Das Karlsruher Landgericht hat am Dienstag einen 21-jährigen Mann wegen Geiselnahme und Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann vor einem Jahr in einer Karlsruher Apotheke Geiseln genommen und Lösegeld gefordert hatte.
Die Staatsanwaltschaft hatte auf acht Jahre und zehn Monate Gefängnis plädiert, sein Verteidiger forderte sieben Jahre Gefängnis. Der 21-Jährige kann innerhalb einer Woche Einspruch gegen das Urteil einlegen. Sein Verteidiger ließ die Frage nach einer möglichen Revision zunächst offen.
Gericht spricht von unklarem Motiv und irrationaler Ausführung
In der Urteilsbegründung beschrieb die Vorsitzende Richterin die, wie sie es nannte, unklaren Motive des Mannes. Er habe die Geiselnahme zwar bewusst geplant, rechnete jedoch nicht mit einer erfolgreichen Flucht und ging wohl davon aus, am Ende inhaftiert zu werden. Die Forderung nach Lösegeld war wohl nur vorgeschoben. Unklar sei nach wie vor, mit welchem Ziel der Mann während der Geiselnahme Kontakt zu seiner Ex-Freundin forderte.
Gegen ihn spreche die Planmäßigkeit, mit der der 21-Jährige die mit einer Schreckschusspistole und Gesichtsmaske durchgeführte Tat vorbereitet hatte. Er sei erheblich vorbestraft. Außerdem hob auch die Richterin die schweren gesundheitlichen Folgen für die Opfer hervor.
Verurteilter will Ausbildung in Haft nachholen
Für den Mann spreche die Tatsache, dass er sich für sein Handeln entschuldigt hat, so das Gericht. Außerdem habe er eine "hochproblematische Biographie". In seiner Jugend habe er immer wieder wechselnde Ansprechpersonen gehabt und Gewalt erlebt.
Zuletzt sei er verschuldet und in seinem Beruf als Speditionsdisponent überfordert gewesen. Aufgrund der Entwicklungsdefizite urteilte das Gericht mit Jugendstrafrecht. Die Richterin bescheinigte dem 21-Jährigen aufgrund der vorliegenden Gutachten gute Chancen für eine Ausbildung in der Haft und damit für eine Verbesserung seiner Situation.
Staatsanwältin betonte Schwere der Tat und Folgen für die Opfer
Der Mann habe mit der Geiselnahme im März 2023 schwere gesundheitliche Folgen bei den damaligen Geiseln ausgelöst, hatte auch die Staatsanwältin zuvor betont. Mehrere betroffene Personen litten heute noch unter Schlafstörungen oder Panikattacken. Der 21-Jährige habe diese Folgen billigend in Kauf genommen, indem er unter anderem mit einer Schreckschusspistole Warnschüsse in der Apotheke abgegeben habe.
Der Mann habe eine erhebliche kriminelle Energie gezeigt. Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht. Mit acht Jahren und zehn Monaten lag die Forderung im höheren Bereich des Strafrahmens.
Wegen seiner nicht abgeschlossenen persönlichen Entwicklung forderte der Verteidiger ebenfalls eine Bestrafung nach Jugendstrafrecht. Weil der Mann während des Prozesses gestanden und sich bei den Opfern entschuldigt hatte, plädierte die Verteidigung jedoch auf eine mildere Strafe von sieben Jahren Haft. Zum Abschluss des Prozesses entschuldigte sich der Mann erneut bei den Opfern.
Auch Opfer haben ausgesagt So begründet der Angeklagte die Geiselnahme von Karlsruhe
Im Prozess um die Geiselnahme in Karlsruhe hat der Angeklagte ein Geständnis abgelegt. Eine wichtige Rolle spielt dabei seine Ex-Freundin. Auch die Geiseln selbst haben vor Gericht ausgesagt.
Angeklagter legte zu Prozessbeginn Geständnis ab
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der 21-Jährige vor einem Jahr in der Apotheke in der Karlsruher Innenstadt Geiseln genommen, Kontakt zu seiner Ex-Freundin verlangt und eine Lösegeldforderung in Millionenhöhe gestellt hatte. In der Verhandlung räumte der Mann die Vorwürfe ein.
Die Tat habe er am Vorabend geplant. Ursprüngliche hatte er eine Bankfiliale am Mendelssohnplatz in Karlsruhe überfallen wollen. Weil dort zu viele Menschen gewesen seien, habe er sich spontan für die Apotheke entschieden.
Psychiatrisches Gutachten fällt positiv für 21-Jährigen aus
Der 21-Jährige habe keine psychische Störung, bescheinigte ein psychiatrischer Gutachter dem jungen Mann vor Gericht. Es sei ungewöhnlich, dass ein Angeklagter so wie hier die volle Verantwortung für eine Tat übernehme. Es habe sich wohl tatsächlich um eine Beziehungstat gehandelt, so der Gutachter weiter.
Drogen und Alkohol hatten offenbar keinen Einfluss auf Planung der Geiselnahme
Laut dem psychiatrischen Gutachten habe er zwar Drogen bis hin zu Kokain konsumiert, eine Sucht konnte aber nicht festgestellt oder bestätigt werden. Nach Einschätzung des Gutachters stand der 21-Jährige zur Tatzeit im März 2023 und zum Zeitpunkt der Planung am Tag davor nicht unter Drogen- oder Alkoholeinfluss. Er sei demnach komplett bei Sinnen gewesen.