Tödlicher Verkehrsunfall B44 Lampertheim Richtung Mannheim Scharhof vor MA-Kirschgartshausen (Foto: IMAGO, Gutschalk)

Zwei Freunde tot, einer schwer behindert

Prozess gegen jungen mutmaßlichen Raser hat begonnen

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Vor vier Jahren hatte ein damals 19-Jähriger einen Unfall bei Lampertheim verursacht, bei dem zwei Freunde starben. Das Landgericht Landau muss jetzt klären, ob er ein notorischer Raser ist.

Die Anklage wirft dem heute 23-Jährigen vor, im Juli 2019 mit vier Mitfahrern in seinem Auto auf der Bundesstraße von Lampertheim nach Mannheim in einer Kurve von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt zu sein, weil er viel zu schnell gefahren war.

Nach dem tödlichen Unfall hatte der junge Mann einen Strafbefehl bekommen. Den hatte der damals 19-Jährige aus dem Rhein-Pfalz-Kreis bezahlt. Er hatte auch akzeptiert, dass er ein Jahr lang den Führerschein abgeben musste. Jetzt wird der Fall doch vor Gericht verhandelt. Ein Anwalt, der die Mutter eines Todesopfers vertritt, legte Videoaufzeichnungen vor, die beweisen sollen, das der jugendliche Unfallfahrer schon vor dem Unglück bei Lampertheim als gefährlicher Raser unterwegs war.

Prozess um Unfall mit Toten und Schwerverletzten durch mutmaßlichen Raser am Landgericht Landau, Angeklagter verhüllt Gesicht unter einer Kapuze  (Foto: SWR)
Angeklagter im Gerichtssaal

Verteidiger: Wiederaufnahmeverfahren ist absurd

Der Verteidiger des heute 23-jährigen Fahrers hält die Wiederaufnahme für nicht gerechtfertigt. Beim Prozessauftakt verlas Anwalt Rüdiger Weidhaas aus Bad Dürkheim dazu eine seitenlange Begründung. Darin heißt es, dass man in Deutschland nicht zweimal wegen derselben Straftat angeklagt werden kann. Er beantragt, das Verfahren einzustellen. Der Fall sei durch den angenommenen Strafbefehl bereits entschieden. Das Gericht hat den Antrag der Verteidigung erstmal zurückgestellt und wird später darüber entscheiden. Bereits im Vorfeld hatte Anwalt Weidhaas angekündigt, bis vor das Verfassungsgericht zu ziehen.

Das Verfahren in Landau ist einzustellen. Sollte dennoch verhandelt werden, sehen wir uns beim Bundesverfassungsgericht wieder.

Beim Prozess am Dienstagmorgen sagte ein Zeuge aus, dass der BMW des Angeklagten auf der B44 zwischen Lampertheim und Mannheim in einer Linkskurve bei Aquaplaning in einer Wasserwolke verschwunden ist. Ein anderer Zeuge schilderte, das Auto sei durch die Luft geflogen und gegen einen Baum geprallt. Der Baum wurde entwurzelt. Zuvor habe der 19-Jährige zahlreiche Autos überholt. Der Zeuge sagte weiter aus, dass der Fahrer nach dem Unfall außer sich war. Der Beifahrer sei aus der geöffneten Tür gefallen und habe Blut gespuckt. Man habe ihn nicht in die stabile Seitenlage bringen können, weil sein Arm gebrochen war. Ein anderer Insasse habe nicht befreit werden können, weil das Dach so stark deformiert war.

Der Angeklagte hat sich bislang nicht geäußert. Er ließ eine kurze Erklärung durch seinen Anwalt verlesen: "Es tut mir sehr leid." Ansonsten werde er nichts vor Gericht sagen, so der Anwalt.

Auto raste mit Tempo 155 gegen einen Baum

Laut Anklage war der damals 19-Jährige an einem Samstagabend mit dem hochmotorisierten Pkw seiner Eltern auf der B44 von Lampertheim nach Mannheim-Sandhofen unterwegs. Im Auto saßen vier Freunde im Alter von 18 bis 21 Jahren.

Ein Gutachter ermittelte, dass der Wagen zum Unfallzeitpunkt mindestens Tempo 155 fuhr. Während der Fahrer nur leichte Blessuren erlitt, wurden zwei seiner Freunde tödlich verletzt. Ein dritter ist seitdem ein Pflegefall, denn er ist körperlich und geistig schwer behindert.

Unfallfahrer bekam nur einen Strafbefehl

Die Staatsanwaltschaft Frankenthal wertete den Unfall damals als das "Augenblicksversagen eines Fahranfängers". Das Amtsgericht Frankenthal verhängte per Strafbefehl eine sechsmonatige Bewährungsstrafe sowie 2.000 Euro, die an eine Sozialeinrichtung zu zahlen waren. Der Fahrer akzeptierte den Strafbefehl. Eine Gerichtsverhandlung gab es nicht.

Eltern der Todesopfer fanden Strafe zu milde

Die Eltern der getöteten Männer fanden die Strafe zu milde. Ihr Anwalt Frank Peter aus Worms recherchierte im Umfeld des Unfallfahrers und bekam Videos aus der Zeit vor dem Unfall mit erschreckenden Szenen zugespielt. Sie zeigen, wie der 19-Jährige mit einem Auto auf einer Landstraße bei Bobenheim-Roxheim (Rhein-Pfalz-Kreis) mit 233 Stundenkilometern durch eine Tempo-70-Zone rast. Die Mutter einer der getöteten Mitfahrer sagte im Prozess aus, dass der Angeklagte damals in Bobenheim-Roxheim als notorischer Raser bekannt war.

Der junge Mann ist ein gewohnheitsmäßiger Raser. Die Staatsanwaltschaft hätte den Lampertheimer Unfall anders bewerten müssen.

In einem anderen Video ist zu sehen, wie der Mann mit Tempo 135 durch die Innenstadt von Frankenthal rast und einen Fußgänger nur knapp verfehlt. Anwalt Frank Peter übergab insgesamt fünf Videos der Staatsanwaltschaft Frankenthal - und die beantragte ein Wiederaufnahmeverfahren. Juristisch zuständig ist in diesem Fall die Staatsanwaltschaft Landau. Sie hat die Unterlagen aus Frankenthal übernommen. Sie beantragte, den tödlichen Unfall bei Lampertheim vor Gericht zu verhandeln.

Eltern von Todesopfer froh über Prozess

Die Eltern eines Opfers seien sehr froh, dass es jetzt doch zum Prozess kommen soll, sagte ihr Anwalt Frank K. Peter dem SWR. Sie befürchteten allerdings, dass die lange Dauer des Verfahrens - der Unfall war bereits vor viereinhalb Jahren - sich strafmildernd für den Angeklagten auswirken könnte.

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