Sitz der Knauf-Gruppe im unterfränkischen Iphofen.

Umstrittene Geschäfte Knauf beendet Russland-Engagement

Stand: 22.04.2024 14:24 Uhr

Der fränkische Familienkonzern Knauf, einer der größten Baustoffhersteller der Welt, zieht sich aus Russland zurück. Zuvor war das Unternehmen aufgrund von ARD-Recherchen erneut in die Kritik geraten.

Von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion, und Véronique Gantenberg, WDR

Der Baustoffhersteller Knauf will sich komplett vom russischen Markt zurückziehen. Der Familienkonzern bestätigte im unterfränkischen Iphofen den geplanten Ausstieg: "Die Knauf Gruppe hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen entschieden, sich nach mehr als 30 Jahren in Russland von ihrem dortigen Geschäft zu trennen."

Das Unternehmen beabsichtige, "das gesamte Geschäft in Russland inklusive Rohstoffgewinnung, der Produktion und des Vertriebs auf das lokale Management zu übertragen, um die Arbeitsplätze der mehr als 4.000 Mitarbeiter auch in Zukunft zu erhalten". Die geplante Transaktion stehe unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Behörden in Russland. Gründe für die Beendigung des Russland-Geschäfts nannte die Gruppe nicht.

Baustoffe von Knauf auf russischen Baustellen

Der Familienkonzern, der 2022 mit rund 15,4 Milliarden Euro Umsatz zu den größten Baustoffherstellern weltweit zählt, war zuletzt wegen seiner Russland-Geschäfte erneut in die Kritik geraten. Recherchen des ARD-Politikmagazins Monitor hatten Anfang April aufgedeckt, dass Baustoffe der Firma Knauf auf mehreren russischen Baustellen - auch einer des russischen Verteidigungsministeriums - in der besetzten ukrainischen Stadt Mariupol zum Einsatz kommen.

Reporter hatten dafür umfangreiches Bild- und Videomaterial sowie Geschäftsberichte und weitere Dokumente ausgewertet und auf den Baustellen immer wieder Gipssäcke mit der Aufschrift "Knauf" entdeckt.

Ukrainischer Botschafter für härtere Sanktionen

Auf die Recherchen hat mittlerweile auch die ukrainische Botschaft reagiert. Botschafter Oleksii Makeiew beschreibt den russischen Wiederaufbau der besetzten ukrainischen Gebiete im Monitor-Interview als Teil der "genozidalen Kriegsführung" Russlands.

Die mittelbare Beteiligung von Knauf an diesem Wiederaufbau bedeute, dass "so ein Unternehmen an der Seite der Besatzungsmacht steht. Und dass dieser Kampf von den deutschen Unternehmen unterstützt wird". Mit Blick auf die deutsche Bundesregierung fordert Makeiew eine Verschärfung der Sanktionen. Auf den geplanten Rückzug von Knauf aus dem Russland-Geschäft hat die Botschaft bislang noch nicht reagiert.

"Kein Einfluss auf Endverwendung"

Das Unternehmen Knauf betont, seit Februar 2022 keine Waren mehr nach Russland zu liefern und auch nichts mehr aus Russland zu exportieren. Knauf liefere aus der EU auch keine Baustoffe nach Mariupol.

Das Unternehmen betreibt ein Werk bei Kiew und 14 Produktionsstätten mit 4.000 Beschäftigten in Russland. In einer Stellungnahme zu dem ARD-Bericht hieß es, Knauf verurteile den Angriffskrieg auf die Ukraine und befolge sämtliche Sanktionen der EU, Großbritanniens und der USA gegen Russland. "Wir weisen den Vorwurf, das nicht zu tun, aufs Schärfste zurück."

Knauf produziere Baustoffe, sei aber nicht als Bauherr oder Investor an Bauvorhaben beteiligt. "Knauf unterhält keine direkten Lieferverträge zu Verbrauchern oder Verarbeitern von Knauf-Produkten in Russland. Unsere Produkte gelangen dort über viele verschiedene, von Knauf unabhängige Händler zu den Endkunden. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie und wo die Endkunden unsere Produkte verwenden."

Zweifel an offizieller Darstellung

An dieser Darstellung gibt es Zweifel. So hatten die Monitor-Recherchen gezeigt, dass ein offizieller Knauf-Händler in Russland mit einem Wohnhaus-Projekt in Mariupol warb, das im Auftrag des russischen Verteidigungsministeriums erbaut wurde. Auch auf dieser Baustelle wurden Knauf-Produkte eingesetzt.

Der Bauzulieferer Knauf, der sich komplett in Familienbesitz befindet, ist in über 90 Ländern vertreten und betreibt nach eigenen Angaben mehr als 300 Werke mit rund 40.000 Beschäftigten auf allen fünf Kontinenten.