Vom Plakatekleber von Landau beklebte Verkehrsschilder (Archivbild)

Angeklagter will Berufung einlegen

Plakatekleber von Landau: Ein Jahr und zehn Monate Gefängnis

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Leonie Fritz
Porträt Reporterin Leonie Fritz
Birgit Baltes
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Leon Vucemilovic

Am Dienstag ist der sogenannte Plakatekleber vom Amtsgericht Landau zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Er hat alle Taten gestanden.

Das Gericht entschied in allen 30 Anklagepunkten: Der Landauer ist schuldig. Die Vorsitzende Richterin sah es als erwiesen an, dass er seit Sommer 2021 in der Landauer Innenstadt zahlreiche Plakate an öffentliche Gebäude, auf Mülleimer, Parkautomaten und Wände geklebt hat. Da der Landauer mit einem Teil der DIN A3 und A4 großen selbstgemachten Plakate auch Hinweis- und Verkehrsschilder überklebt und damit den Verkehr gefährdet haben soll, warf die Anklage ihm auch gemeingefährliche Sachbeschädigung vor.

Anklage: Er wollte "persönliche Ehre der Ministerpräsidentin verletzen"

Der Angeklagte sei sich bewusst gewesen, dass durch das Überkleben auch die Informations- und Warnfunktion der Schilder beeinträchtigt wurde, sagte der Staatsanwalt während der Verhandlung. Er sei sich auch bewusst gewesen, dass der benutzte Klebstoff nur mit hohen Kosten und unter großem Aufwand entfernt werden könne. Er habe aber all das in Kauf genommen, um Aufmerksamkeit auf seine Plakate zu lenken. Dem folgte das Gericht in seiner Urteilsbegründung.

Laut Anklage soll der Mann zudem auf den Plakaten und durch Posts im Internet die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) beleidigt haben. Der Angeklagte habe dabei in der Absicht gehandelt, die persönliche Ehre der Ministerpräsidentin zu verletzen, so der Staatsanwalt.

Plakate mit Beleidigungen in Landau
Auch an der großen Uhr am Bahnhof prangt eines der Plakate.

Staatsanwaltschaft: Bewährungsstrafe hätte keinen Sinn gehabt

Eine Bewährungsstrafe hätte laut Staatsanwaltschaft nicht dazu geführt, dass der sogenannte Plakatekleber mit dem Kleben aufhört. Der 60-Jährige habe bereits in einer psychiatrischen Einrichtung und auch im Gefängnis gesessen. Er wisse, dass es Straftaten sind, er kenne die Folgen - trotzdem entscheide er sich immer wieder dazu zu kleben. Der Angeklagte selbst kündigte an, weiter plakatieren zu wollen.

Angeklagter störte durch Zwischenrufe und stellt sich als Aktivist dar

Bereits während der Verlesung der Anklage hatte der Mann den Staatsanwalt immer wieder durch Zwischenrufe unterbrochen. Dabei korrigierte er beispielsweise den Wortlaut seiner Plakate oder behauptete, dass er auf seinen Plakaten nicht auf "Missstände", wie die Anklage sagte, sondern auf "Straftaten" hinweise.

Gegenüber der Vorsitzenden Richterin stellte sich der Angeklagte als Aktivist dar, der Straftaten von Politikern und Behörden anprangere. "Ich werde für Kleinigkeiten angeklagt. Das, worauf ich hinweise, sind große Verbrechen“, sagt er beispielsweise und weiter: "Ich habe nur die Straftaten von Politikern und Behörden an die Öffentlichkeit gebracht.“ Am Ende des Prozesses hat er alle ihm vorgeworfenen Taten gestanden.

Stadt Landau: Mindestens 15.000 Euro Schaden

Polizisten sagten vor Gericht aus, dass der Mann sich im Allgemeinen unauffällig verhalte, bei mehreren Hausdurchsuchungen aber verbal aggressiv und beleidigend reagiert habe.

Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung machte deutlich, wie groß der entstandene Schaden vor allem an den Verkehrsschildern durch das Bekleben ist. Denn beim Versuch, die Plakate zu entfernen, werde die reflektierende Folie beschädigt. Deshalb müssten die Schilder komplett ausgetauscht werden. Den Schaden allein in den vergangenen zwölf Monaten bezifferte der Mitarbeiter auf 15.000 bis 16.000 Euro.

Psychiatrischer Gutachter: Wahnhafte Störung

Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre und einen Monat Haft gefordert. Ihn auf freiem Fuß zu lassen, ergebe keinen Sinn, weil er sonst einfach weitermache. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert, weil der Angeklagte wegen psychischer Krankheiten nicht schuldfähig sei. Der Psychiater, der den Angeklagten schon bei früheren Verfahren begutachtet hatte, bescheinigte dem Mann auch erneut eine chronisch wahnhafte Störung. Er weigere sich, sich behandeln zu lassen und sehe auch nicht ein, dass er überhaupt psychisch krank ist. Laut Gutachter ist er aber zumindest teilweise schuldfähig. "Das perlt alles an ihm ab wie Wasser“. Dieser Einschätzung folgte das Gericht.

Plakatekleber beschäftigt Justiz schon lange

Der stadtbekannte Mann hatte vor mehr als zehn Jahren damit begonnen, öffentliche Gebäude zu besprühen und zu bekleben. Erstmals wurde ihm deshalb 2012 der Prozess gemacht. Damals urteilten die Landauer Richter, er sei schuldunfähig und ordneten an, dass er in eine psychiatrische Klinik muss. Der Plakatekleber wurde aber immer wieder aktiv, sobald er auf freien Fuß kam. Deshalb veranlasste das Gericht auch mehrfach seine Unterbringung, bis das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied, wegen einer Gesetzesänderung könne der Mann nicht mehr in der Psychiatrie untergebracht werden.

Bereits neun Monate hinter Gittern verbracht

2018 entschied das Landgericht Landau dann aufgrund eines neuen psychiatrischen Gutachtens, der Mann sei schuldfähig und verurteilte den Plakatekleber zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Dass er rund 40 Mal neben öffentlichen Gebäuden auch Verkehrs- und Hinweisschilder beklebt und damit die Verkehrssicherheit beeinträchtigt hatte, werteten die Richter damals als besonders gefährliche, gemeinschädliche Sachbeschädigung. 2021 wurde der Landauer dann erneut zu einer neunmonatigen Haftstrafe verurteilt. Seit dem Sommer 2022 war er wieder in der Stadt aktiv.

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Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt der sogenannte Plakatekleber aus Landau Polizei und Justiz. Zuletzt hatte der stadtbekannte Mann seit Mitte Dezember 2018 eine zweieinhalbjährige Haftstrafe verbüßt. Nun steht er bald wieder vor Gericht.

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