Tag der Pressefreiheit: Journalist Mascolo zu Gast an Lübecker Schule

Stand: 03.05.2024 18:37 Uhr

Wie funktioniert eigentlich Journalismus, wie erkenne ich Fake-News und wie recherchiere ich richtig? Fragen, die an der Thomas-Mann Schule in Lübeck mit Journalist Georg Mascolo geklärt wurden.

von Linda Ebener

Zum Tag der Pressefreiheit hat Journalismus am Freitag Schule gemacht. Zum Beispiel in der Thomas-Mann-Schule Lübeck, dort stand der Welttag der Pressefreiheit im Fokus des Unterrichts. Der Journalist Georg Mascolo diskutierte mit einer Journalismus AG des Gymnasiums. Und die Schülerinnen und Schüler hatten einige Fragen. Im Halbkreis saßen sie um den Journalisten, der vor einer Tafel saß. Mit Ruhe und Gelassenheit beantwortete er geduldig die vielen Fragen der interessierten Elftklässler.

Georg Mascolo | Bild: NDR © NDR
Im Rahmen des Welttags der Pressefreiheit redet Georg Mascolo mit Lübecker Schülern über Fake News.

Georg Mascolo war unter anderem Chefredakteur des Spiegel und leitete den Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung. Die Veranstaltung in Lübeck war Auftakt des bundesweiten Projektes "Journalismus macht Schule". Dabei kommen Medienvertreter mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch.

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Zentrale Fragen: Fake News und Quellen

Zentrale und immer wieder häufig auftretende Fragen der Schülerinnen und Schüler waren: "Woran sind Fake News zu erkennen, was macht sie gefährlich? Wie steht es um die Pressefreiheit in Deutschland und woher nehmen Journalisten ihre Quellen und Informationen?" Das war nur ein Teil der Fragen, die die Jugendlichen Georg Mascolo gestellt haben.

Journalist Georg Mascolo spricht vor einer Gruppe von Schülern. © NDR Foto: Hauke von Hallern
Journalist Georg Mascolo spricht vor einer Gruppe von Schülern an der Thomas-Mann-Schule Lübeck.

Seiner Meinung nach hat sich der Informationsfluss durch die sozialen Medien verändert. "Das ist zunächst kein Nachteil, sondern ich glaube, dass die Entwicklung der sozialen Medien für die Meinungsfreiheit im Grunde ein großer Schritt nach vorne ist." Die Schwierigkeit der sozialen Medien sei der Algorithmus, betont Mascolo. "Ganz anders als eine Zeitung, in der ich unterschiedliche Positionen und Nachrichten erfahre, ist der Algorithmus etwas, der euch oft nur die Themen in eurem Feed anzeigt, die euch interessieren. Ganz automatisch wird euch dann immer mehr dazu angezeigt." Das besondere Risiko bestehe darin, dass man nur noch Nachrichten über den personalisierten Feed zugestellt bekomme. Darin sieht Georg Mascolo die größte Herausforderung. "Viele Dinge können zugleich wahr sein. Die Frage, wie man sich eine Offenheit für andere Positionen behält, ist wichtig." Die Schülerinnen und Schüler nicken, einigen von ihnen war das vorher gar nicht so bewusst.

Auf die Frage eines Schülers, was guter Journalismus ist, antwortet Mascolo. "Der Journalismus würde sich einen Gefallen damit tun, die stärkere Trennung zwischen der nachrichtlichen Berichterstattung und einer kommentierenden Berichterstattung, die ein Stück ineinander gewachsen ist, wieder stärker zurückzufahren und genau dieses Angebot der nachrichtlichen Berichterstattung wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen."

Pressefreiheit und Neutralität sind wichtig

Die rund 30 Schülerinnen und Schüler der Journalismus AG hören Georg Mascolo interessiert zu. Er sagt ihnen, dass im Journalismus bei der Berichterstattung entscheidend sei, neutral zu sein. Und beim Thema Pressefreiheit sei es wichtig, dass Journalistinnen und Journalisten geschützt werden müssten, zum Beispiel bei Demonstrationen. "Vergesst nicht, dass die Pressefreiheit immer ganz oben ansteht, wenn es darum geht, Demokratie zu verteidigen."

Mascolo gibt den Jugendlichen einen weiteren Tipp für die Recherche und Berichterstattung. "Niemand ist frei von Vorprägungen, Einstellungen, Erfahrungen und eigenen Blickwinkeln. Aber professioneller Journalismus beinhaltet auch, sich dieser Einstellung und Vorprägung bewusst zu sein." Im Zuge der journalistischen Recherche solle man diese so gut es geht ausblenden.

Guter Journalismus ist verständlich, fair und nicht langweilig

Nach zwei Stunden Diskussionsrunde war die letzte Frage einer Schülerin: "Was sind die drei wichtigsten Regeln beim Schreiben eines Artikels?" Das ist eine entscheidende Frage, die die Jugendlichen jedes Mal beschäftigt, wenn sie in ihrer Journalismus AG einen Text verfassen sollen. Georg Mascolo überlegt kurz und sagt ruhig und bestimmt: "Verständlichkeit, Fairness und auf keinen Fall langweilen." Die rund 30 Schülerinnen und Schüler schmunzelten. Für den Journalisten gab es Applaus und Marzipan als Dankeschön für seine Zeit und die ausführlichen Antworten.

Jugendlichen sind froh über die Diskussion mit Mascolo

Bei den Jugendlichen kam die Diskussionsrunde gut an. "Ich finde es immer gut, wenn Leute in die Schule kommen und wir aus dem normalen Unterrichtsfluss rauskommen. Was mir gut gefallen hat, war die kritische Betrachtung von Politik und Journalismus, dass Journalismus ja eigentlich faktenbasiert, aber immer mehr die Vermischung von Kommentar und tatsächlicher Berichterstattung ist." Eine Schülerin sagte: "Es ist auch interessant die Infos mal von einem Journalisten persönlich zu bekommen. Das ist was ganz anderes, als die Infos aus dem Internet zu lesen."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 03.05.2024 | 10:00 Uhr

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