Tauben sitzen auf einem Brückengeländer in der Sonne. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Füttern oder lieber doch nicht?

Tauben: Warum sie aus Städten nicht zu vertreiben sind

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Jeanette Schindler

Von den einen werden sie geliebt, von den anderen abgrundtief gehasst - die Tauben. Einig ist man sich, dass es zu viele sind. Wie kann man Tauben-Populationen eindämmen?

Können Tauben ohne menschliche Hilfe überleben?

Nein, Tauben suchen immer die menschliche Zivilisation als ihren Lebensraum. Stadttauben stammen zum größten Teil von verwilderten Haus- und Brieftauben ab. Sie sind also keine Wildtiere, sondern ehemals domestizierte Haustiere. Seit Jahrtausenden nutzt man sie wegen ihres "Heimfindevermögens" als Boten. Erst die Kommunikationstechnik verdrängte die Taube als Briefbote. Vor allem wurde sie aber gezüchtet, um ihr Fleisch oder ihre Eier zu essen. Mittlerweile findet man zumindest in Deutschland kaum noch Tauben auf der Speisekarte oder im Supermarkt.

Übertragen Tauben gefährliche Krankheiten?

Tauben können wie jede andere Vogelart Krankheiten übertragen. Die meisten dieser Infektionskrankheiten gibt es nicht nur speziell bei Tauben, sondern auch bei Singvögeln, Greifvögeln oder Hühnern, Enten und Gänsen. Selten sind sie allerdings für den Menschen gefährlich. Die sogenannte Taubenhalterlunge wird durch eine allergische Reaktion ausgelöst und kann auftreten, wenn Vogelhalter häufig Staub aus Vogelkot und Federn einatmen.

Wenn Tauben auf dem Dachboden, Balkon oder der Fensterbank nisten, können Parasiten wie die Taubenzecke auf den Menschen überwandern. Anders als die üblichen Zecken, ist nicht bekannt, dass sie Krankheitserreger auf den Menschen übertragen, aber sie können Allergien auslösen. So kann es bei den Betroffenen zu allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen.

Zerstört Taubenkot die Bausubstanz?

Nach einer Studie von Biologen der Universität Basel erzeugt jede Straßentaube etwa zwölf Kilo Kot pro Jahr. Der sieht nicht nur unschön aus, sondern kann auch Schäden an Gebäuden verursachen, allerdings nicht so große Schäden wie landläufig behauptet. Kupfer und Bronze reagieren empfindlich auf Taubenkot. Und wenn der Taubenmist lange feucht bleibt, entstehen Schimmelpilze, die den Stein schädigen können.

Allerdings ist die Reinigung sehr aufwendig. Taubenkot enthält Harnsäure, die nur schwer wasserlöslich ist. Der Kot wird von Regen nicht vollständig weggewaschen und gerade auf empfindlichen Oberflächen wie Sandstein ist die Reinigung sehr schwierig. Experten verwenden Trockeneis, um die Kotspuren zu entfernen.

Eine Mauer, die durch Taubenkot verunreinigt ist. Die langen weißen Kotstreifen deuten auf schlechte Ernährung hin. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Eine Mauer, die durch Taubenkot verunreinigt ist. Die langen weißen Kotstreifen sind ein Zeichen für die schlechte Ernährung der Tiere.

Und diese langen Kotspuren an den Hauswänden müsste es auch gar nicht geben, meint Sandra Labenski, Vorsitzende der Taubenhilfe Kaiserslautern. "Normalerweise ist der Kot von Tauben trocken und rund, so groß wie ein kleiner Fingernagel. Das ist Hungerkot, der sich in diesen Streifen äußert", sagt sie. "Bekämen die Tauben Körnerfutter, würde das nicht passieren."

Tauben füttern - ja oder nein?

Darüber streiten sich die Geister. In Kaiserslautern, wo eine Taubenfreundin 5.000 Euro Strafe zahlen muss, weil sie seit Jahren die Tauben in der Stadt füttert, ist das Taubenfüttern strengstens verboten. Die Stadt versucht wie viele andere Städte, der Tauben mit dem Augsburger Modell Herr zu werden. Das heißt, die Tauben in der Stadt werden in Taubenschläge umgesiedelt und dort auch artgerecht gefüttert. Überall sonst in der Stadt ist Füttern verboten"

Die Taubenhilfe Kaiserslautern kritisiert aber, dass das Fütterverbot praktisch ein "behördlich angeordnetes Aushungern" sei. "Die ganzen Tauben, die in der Stadt unterwegs sind, die würden da nicht rumlaufen, wenn sie satt wären", sagt Labenski. Sie fordert, dass zusätzlich betreute Futterstellen für die Tauben in der Stadt aufgestellt werden.

