Wenige Menschen im Kölner Hauptbahnhof, ohne Züge.

Tarifeinheitsgesetz greift nicht Warum die GDL die Bahn bestreiken darf

Stand: 11.01.2024 11:04 Uhr

Die Lokführergewerkschaft GDL legt im Tarifstreit mit der Bahn mit Streiks das Land lahm - obwohl die größte Gewerkschaft EVG längst einen Vertrag hat. Warum gilt das Tarifeinheitsgesetz nicht?

Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn setzen die Lokführer heute ihren landesweiten Streik fort und sorgen damit landesweit für Beeinträchtigungen. "Der Notfahrplan mit einem stark reduzierten Angebot an Fahrten im Fern-, Regional- und S-Bahn Verkehr gilt weiterhin", teilte die Deutsche Bahn mit. Im Fernverkehr ist rund jeder fünfte Zug im Einsatz.

Auch im Regionalverkehr gibt es nach wie vor weitreichende Einschränkungen, die regional sehr unterschiedlich ausfallen. Bestreikt wird auch das Unternehmen Transdev, das unter anderem Regionalbahnen im Nordwesten, in Sachsen und in Bayern betreibt. Laut Bahn-Sprecherin Anja Bröker gebe es aber keine lange Schlangen oder überfüllte Züge. "Wir haben das Gefühl, dass sich die Fahrgäste an den GDL-Streik gewöhnt haben", sagte Bröker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.

"Tarifeinheitsgesetz greift nicht", Verena von Ondarza, NDR Info, mit Informationen zum Tarifeinheitsgesetz in Verbindung mit dem Bahn-Streik

tagesschau24, 11.01.2024 09:00 Uhr

GDL sieht keine Verhandlungsbereitschaft bei der Bahn

Gestreikt wird, weil die Lokführergewerkschaft GDL für ihre Mitglieder mit der Bahn einen neuen Tarifvertrag aushandelt. Die GDL fordert dabei unter anderem eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnt das ab und ist bisher auch nicht bereit, darüber zu verhandeln. Sie hat zwar eine Ausweitung bestehender Wahlmodelle zur Arbeitszeit angeboten. Die GDL bezeichnete dieses Angebot zuletzt aber als Provokation.

Der Streik soll noch bis Freitagabend, 18 Uhr, dauern. Aller Voraussicht nach dürfte der Zugverkehr aber erst ab Samstagmorgen wieder wie gewohnt laufen.

Tarifeinheitsgesetz untersagt keine Streiks

Die GDL meldete zuletzt etwas weniger als 40.000 Mitglieder und ist damit deutlich kleiner als die ebenfalls bei der Bahn aktive Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mit ihren 180.000 Mitgliedern. Damit gilt eigentlich das Tarifeinheitsgesetz. Es sagt aus, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gilt. Es gilt der Tarifvertrag, der mit der Gewerkschaft ausgehandelt wurde, die in dem Betrieb die meisten Angestellten vertritt.

Das Gesetz sagt ausdrücklich nicht, dass nur die Gewerkschaft, die die meisten Mitglieder vertritt, überhaupt mit dem Arbeitgeber verhandeln und streiken darf. Denn das Streikrecht ist in Deutschland ein Grundrecht.

Tarifverträge gelten auf Betriebsebenen

Die Besonderheit bei der Bahn ist: Die EVG ist zwar aus Sicht des gesamten Konzerns am größten, aber bei der Bahn gelten die Tarifverträge auf Betriebsebene. Und der Konzern ist unterteilt in 300 sogenannte Wahlbetriebe. In 54 dieser Betriebe verhandelt die EVG als größte Gewerkschaft den Tarifvertrag. In 18 Betrieben verlaufen die Verhandlungen aber mit der GDL - unter anderem für die Lokführer.

Vor dem Hintergrund dieser besonderen Konzernstruktur zieht die Bahn als Arbeitgeberin dementsprechend keinen Nutzen aus dem Tarifeinheitsgesetz. Es gibt sogar Experten, die sagen, das Gesetz habe den Machtkampf der Gewerkschaften bei der Bahn befördert. Denn Arbeitskämpfe sind für Gewerkschaften wichtig, um Mitglieder zu binden oder zu gewinnen.

So wirbt EVG sogar mit Verweis auf das Tarifeinheitsgesetz um Mitglieder. Und die GDL lässt ihrerseits kaum eine Gelegenheit aus, die Konkurrenzgewerkschaft als zu "handzahm" zu kritisieren.

Mit Informationen von Verena von Ondarza, NDR

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 11. Januar 2024 um 09:00 Uhr.