Ein Wolf im Wald

Die Meinungen gehen auseinander

Wolf oder Weidetiere: Wer muss geschützt werden?

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Patrisha Walters

Eine neue Regelung soll es einfacher machen, Problemwölfe abzuschießen. Eine Umfrage zeigt aber, die Mehrheit der Baden-Württemberger hat gar nichts gegen Wölfe.

Auf der Umweltministerkonferenz Anfang Dezember wurde eine neue Regelung beschlossen, die einen Schnellabschuss von Wölfen, die Weidetiere reißen, vereinfacht. Bislang musste mit einem DNA-Test zuerst die Schuld des verdächtigten Wolfes an toten Schafen oder Rindern bestätigt werden, bevor eine Abschussgenehmigung infrage gekommen wäre. Das ist jetzt anders.

Herdenschutz hat höchste Priorität

Sollte ein Wolf den empfohlenen Herdenschutzzaun von 1,05 Metern überwinden und Weidetiere töten, darf er ab dem Zeitpunkt für 21 Tage lang in einem Umkreis von 1.000 Metern von dem Vorfallsort abgeschossen werden. Diese Regelung gilt aber nur für einen Bereich, der als Gebiet mit erhöhtem Rissaufkommen gilt. Solche Gebiete sind beispielsweise Weiden in der Nähe von Wolfsterritorien und werden vom jeweiligen Bundesland festgelegt.

Trotz der neuen Regelung hat der Herdenschutz in Baden-Württemberg weiterhin die höchste Priorität im Wolfsmanagement.

Baden-Württemberg

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Die Morningshow SWR3

Schafzüchter fordern mehr Schutz für Weidetiere vor dem Wolf

Für einige kommt die neue Regelung nicht schnell genug. Auf SWR-Anfrage schreibt der Landesschafzuchtverband, er halte die Regelung für "grundsätzlich [...] längst überfällig und gerechtfertigt." Es müsse jedem klar sein, dass Weidetiere nicht zu 100 Prozent geschützt werden könnten und der Herdenschutz auch nicht zu 100 Prozent flächendeckend umsetzbar sei.

Besonders schwierig sei dies aufgrund unterschiedlicher ländertypischer Voraussetzungen. Die neuen Regelungen müssten weiter nachgebessert und weidetier-freundlicher gestaltet werden.

Wolf GW852m aus dem Schwarzwald ist Wiederholungstäter

Erst im Oktober kam es in Forbach zu mehreren Wolfsrissen, nachdem ein Wolf den Herdenschutzzaun überwunden hatte. Er tötete erst drei Schafe und verletzte fünf weitere, zwei Tage später wurden drei Ziegen getötet. Ein DNA-Abgleich bestätigt: Es war derselbe Wolfsrüde mit der Kennzeichnung GW852m. Dieser Wolf hatte auch schon vorher Weidetiere gerissen.

Der Wolfsrüde gehört zu den vier erwachsenen Wölfen, die sich derzeit in Baden-Württemberg aufhalten. Drei weitere Wölfe sind im Südschwarzwald heimisch. Zwei von ihnen sind als Paar unterwegs und haben einen Welpen.

Wolfswelpe läuft am Wegrand durch den Schwarzwald
Im Schwarzwald ist dieser Wolfswelpe in die Fotofallen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg getappt.

Problemwolf GW852m hat Schafe gerissen

Gernot Fröschle kennt die Sorge um die eigenen Weidetiere. 2018 verlor der Schäfer 42 Schafe in Folge eines Wolfsrisses. Auch damals war es derselbe Wolfsrüde: GW852m. In seinem Leben hätte sich schon so viel um den Wolf gedreht, dass er sogar schon eine gewisse Bindung zum Wolf entwickelt habe, sagt Gernot Fröschle. Er hätte den Wolf sogar schon im Wald gesehen. Aber trotzdem:

Generell hat Gernot Fröschle nichts gegen Wölfe, solange sie im Wald bleiben und sich von den Schafen fernhalten. Sollten sie die Tiere aber wiederholt angreifen, hätte es mit dem Wolf keinen Sinn mehr.

Wenn der dauerhaft irgendwelche Schafe, Ziegen, oder auch mal Rinder angreift, dann hat es einfach keinen Wert.

Landesjagdverband hält Regelung für unrealistisch

Der Landesjagdverband Baden-Württemberg sieht das ähnlich. Zwei Punkte der neuen Regelung halte er allerdings für unrealistisch: die kurze Frist von 21 Tagen Abschusserlaubnis nach Feststellung eines Wolfsrisses und eine Begrenzung von 1.000 Metern um den Ort den Vorfalls. Wer einen Wolf schließlich erschossen hat, solle außerdem anonym bleiben, denn der Abschuss von Wölfen bleibe ein sehr emotionales Thema in der Bevölkerung, so der Landesjagdverband.

Umfrage zeigt: Wolfsliebhaber in der Stadt und auf dem Land

Jeder Zweite freut sich über die Rückkehr der Wölfe nach Baden-Württemberg. Nur jeder Fünfte ist dagegen. Das zeigt der BaWü-Check, eine gemeinsame Umfrage aller Tageszeitungen in Baden-Württemberg. Insgesamt wurden 1.000 Erwachsene aus Baden-Württemberg befragt. Sowohl auf dem Land als auch im städtischen Raum spricht sich eine relative Mehrheit für den Wolf in den baden-württembergischen Wäldern aus. Nur 17 Prozent der Städter sehen eine Gefahr durch die Rückkehr des Wolfes, auf dem Land sind es 20 Prozent.

40 Prozent der Befragten finden, man müsse die Wolfsrisse akzeptieren. Über die Hälfte (56 Prozent) der Befragten findet jedoch, dass Wölfe erschossen werden müssen, sollten sie wiederholt Nutztiere töten.

CDU-Fraktion fordert Abschuss von Wolf GW852m

Denn wenn ein Wolf einmal Erfolg bei einer Herde hatte, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass er es wieder versuche, sagen Experten. So argumentiert auch die CDU-Landtagsfraktion, die jetzt den Abschuss des Wolfs GW852m fordert. Laut Umweltministerium Baden-Württemberg könnte eine Entnahme stattfinden, sollte dieser Wolfsrüde ein weiteres Mal einen Herdenschutzzaun überwinden und Weidetiere reißen.

Dass sich die Zahl der Abschüsse zukünftig stark erhöht, bezweifelt das Umweltministerium. Zwar ist abzusehen, dass die Zahl der Wölfe in Baden-Württemberg steigen wird, allerdings sei bisher kein Gebiet mit erhöhtem Risiko für Wolfsrisse ausgewiesen worden und das wäre eine der Voraussetzungen für eine Abschussgenehmigung.

Wolf GW852m
Dieser Wolf mit der Kennzeichnung GW852m gilt als Problemwolf, weil er in Baden-Württemberg laut DNA-Abgleich für viele Risse von Nutztieren verantwortlich ist.

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