Manfred Genditzki am Tag der Urteilsverkündung im Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mordfall im Gerichtssaal.

Nach Gutachten der Uni Stuttgart

"Badewannen-Mord": Münchner Gericht spricht Manfred Genditzki frei

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Im Prozess um den sogenannten "Badewannen-Mord" ist der wegen Mordes verurteilte Manfred Genditzki freigesprochen worden. Grundlage dafür war auch ein Gutachten der Uni Stuttgart.

Manfred Genditzki saß gut 13 Jahre lang hinter Gittern, weil er nach damaliger Überzeugung des Landgerichts München einer Seniorin am bayerischen Tegernsee auf den Kopf geschlagen haben soll. Im Anschluss soll er sie dann in einer Badewanne ertränkt haben. 2010 wurde er deshalb zu lebenslanger Haft verurteilt. Diesen Freitag stellte das Landgericht München fest, dass es ein Fehlurteil war: Der erneute Prozess endete mit einem Freispruch. Nun muss die Staatskasse den heute 63-Jährigen entschädigen. 

Der Fall hat schon länger für ein hohes öffentliches Interesse gesorgt. So berichtete der SWR im Oktober 2022:

Studie aus Stuttgart war mit ein Grund für den Freispruch

Eine zentrale Grundlage für das Urteil zugunsten von Manfred Genditzki war eine biomechanische Simulation Stuttgarter Forscher. Der Wissenschaftler Syn Schmitt kam zu dem Schluss, dass es durchaus möglich sei, dass die Seniorin nicht ermordet wurde. Er hatte dafür auch eine wissenschaftlich fundierte Simulation erstellt.

Diese Simulation legt die Vermutung nahe, dass die Seniorin in ihre Badewanne gestürzt sei. Dabei habe sie sich wohl den Kopf angeschlagen und war in der Folge ertrunken - ein Unfall also. Um eben dies zu belegen, hatte die Verteidigerin von Manfred Genditzki, Regina Rick, die Uni Stuttgart kontaktiert. Das biomechanische Gutachten führte nun mit dazu, dass der Prozess neu aufgerollt wurde.

Richterin spricht von bewundernswerter Geduld des Beschuldigten

"Jetzt ist es so weit. Sie haben den Tenor gehört, auf den Sie fast 14 Jahre lang gewartet haben", hatte die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl bei der Urteilsverkündung am Freitag erklärt. Manfred Genditzki sei einen steinigen Weg mit bewundernswerter Geduld gegangen, so die Richterin: "Wie es in Ihnen aussieht, kann man nur erahnen."

Nach dem Freispruch kritisierte die Richterin die Ermittlungs- und Justizbehörden. Ihr erscheine es so, als sei bei den Ermittlungen "manches sehr einseitig verarbeitet und zu Lasten von Herr Genditzki" gewertet worden. "Es tut uns wirklich aufrichtig leid", sagte die Richterin, die selbst sichtlich ergriffen war, "dass Sie mitten aus Ihrem normalen Leben gerissen wurden". Und dass es ihm nicht vergönnt gewesen sei, seine beiden jüngeren Kinder aufwachsen zu sehen und zur Beerdigung seiner Mutter zu gehen.

Gericht geht nun von einem tragischen Unfall aus

Manfred Genditzki hatte die Vorwürfe stets bestritten und lange gegen seine Verurteilung angekämpft. So lauteten seine letzten Worte nach den Plädoyers im neuen Prozess: "Ich möchte noch sagen, ich bin unschuldig. Das war's."

Auch das Gericht ging nun im dritten Prozess-Durchgang davon aus, dass die Frau in die Wanne stürzte, als sie Wäsche waschen oder sich ein Fußbad einlassen wollte. In der Urteilsbegründung schreibt das Gericht, dass die Seniorin "infolge eines Unfallgeschehens zu Tode kam".

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SWR