das Minus bei 3,7 Prozent. Die Linke hat bundesweit 10,6 Prozent ihrer Mitglieder verloren, in Rheinland-Pfalz lag das Minus bei 18,1 Prozent. Die AfD hat bundesweit 3,4 Prozent ihrer Mitglieder verloren, in Rheinland-Pfalz 4,3 Prozent.

Lediglich bei den Grünen zeigt sich ein anderes Bild: Sie konnten bundesweit ihren Mitgliederbestand um 0,6 Prozent steigern, in Rheinland-Pfalz dagegen ging er um 0,2 Prozent zurück. 

Niedermayer: Engagement in Parteien nimmt generell ab

Den Grund dafür, dass sich seit Jahrzehnten tendenziell weniger Menschen in Parteien, aber auch in Kirchen, Gewerkschaften oder Vereinen engagieren, sieht Politikwissenschaftler Niedermayer im gesellschaftlichen Wandel. Früher hätten Menschen viel mehr Wert darauf gelegt, den Alltag in der Gemeinschaft zu organisieren, etwa in Vereinen oder Parteien. Weil vielen mittlerweile die Zeit dafür fehle, mache man das oft allein, sagte Niedermayer dem SWR.

Die vollständige Studie der Parteimitgliedschaften im Jahr 2022 vom Politikwissenschaftler Niedermayer ist in Heft 2 der Zeitschrift für Parlamentsfragen veröffentlicht. Hier der Link.

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