Ein Blitz zuckt bei einem Sommergewitter am abendlichen Himmel.

Starkregen und Hagel erwartet Wo am Donnerstag Unwetter drohen

Stand: 21.06.2023 12:53 Uhr

Am Donnerstag zieht ein Gewittertief nach Deutschland. In schwül-warmer Luft drohen schwere Gewitter, unwetterartige Regenfälle, größerer Hagel und Orkanböen. Vereinzelt sind auch Tornados möglich.

Von Stefan Laps, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Von Frankreich macht sich am Donnerstag ein Gewittertief auf den Weg nach Deutschland. Mit kühlerer Atlantikluft im Gepäck trifft es in der Mitte des Landes auf sehr warme bis heiße, vor allem schwüle und damit sehr energieträchtige Luft. Es ist daher eine potentiell sehr gefährliche Gemengelage zu erwarten.

Über Teile Deutschlands sind bereits erste Gewitterfronten gezogen

tagesschau, 22.06.2023 06:30 Uhr

Die meiste Energie wird sich im Süden, in der Mitte und im Osten der Republik durch das Zusammenspiel von enormer Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung entwickeln. Dort steigen die Temperaturen wahrscheinlich verbreitet auf 29 bis 34, in Niederbayern sogar bis auf 36 Grad Celsius.

Was passiert wann?

Bereits in der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstagmorgen breiten sich von Frankreich, Belgien und Luxemburg zum Teil kräftige Schauer, Gewitter und Regenfälle über Teile von Rheinland-Pfalz, das Saarland, Teile Nordrhein-Westfalens und Hessens aus. Einzelne Modellsimulationen sehen auch einen Teil über Nordbaden nach Franken ziehen. Dabei ist vor allem mit Starkregen zu rechnen, auch einzelne Sturmböen sind möglich.

Am Vormittag breitet sich teils kräftiger, teils gewittriger und vor allem länger andauernder Regen über die westlichen Landesteile aus. Große Teile von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, wahrscheinlich auch von Hessen und des Saarlandes dürften betroffen sein.

Dauerregen im Westen

In den Mittags-, Nachmittags- und Abendstunden kommt der teils starke, teils gewittrige Dauerregen weiter über Nordrhein-Westfalen sowie über das mittlere und südliche Niedersachsen voran. Besonders diagonal über NRW hinweg dürfte der meiste Regen herunterkommen. Binnen sechs bis zwölf Stunden sind dort verbreitet mit 20 bis 40, gebietsweise mit 50 bis 70, stellenweise auch mit 80 bis etwa 100 Litern pro Quadratmeter zu rechnen. Das heißt, dort fällt zum Teil mehr Regen, als normalerweise im gesamten Monat Juni vom Himmel kommt.

Unwetterlage über Deutschland

Oliver Feldforth, HR, tagesschau, 21.06.2023 20:00 Uhr

In der Mitte und im Süden, am Abend dann auch im Osten, bilden sich in der energiereichsten Luft einzelne, zum Teil schwere Gewitter. Sie können sehr blitzintensiv sein. Punktuell drohen extremer Starkregen, Hagelansammlungen oder größerer Hagel, zum Beispiel in Golf- oder Tennisballgröße. Darüber hinaus drohen schwere Sturmböen um 100, bis hin zu Orkanböen von mehr als 118 km/h - sowie einzelne Tornados.

In der Nacht zum Freitag ziehen die unwetterartigen Gewitter allmählich nach Polen und Tschechien ab. Dahinter regnet es zum Teil noch längere Zeit, zum Teil auch ergiebig. Im Süden sind im Laufe der Nacht noch weitere Gewitter möglich, allerdings besteht dort keine Unwettergefahr mehr und im Westen klingt der Regen allmählich ab.

Große regionale Unterschiede

Die Parameter dieser Wetterlage sind sehr gefährlich und in keiner Weise zu unterschätzen, denn es besteht das Potential für extreme Unwetter. Wetter ist ein komplexes System. Dementsprechend sind häufig extrem lokale Ereignisse nur sehr kurzfristig zu prognostizieren, manchmal nur innerhalb von wenigen Stunden.

Daher wird es naturgemäß Regionen geben, die wenig oder gar nicht betroffen sind, während es ein paar Kilometer entfernt zu Unwettern kommt. Einige werden trocken durch den Tag kommen, nur ein paar Tropfen, einen kurzen Schauer oder ein durchschnittliches Sommergewitter erleben, das keinerlei Unwetterkriterien erfüllt. Prinzipiell sollte man also auf alles gefasst sein; es gibt aber keinen Grund, in Panik zu verfallen.

