Der Club Agostea in Karlsruhe (Foto: SWR)

Partys rund um Halloween

Müssen Ausländer draußen bleiben? Vorwürfe gegen Club Agostea in Karlsruhe

Gegen die Diskothek Agostea in Karlsruhe gibt es Rassismusvorwürfe. Besucherinnen und Besucher ohne deutschen Pass sollen an der Tür abgewiesen worden sein. Der Club bestreitet das.

Mehrere Besucherinnen und Besucher berichten, sie seien am 30. und 31. Oktober an der Tür des Karlsruher Clubs Agostea abgewiesen worden, weil sie keinen deutschen Pass besitzen. Im Netz gibt es wütende Kommentare. Betroffene und die Betriebsleiterin des Clubs haben sich gegenüber dem SWR geäußert. Die Diskothek rechtfertigt sich.

SWR-Reporter Matthias Stauss fasst die Positionen in diesem Video zusammen:

Mit Aufenthaltserlaubnis kein Zutritt zum Club Agostea?

Emad Alaswad aus Germersheim gehört zu denjenigen, die nach ihrem Erlebnis am Eingang der Karlsruher Diskothek eine Bewertung im Netz geschrieben haben. Zusammen mit einem Freund wollte der 25-Jährige am Tag vor Halloween im Agostea feiern gehen.

Am Eingang der Diskothek sei er vom Türsteher nach seinem Ausweis gefragt und abgewiesen worden, weil er keinen deutschen Pass hat. Emad Alaswad kommt aus Syrien und hat in Deutschland eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

Mit Aufenthaltszettel kommst Du nicht rein. Das wurde uns genau so gesagt!

Der Club Agostea ist ein bekannter Club in der Nähe des Rüppurer Tors in Karlsruhe. (Foto: SWR)
Der Club Agostea ist ein bekannter Club in der Nähe des Rüppurer Tors in Karlsruhe.

Rassismusvorwürfe von abgewiesenen Besuchern des Clubs

"Das war rassistisch und nicht in Ordnung", sagt Emad Alaswad im Gespräch mit dem SWR. Er war nach eigenen Angaben schon oft im Agostea feiern. Dass er wegen seiner Nationalität nicht in den Club kommt, sei ihm jetzt zum ersten Mal passiert.

Auch Aymen aus Kaiserslautern ist nach eigenen Angaben nicht in den Club gekommen. Er ist gebürtiger Tunesier und hat in Deutschland einen sogenannten befristeten Aufenthaltstitel. Aus persönlichen Gründen möchte er nicht, dass sein vollständiger Name genannt wird.

Ähnlicher Vorfall bei Party im Agostea an Halloween

Aymen wollte an Halloween mit Freunden im Agostea feiern. Die Tickets für den Eintritt habe er im Vorfeld online gekauft. "Ich stand als erster in der Schlange und wollte dem Türsteher mein Ticket zeigen. Daraufhin hat er mich nach meinem Personalausweis gefragt", berichtet Aymen dem SWR.

Auch er sei vom Türsteher mit der gleichen Begründung abgelehnt worden. Die Person am Eingang habe außerdem gesagt, dass es in letzter Zeit im Agostea immer wieder Probleme mit Ausländern gegeben habe.

Rassistisch? - Ich doch nicht... Was weiß sein ausmacht

Viele weiße Menschen sehen ihr Weißsein gar nicht. Nicht-weiße Menschen dagegen erleben täglich, dass sie als „anders“ wahrgenommen und diskriminiert werden. Wie passt das zusammen? Ist die angebliche Farbenblindheit weißer Menschen ein Trick, um unbewussten Rassismus zu verschleiern? Rassismus in Deutschland galt lange als kleines Nischen-Problem. Und viele - weiße - Menschen denken, dass die Hautfarbe eines Menschen hierzulande gar keine Rolle spielt. Dabei ignorieren sie, dass ihr Weißsein mit großen Privilegien verbunden ist. Sie blenden die verbreitete rassistische Diskriminierung nicht-weißer Personen aus und merken nicht, dass sie selbst sich oft unbewusst rassistisch verhalten. Respekt-Moderatorin Christina Wolf fragt sich, wie ihr Weißsein ihre Weltsicht prägt. Wie privilegiert ist sie, wie weiß ist ihr Denken und was macht das mit ihrem Verhalten? Im öffentlichen Leben herrscht meist Weiß-Sein vor. Ob im Fernsehen, in der Politik oder in der Kirche. Gott, Jesus und Maria werden meistens als Weiße dargestellt.
Über die Folgen von weißem Denken – Alltags-Diskriminierung in Schule, Job, Öffentlichkeit – spricht Christina Wolf mit dem schwarzen Musikjournalisten Malcolm Ohanwe, der auf Twitter zum Nachdenken übers Weißsein auffordert. Und mit dem weißen Ex-Polizisten Thomas Müller, der gegen rassistisches Denken bei aktiven Polizisten ankämpft.

