Kompromiss abgelehnt EU-Parlament erteilt Haushalt eine Abfuhr
Erst nach zähen Verhandlungen hatte der EU-Gipfel im Dezember einen Kompromiss zur künftigen Finanzierung der EU gefunden. Den EU-Parlamentariern reichte das Beschlossene jedoch nicht. Sie lehnten den Plan für die Jahre 2007 bis 2013 ab. Nun geht der Streit in eine neue Runde.
Es war eine der ersten Sternstunden auf internationalem Parkett für die neue Bundeskanzlerin Angela Merkel: Unter ihrer Vermittlung einigte sich der EU-Gipfel Mitte Dezember in Brüssel nach mühsamen Verhandlungen auf einen Finanzkompromiss zur künftigen Finanzierung der Europäischen Union.
Doch die Freude über den Durchbruch währte nicht lange: Mit großer Mehrheit hat das EU-Parlament in Straßburg den Kompromiss nun bei einer Abstimmung durchfallen lassen. 541 der Abgeordneten stimmten gegen den Vorschlag. Lediglich 56 Abgeordnete billigten den Kompromiss, 76 enthielten sich der Stimme.
Der Haushalt für die Jahre 2007 bis 2013 sei unzureichend, um die politischen und wirtschaftlichen Ziele der Union zu erreichen, heißt es in der Entschließung des Parlaments. Der Kompromiss gewährleiste weder Wohlstand noch Wettbewerbsfähigkeit, Solidarität oder Sicherheit für die Zukunft. Auch erfülle der Vorschlag des Gipfels nicht die Zusagen, die den neuen Mitgliedsstaaten gemacht worden seien.
Kritik an Abstrichen bei Forschung und Bildung
Der Gipfelbeschluss sieht für die Jahre 2007 bis 2013 einen Finanzrahmen in Höhe von rund 862 Milliarden Euro vor, das sind 1,045 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) der EU. Damit blieben die Staats- und Regierungschefs weit hinter den Vorstellungen des Europaparlaments zurück, das im vergangenen Juni Ausgaben in Höhe von fast 975 Milliarden Euro gefordert hatte.
Auf Kritik im Europaparlament stoßen vor allem die in Brüssel vereinbarten Abstriche für die Bereiche Forschung, Ausbildung und Jugendförderung. Damit gerieten gerade Politikbereiche in den Hintergrund, in denen die EU "neue Herausforderungen bewältigen und einen europäischen Mehrwert schaffen" könnte, heißt es in der Entschließung.
Schüssel bringt EU-Steuer ins Gespräch
Der Fraktionsvorsitzende der europäischen Sozialdemokraten, Martin Schulz, warf dem neuen EU-Ratsvorsitzenden, Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, vor, den Haushaltsbeschluss vom Dezember mitgetragen zu haben. Darin seien aber alle Zukunftsausgaben gekürzt, die Schüssel jetzt als Prioritäten seiner Ratspräsidentschaft genannt habe. Dieser brachte wiederum eine EU-Steuer ins Gespräch. Neue Eigenmittel seien vielleicht nicht populär, aber notwendig, sagte Schüssel. "Wir stoßen an Grenzen." Denkbar sei eine Besteuerung des Verkehrs in der Luft oder per Schiff.
Agrarbeihilfen lassen wenig Spielraum
Eine Einigung zwischen Parlament und Rat soll nun bis März gefunden werden. Als unwahrscheinlich gilt, dass die Mitgliedstaaten einer Erhöhung des Haushalts zustimmen werden. Möglich ist aber, dass unter den einzelnen Posten Beträge verschoben werden. Aber auch hier sind die Möglichkeiten begrenzt: Nach einem Beschluss aus dem Jahr 2002 ist der größte Ausgabenposten, die EU-Agrarbeihilfen, bis 2013 festgelegt.
Gelingt bis Jahresende keine Einigung, müsste die EU mit jährlichen Haushaltsplänen auf Basis des Haushalts 2006 leben, was langfristige Planung - etwa für die Forschung - erschweren würde. Dies gilt aber als äußerst unwahrscheinlich.