Dutzende Tornados jedes Jahr

Tornados sind in Deutschland nichts Ungewöhnliches. Sie gab es schon immer und treten jährlich zu Dutzenden auf. Vor allem durch das Zeitalter der Handykameras und Smartphones werden diese jedoch immer besser dokumentiert und somit sieht man häufiger Bilder von ihnen, wodurch deren mediale Präsenz und Aufmerksamkeit steigt.

Tornados haben in Deutschland dieselbe Bezeichnung wie in den USA und entstehen auf die gleiche Weise. Sie werden global mit der sechsstufigen Fujita-Skala von F0 (schwach) bis F5 (verheerend) anhand ihrer hinterlassenen Schäden kategorisiert. Während man in den USA häufiger Tornados der Stärke F4 oder F5 beobachtet, sind es hierzulande eher Tornados der Stärke F0 bis F2, manchmal aber auch F3 bis F4, sprich starke Tornados.

Überschwemmungen an Flüssen möglich

Wenn Sturm- oder Orkanböen auftreten, dann können Straßen, Wege und Bahnanlagen durch umgestürzte Gegenstände, Bäume oder abgerissene Äste blockiert sein. Auch Störungen im Flugverkehr sind möglich. Durch die derzeit herrschende Trockenheit sind die Bäume geschwächt und instabil. Das heißt, größere Äste können schneller abbrechen als üblich. Durch die zum Teil großen Regenmengen sind Sturzfluten von Feldern und Berghängen herab möglich, vor allem im Bergland auch Erdrutsche.

Im Westen kann es aufgrund von starkem Regen zu Überschwemmungen an kleinen Bächen und Flüssen, von Kellern, Tiefgaragen und Unterführungen sowie niedrig gelegenen Stadtteilen (Mulden/Senken) kommen. Aber auch bei den einzelnen unwetterartigen Gewittern in der Mitte sowie im Süden und Osten kann der ausgetrocknete Boden oberflächlich abgetragen werden, die Kanalisation verstopfen und somit zu Überschwemmungen führen.

Auswirkungen wie im Ahrtal?

Vielen kommen wohl die Bilder vom Ahrtal vor zwei Jahren in den Sinn. Mit vergleichbar heftigen Auswirkungen ist allerdings nicht zu rechnen. Die Wetterlage war damals eine völlig andere: Ein Tief hatte sich über mehrere Tage regelrecht festgesetzt und verbreitet starken sowie ergiebigen Dauerregen gebracht. Innerhalb von 24 bis 30 Stunden fielen in einem großen Gebiet verbreitet 120 bis 165 Liter pro Quadratmeter.

Diesmal werden dagegen wohl "nur" verbreitet 20 bis 40, gebietsweise mit 50 bis 70, stellenweise auch 80 bis etwa 100 Liter erwartet. Das morgige Ereignis verläuft außerdem kürzer. Dennoch sollten Bürgerinnen und Bürger die Wetterlage aufmerksam verfolgen, gerade wenn sie in den entsprechenden Regionen wohnen.

Generell gilt daher: Verfolgen Sie die Warnlage des Deutschen Wetterdienstes am Donnerstag aufmerksam. Per Internet via tagesschau.de, der WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes, der Warn-App NINA, also der Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes und KatWarn, dem Warn- und Informationssystem für die Bevölkerung.

Wie kann ich mich schützen?

Bei Gewitter:
Fahren Sie nicht mit dem Rad.
Meiden Sie offenes Feld.
Stellen Sie sich grundsätzlich niemals unter Bäume.
Am sichersten sind Sie in einem Gebäude.
Meiden Sie am besten den Aufenthalt im Freien.

Bei Starkregen:
Gehen Sie nicht in überflutete Keller. Es besteht die Gefahr von Stromschlag sowie Ertrinken.
Parken oder campen Sie nicht in der Nähe von Bächen, kleinen Flüssen oder in Mulden und Senken.
Fahren Sie nicht durch überflutete Unterführungen, da Sie sonst steckenbleiben könnten.

Wann beruhigt sich das Wetter wieder?

Ab Freitag sickert von Westen trockenere Luft nach Deutschland, in der sich wieder ruhiges, zusehends sonniges und weiterhin warmes, aber eben nicht mehr schwüles Sommerwetter einstellt. Die letzten Schwüle-Reste werden am Freitag mit Schauern, Gewittern und Regenfällen aus dem Osten und Süden der Republik nach Polen, Tschechien und Österreich abtransportiert. Kräftige Gewitter mit Starkregen und Hagel kann es am Freitagmittag allenfalls noch von der Oberlausitz bis nach Niederbayern geben, die aber am Nachmittag bereits abziehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 21. Juni 2023 um 10:00 Uhr.