Existenzgründungen Immer weniger wagen Selbstständigkeit

Stand: 04.04.2023 13:21 Uhr

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Erwerbsgründungen laut Staatsbank KfW abermals deutlich gesunken. Ein jahrelanger Trend in Deutschland hält damit an.

Die Gründungstätigkeit in Deutschland hat 2022 erneut einen Dämpfer erhalten. Das zeigt eine Vorab-Auswertung des repräsentativen Gründungsmonitors der staatlichen Förderbank KfW. Mit 550.000 Existenzgründungen gingen demnach rund 57.000 Personen weniger als 2021 den Schritt in die Selbständigkeit. Das entspricht einem Rückgang von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bereits im Jahr 2020 war die Anzahl der Existenzgründungen coronabedingt auffallend deutlich zurückgegangen.

Die Gründungstätigkeit habe sich 2022 sowohl im Voll- als auch im Nebenerwerb verringert, hieß es von der KfW. Die Zahl der Vollerwerbsgründungen sei auf 222.000 gesunken, ein Minus von 14.000 oder sechs Prozent verglichen mit 2021. Noch stärker sei der Rückgang bei den Nebenerwerbsgründungen, die um 43.000 auf 328.000 gesunken seien - ein Minus von zwölf Prozent. Das wirkt sich auch auf die sogenannte Gründungsquote aus. Sie ging auf 108 Gründungen je 10.000 Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren zurück. Im Jahr 2021 lag sie noch bei 119.

"Kaum dass sie den Corona-Knick kurzzeitig wettgemacht hatte, ist die Gründungstätigkeit in Deutschland 2022 leider schon wieder rückläufig", kommentiert Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.

Mehr Gründungen aus einer Notlage heraus

Der Anteil von Existenzgründungen zur Wahrnehmung einer Geschäftsgelegenheit, die sogenannte "Chancengründung", sei 2022 um 11 Prozentpunkte auf 71 Prozent gefallen. Analog zu diesem Rückgang stieg der Anteil von Existenzgründungen aus Mangel an besseren Erwerbsalternativen laut Gründungsmonitor im Jahresvergleich von 15 auf 24 Prozent. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise Personen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Alternative hatten und sich deshalb selbstständig machten, sogenannte "Notgründungen".

Bei den allermeisten Existenzgründungen in Deutschland sei der Schritt in die Selbstständigkeit mit einem neuen Unternehmen verbunden gewesen, das es zuvor rechtlich wie organisatorisch nicht gegeben habe. Ihr Anteil blieb 2022 mit 86 Prozent auf dem Rekordniveau des Vorjahrs. Die übrigen 14 Prozent entfielen demnach auf Firmenübernahmen und Beteiligungen. "Angesicht der großen Zahl an mittelständischen Unternehmen, die eine Nachfolgelösung suchen, ist das eine volkswirtschaftliche Herausforderung", heißt es dazu von der KfW.

Seit Jahren rückläufige Tendenz

Insgesamt fällt auf, dass die Zahl der Existenzgründungen seit vielen Jahren rückläufig ist. Im Jahr 2003 gab es beispielsweise noch deutlich mehr als 1,4 Millionen Gründungen, seitdem ist die Zahl fast durchgängig sinkend. "Für die deutsche Volkswirtschaft sind das schlechte Nachrichten, denn Existenzgründungen sind zentrale Treiber des strukturellen und technologischen Wandels - und sie unterstützen so die Zukunftsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft", so Köhler-Geib.

Gerade mit Blick auf die "grüne" und digitale Transformation brauche Deutschland neue Unternehmen mit frischen und innovativen Ideen. "Den Gründergeist wieder zu stärken, bleibt somit eine elementare Herausforderung, für die alle politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteure an einem Strang ziehen müssen", so die KfW-Chefvolkswirtin.