Planet Schule: Respekt! Rassistisch - Ich doch nicht... Was Weißsein ausmacht WDR Fernsehen

Polizei immer wieder wegen Einlassordnung im Club gerufen

Aymen und seine Freunde riefen die Polizei. Die bestätigt gegenüber dem SWR, dass es an Halloween zu mehreren Einsätzen im Zusammenhang mit der Diskothek Agostea gekommen ist. Es sei unter anderem um Streitigkeiten aufgrund "der Einlassordnung der Diskothek" gegangen. Die Polizei habe aber gesagt, sie könne nichts tun, berichtet Aymen. Die Gruppe verließ das Gelände.

Emad Alaswad und seinem Freund sei am 30.10. nach längerer Diskussion angeboten worden, sie reinzulassen, wenn beide 30 Euro für Getränke im Voraus bezahlen. Beide hätten sich dagegen entschieden.

Leiterin des Agostea weist Vorwürfe zurück

Die Leiterin des Agostea, Stephanie Kreher, hat die Vorwürfe gegenüber dem SWR mit Nachdruck zurückgewiesen. Im Team des Clubs seien diverse Herkunftsländer vertreten, dies spiele absolut keine Rolle, so die Betriebsleiterin in einer schriftlichen Erklärung.

Wir distanzieren uns von jeglichen Vorwürfen des Rassismus, wir sind ein Ort der Zusammenkunft für alle Ethnizitäten und Orientierungen.

Die Tatsache, dass beispielsweise an Halloween viele Menschen abgewiesen wurden, habe einerseits mit dem besonders großen Andrang zu tun. Andererseits verweist der Club auf finanzielle Gründe. So bekomme jeder Gast bei seinem Besuch einen Kredit für Speisen und Getränke eingeräumt. Am Ende bezahle jeder Gast üblicherweise die Rechnung.

Club Agostea klagt über unbezahlte Rechnungen

In letzter Zeit sei es vermehrt vorgekommen, dass die Diskothek auf offenen Rechnungen sitzen geblieben ist, so die Betriebsleiterin. Sprich: Gäste hätten die Rechnung nicht zahlen können oder wollen. Auf Menschen, die in Deutschland keinen festen Wohnsitz haben, habe man jedoch keinerlei Zugriff, heißt es in der Erklärung des Clubs weiter.

Aus technischen Gründen sei es auch nicht möglich, das Problem mit einem Prepaid-System zu lösen. Der Club habe aber entschieden, Menschen ohne Wohnsitz in Deutschland keinen Kredit mehr zu vergeben.

Jeder, der einen Kredit vergibt, hat die Möglichkeit zu entscheiden, wem er dies geben möchte und wem nicht. Es tut uns leid, dass einige Personen sich persönlich verletzt fühlen.

Gleichzeitig übt die Betriebsleiterin Kritik an einzelnen Personen, die abgewiesen wurden. An der Tür seien Schimpfworte verwendet worden, die sie ausdrücklich nicht wiedergeben werde. Die Polizei zu rufen, um Einlass zu erzwingen, sei auch keine Art und Weise, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Gäste wollen Club in Zukunft meiden

Der 25-jährige Emad Alaswad aus Germersheim hat nach den Vorkommnissen für sich entschieden, nicht mehr im Agostea in der Karlsruher Innenstadt feiern zu gehen.

Aymen aus Kaiserslautern geht es ähnlich. Er habe sich rechtlichen Beistand gesucht, betont er gegenüber dem SWR, um herauszufinden, welcher Schritt für ihn nun der beste sei.

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