Geschenke, Gottesdienst und Süßes - all das gibt es dieses Jahr auch im Gefängnis Heilbronn. Allerdings ist Weihnachten in der Justizvollzugsanstalt nicht wie Weihnachten außerhalb der JVA, betont Gefängnisleiter Andreas Vesenmaier. Für die Häftlinge könnten die Wochen um Weihnachten Ablenkung und Lichtblick sein, aber auch für Frust sorgen, weil sie die Feiertage getrennt von Familie und Freunden verbringen müssten. Das sei eine große Herausforderung, sagt Vesenmaier, darauf stelle sich das Heilbronner Gefängnis ein.
Chorprobe für Heiligabend
Immer am Mittwochabend probt in der Vorweihnachtszeit der Gefangenenchor für den Gottesdienst an Heiligabend. Die Probe ist beispielsweise für Manfred in den Wochen vor Weihnachten wichtig. Er habe keine Kinder, darum sei die Weihnachtszeit für ihn nicht so belastend, aber die Chorprobe sei eine gute Ablenkung und ein Lichtblick.
Der 56-Jährige wurde als Mörder seiner Freundin zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die Tat in Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) vor gut drei Jahren könne er sich auch heute noch nicht erklären, sagt er. Immer noch sei er überrascht, dass er dazu fähig war, seine Freundin zu erstechen. Die Tat belaste ihn nach wie vor, auch wenn es durch die Therapie im Gefängnis besser geworden sei, erzählt Manfred. Die Richter hatten ihn wegen heimtückischen Mordes verurteilt. Die Frau sei wehr- und arglos gewesen. Er habe die Frau und sich selbst töten wollen, begründeten die Richter damals ihr Urteil, sie bescheinigten ihm aber auch eine depressive Phase.
Noch nicht bereit für die Entlassung aus der JVA
Früher, vor der Tat, war Manfred selbst Chorleiter. Die Zeit in Haft könne eintönig sein - der Chor und die Proben für Weihnachten seien eine willkommene Abwechslung. Für draußen, also seine Entlassung, sei er noch nicht bereit, sagt Manfred. Die Trennung von fast allem sei gut und gleichzeitig schwer.
Neben der Tat belaste ihn vor allem die Trennung von seinen Eltern. Beide seien über 80 Jahre alt und er könne ihnen weder zu Weihnachten noch sonst helfen, das belaste ihn sehr. Die Zeit im Gefängnis ist seine Strafe, sie soll Manfred aber auch auf die Freiheit vorbereiten. In einigen Jahren könnte es soweit sein.
Geschenke packen für Gefangene
Die einzigen Geschenke für die Gefangenen in diesem Jahr sind ein Deo, Schokolade und ein paar Kleinigkeiten. Geschenke von außen werden von der JVA zurückgeschickt – eine Kontrolle auf mitgeschickte Drogen oder Waffen wäre zu aufwendig. 350 Tüten packen die Gefangenen, die unter anderem wegen Diebstahl, Betrug und Drogendelikten sitzen. Die Arbeit machen sie freiwillig: Der Lohn sind ein paar Stunden Ablenkung und etwas Süßes.
Fast alle im Gefängnis rauchen, erzählt Jochen Stiefel, deshalb sei auch ein Feuerzeug mit dabei. Der Seelsorger beaufsichtigt die Gefangenen beim Packen, ist aber auch Ansprechpartner. Viele Gefangene sprechen mit Stiefel auch darüber, welche Wege sie ins Gefängnis geführt haben.
Vorbereitung auf die Freiheit
In der Abteilung "Süd 3" steht der Weihnachtsbaum schon. Die JVA Heilbronn ist eines der Gefängnisse im Land mit einem sogenannten innen-gelockerten Vollzug. Nur Häftlinge, die sich bewährt haben, dürfen in Abteilungen wie "Süd 3". 20 Uhr bedeutet sonst Einschluss, auf "Süd 3" aber werden die Zellentüren nicht abgeschlossen.
Die Gefangenen könnten sich innerhalb der Abteilung frei bewegen, eine Vorbereitung auf die Freiheit, erklärt Gefängnisleiter Andreas Vesenmaier. Nur wegzusperren reiche nicht und sei für die Gesellschaft auch nicht zielführend, da die meisten Gefangenen früher oder später wieder auf freien Fuß kämen.
Abteilungen wie "Süd 3" sollen Gefängnissen und Häftlingen helfen, vor der Freilassung Erfahrungen zu sammeln. Offene Zellentüren bedeuten nicht nur relative Freiheit in der Abteilung, sondern auch, sich mit den anderen Gefangenen auseinanderzusetzen. Eine Art Lernfeld für die Zeit nach der Haft, sagt Vesenmaier. Einige Häftlinge müssten sich bereits in Freiheit bewähren. 15 Gefangene der JVA Heilbronn haben - unter strengen Voraussetzungen und weil das Haftende kurz bevor stand - in diesem Jahr eine Weihnachtsamnestie bekommen. Das bedeutet, ihre Haftzeit wurde etwas verkürzt, damit sie nicht unmittelbar vor Weihnachten aus dem Gefängnis kommen.
Plätzchen aus der Gefängnis-Bäckerei
Der Duft von Weihnachtsgebäck zieht durch Teile der Justizvollzugsanstalt Heilbronn. In der Gefängnis-Bäckerei, wo sonst vor allem Brot für den eigenen Verzehr gebacken wird, werden zur Zeit Plätzchen ausgestochen und in den Ofen geschoben. Der Verkaufsschlager sind die Vanillekipferl. Die Nachfrage nach Plätzchen aus der JVA Heilbronn ist unter den Kunden "draußen" so groß, dass Martin und seine Kollegen nochmal zusätzliche Bleche auflegen müssen.
Martin sitzt hier, weil er rückfällig geworden ist. Der 39-jährige erzählt, dass er 26 Jahre Drogensucht hinter sich hat. Zuletzt sei er im Maßregelvollzug gewesen, konsumierte heimlich und verstieß gegen die Regeln. Deshalb müsse er eine Strafe, die zur Bewährung ausgesetzt war, nun absitzen. Martin hofft, dass er in ein paar Monaten aus dem Gefängnis kommt. Weihnachten wird er aber hinter Mauern verbringen.
Martin war schon einmal im Gefängnis in Heilbronn. Bei Gefangenen, die wie er drogenabhängig waren, ist die Gefahr besonders groß, dass sie wieder hinter Gitter müssen. Fast ein Viertel der Insassen in Heilbronn ist aufgrund von Drogendelikten da, weitere sitzen wegen Beschaffungskriminalität. Die Arbeit in der Gefängnis-Bäckerei soll Häftlinge wie Martin auf die Freiheit vorbereiten.