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Auf gar keinen Fall, würde da wohl Daniel Haag-Wackernagel antworten. Der Schweizer Taubenforscher ist der Meinung, dass die Tauben um so weniger brüten, je weniger Nahrung sie finden. Durch das große Nahrungsangebot, beispielsweise in Bahnhöfen, würden die Tauben geradezu in einen Brutstress getrieben. Das gleiche passiere, wenn den Tauben, wie im Augsburger Modell, die Eier aus dem Nest genommen würden.

Wie kann man Tauben fernhalten?

Netze, Anflugsperren, wie Nadeln oder Drähte - die Städte tun viel, um die Tauben aus den Bahnhöfen und den historischen Gebäuden in ihren Innenstädten fernzuhalten. Aber die "Ratten der Lüfte", wie sie von manchen gehässig genannt werden, finden immer wieder einen Vorsprung, eine Nische, wo sie sich niederlassen können.

Wie der Naturschutzbund Deutschland berichtet, haben einige Städte, wie Augsburg und Stuttgart mit dem Augsburger Modell gute Erfahrungen gemacht. Taubenschläge und Taubentürme sollen den Tieren eine Heimat bieten, die regelmäßig gesäubert und desinfiziert wird. Dort sei der Taubenbestand in den Innenstädten innerhalb weniger Jahre um ein Drittel zurückgegangen. Auch in Kaiserslautern und Zweibrücken werden Tauben in Taubenschlägen angesiedelt.

In diesen Regalkästen können die Tauben in Zweibrücken nisten. (Foto: Stadt ZW)
In diesen Regalkästen können die Tauben in Zweibrücken nisten.

Wie kann man die Vermehrung von Tauben eindämmen?

Die Taube ist der einzige Vogel, der rund ums Jahr brütet. Ein Zuchterfolg sozusagen. Nur: Fleisch und Eier werden heute nicht mehr gegessen. Tauben vermehren sich zügellos und konkurrieren in Bahnhöfen und auf Marktplätzen um Futter. Das Augsburger Modell sieht vor, die Vermehrung der Tauben in den eigens errichteten Taubschlägen zu kontrollieren. Dafür werden Eier aus dem Nest genommen und durch Attrappen ersetzt.

Der Schweizer Tauben-Experte Daniel Haag-Wackernagel hält das für wenig zielführend. Er ist der Meinung, dass die Tauben um so mehr Eier legen und in einen Brutstress gedrängt werden. In seinem Basler Modell gibt es zwar auch Taubenschläge, in denen die standorttreuen Tiere leben können, aber sie werden nicht gefüttert. Seine Annahme: Je geringer das Nahrungsangebot, um so weniger Eier legen die Tauben. In Basel zeigte das Modell aber wenig Erfolg: Laut Haag-Wackernagel waren die Menschen nicht davon abzubringen, die Tauben weiter zu füttern.

Könnte man die Stadttauben nicht einfach vernichten?

Nein, Erfahrungen zeigen, dass es keinen Sinn hat, die Tauben zu töten. Jungtauben nehmen schnell den Platz ein. Der Bestand wird nur jünger, aber es werden nicht weniger. Ein Gutachten im Auftrag der Landestierschutzbeauftragten Berlin kommt sogar zu dem Schluss: Kommunen sind verpflichtet, sich um die Tauben zu kümmern und sie zu versorgen. Denn: Stadttauben sind verwahrloste Haustiere.

Im Gutachten heißt es: "Angezüchtetes Verhalten wie den Brutzwang legen die Tiere auch über viele Generationen nicht ab. Mit verhängnisvoller Wirkung: Auch bei Nahrungsknappheit legen Stadttauben in hoher Zahl Eier. Fütterungsverbote führen deshalb nicht zu schrumpfenden Populationen, sondern nur zur Verelendung."

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