Im Rathaussaal werden die Froschkutteln aufgetischt

Pressefreiheit vs. Tradition

DJV kritisiert: Journalistinnen bei Froschkuttelnessen ausgeschlossen

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Bei einer Fastnachtsveranstaltung in Riedlingen müssen Berichterstatterinnen draußen bleiben. Für den Deutschen Journalisten-Verband hört da der Spaß auf. Es gehe um Pressefreiheit.

Die Narrenzunft Gole will auch an diesem Fastnachtsdienstag wieder Froschkutteln im Rathaus Riedlingen (Kreis Biberach) auftischen. Frauen sind bei der Traditionsveranstaltung mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wie immer ausgeschlossen - auch als Berichterstatterinnen. Dass Journalistinnen nicht zugelassen sind, sieht der Deutsche Journalistenverband (DJV) Baden-Württemberg "äußerst kritisch".

BW-DJS-Geschäftsführer Gregor Schwarz stellt die Frage, ob eine "solche Einteilung in binäre Geschlechtsidentitäten heute überhaupt noch zeitgemäß ist". Abgesehen davon müsse aber zumindest gewährleistet werden, dass die journalistische Berichterstattung über Veranstaltungen "durch Menschen aller Geschlechter" erfolgen könne. "Alles andere ist eine erhebliche Einschränkung der Pressefreiheit", so Schwarz.

Froschkuttelnessen in Riedlungen (Archiv).
Frauen helfen bei der Veranstaltung - wie hier im vergangenen Jahr beim Schöpfen der sogenannten Froschkutteln. Zugang zum Saal haben Frauen aber nicht.

Narren bleiben bei Geschlechtertrennung

Zunftmeister Thomas Maichel nahm die Kritik gelassen. Journalistinnen seien am kommenden Dienstag auch weiterhin nicht zugelassen, sagte er. "Wir machen da jetzt keinen Unterschied zwischen Teilnehmern und externen Berichterstattern bei der vorübergehenden Geschlechtertrennung während der Veranstaltung." Das historische Rollenspiel, "nicht bös oder negativ" gemeint, solle nicht durch Ausnahmen verwässert werden, sagte Maichel.

Frau dürfe es aber gerne einmal probieren, so der Zunftmeister. Die Reaktion der Männer dürfte ziemlich laut ausfallen, ist sich Maichel sicher. "Die würden johlen."

Maskenrträger. Die Gruppen der Narrenzunft Gole haben viele Einzelmasken. Auf dem Bild zu sehen: die "Gelbsucht", der "Alte Gole" und der "Neue Gole".
Die Gruppen der Narrenzunft Gole haben viele Einzelmasken. Auf dem Bild zu sehen (v.l.n.r.): die "Gelbsucht", der "Alte Gole" und der "Neue Gole".

Kretschmann ist Stammgast beim Froschkuttelnessen - als Privatmann

Das Froschkuttelnessen wird jährlich am Fastnachtsdienstag veranstaltet. Den Gästen werden dabei nicht wirklich Froschinnereien zum Frühstück serviert. Für Vegetarier ist das Gericht aber trotzdem nichts: Es ist eine Mischung aus Rinderinnereien, die mit Gewürzen verfeinert werden. Der Name Froschkutteln kommt der Legende nach daher, dass sich Riedlingen auch als Storchenstadt versteht und zu den Leibspeisen der Störche eben Frösche zählen. BW-Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist jährlicher Stammgast bei dem Kuttelschmaus. Konfrontiert mit der Position des DJV erklärt die stellvertretende Regierungssprecherin, dass Kretschmann seit Jahrzehnten privat an der Veranstaltung teilnehme. Er sei dort nicht in seiner Funktion als Ministerpräsident zu Gast.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann isst Froschkutteln
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nimmt beim Froschkuttelnessen explizit als Privatperson und nicht in politischer Funktion teil.

Narrenzünfte: Fastnacht ist Spiel mit Geschlechterrollen

Dass Fastnachtstraditionen nicht nur Frauen ausschließen, lässt sich ebenfalls in Riedlingen beobachten. Parallel zum Froschkuttelnessen der Männer gibt es laut Zunftmeister Maichel seit rund 50 Jahren auch ein Froschkuttelnessen der Frauen, der sogenannten Weiber von der Stadt. In Riedlingen werde klar "gegendert", erklärt Mechtild Kniele von den "Weibern von der Stadt". Die "Weiber von der Stadt" sind demnach ein loser Zusammenschluss von Frauen. Entstanden sei die Gruppe laut Kniele ursprünglich aus Protest, weil die Frauen beim Froschkuttelnessen der Männer nicht dabei sein durften. Inzwischen habe man aber ein gutes Verhältnis zur Narrenzunft, sagt sie. Fasnet sei Fasnet. "Also schickt eure männlichen Journalisten zum Kuttelmahl und die 'Weiber' dürfen gerne zu uns kommen und da gibt es ein Gläsle Sekt."

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Auch von der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) kommt Unterstützung dafür, dass das Froschkuttelnessen der Frauen "männerfreie Zone" sei - und umgekehrt. "Auch für Kameramänner und neugierige Reporter. Das Unter-sich-Sein lassen sich die Aktiven in beiden Sälen nicht durch Außenstehende nehmen." Zur Fastnacht gehöre ein Spiel mit den Geschlechterrollen, erklärt VSAN-Sprecher Paul Martin. "Und - das ist historisch bedingt - insbesondere der Kontakt mit dem anderen Geschlecht." Die Fastnacht stehe an der Schwelle zur vor allem früher verbotsreichen Fastenzeit. Unerwünscht war demnach Fleisch ebenso wie Fleischlichkeit. "Also wurde in der Fasnet davor all' das noch einmal zelebriert", sagt Martin. 

Zunftmeister Maichel sieht jedenfalls pragmatische Vorteile in der Geschlechtertrennung: "Während den Veranstaltungen ist es dann sowohl für die Frauen als auch für die Männer 'unter sich' einfach lustig, über das andere Geschlecht närrisch herzuziehen", glaubt er. Nach den jeweiligen Froschkuttelnessen gehöre es mit dem Abrutschen dann aber genauso dazu, dass sich die Frauen und Männer wieder träfen und sich aufeinander freuten, so der Zunftmeister. 

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SWR