Am Rande der Staatspleite Griechenland bittet um Finanzspritze

Stand: 23.04.2010 20:10 Uhr

Im Kampf gegen die drohende Staatspleite bittet Griechenland nun offiziell um Hilfe: Das Land beantragte bei den EU-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds Milliardenkredite. Ministerpräsident Papandreou sprach von einer "neuen Odyssee". Bundeskanzlerin Merkel stellte noch einmal klar, dass das Geld nur fließen könne, wenn Athen kräftig spare.

Das hoch verschuldete Griechenland hat Finanzhilfe beantragt. Regierungschef Giorgos Papandreou sagte: "Es ist zwingend, dass wir um die Aktivierung des Rettungsmechanismus bitten." Er habe die entsprechende Anweisung an das Finanzministerium gegeben, sagte er in einer Fernsehansprache an das griechische Volk. Es geht bei dem kombinierten Hilfspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) um insgesamt 45 Milliarden Euro.

Den Schritt seines Landes nannte Papandreou "eine extreme Notwendigkeit, eine nationale Notwendigkeit". Die Hoffnung, die internationalen Märkte würden positiv auf das griechische Sparprogramm und den Hilfeplan der EU reagieren, habe sich nicht erfüllt, sagte er. Griechenland laufe Gefahr, dass wegen der Spekulanten alle Sparanstrengungen zunichte gemacht werden. Aus diesem Grund sei Athen gezwungen, jetzt zu handeln. Er sprach von einer "neuen Odyssee", die Griechenland erwarte.

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"Der Kurs nach Ithaka ist schwierig. Den Hellenen steht eine neue Odyssee bevor, eine lange Reise, die vieles von uns abverlangt. Mit gemeinsamen Anstrengungen werden wir das Ziel erreichen."

"Alles läuft automatisch ab"

Papandreou sagte weiter, er habe daher Finanzminister Giorgos Papakonstantinou beauftragt, alles Erforderliche in die Wege zu leiten. Die EU bestätigte den Antrag Athens. Währungskommissar Olli Rehn sagte: "Das läuft jetzt alles automatisch ab." Auch der IWF teilte mit, dass der Antrag aus Athen eingegangen sei. Der Fonds arbeite bereits seit einigen Wochen eng mit den griechischen Behörden bei finanztechnischen Fragen zusammen, teilte der IWF weiter mit. Papakonstantinou will noch heute nach Washington aufbrechen, um sich dort am Samstag mit IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn zu beraten.

Merkel besteht auf strengen Bedingungen für Hilfen

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, dass der genaue Umfang der deutschen Hilfen noch nicht feststehe. Bedingung sei weiterhin ein "glaubwürdiges Sparprogramm" Griechenlands, sagte Merkel nach einem Telefonat mit Papandreou. Zudem stellte die Kanzlerin klar, dass es nicht um direkte Hilfen aus dem Haushalt gehen werde, sondern um Garantien, die der Bundeshaushalt für Finanztransaktionen der bundeseigenen KfW Bankengruppe gibt. Merkel betonte, es sei wichtig, dass die deutsche Regierung und die anderen Euro-Länder die Stabilität des Euro garantieren. Die Kanzlerin pochte damit aber erneut darauf, dass der griechische Antrag auf Hilfen keinen Automatismus bedeute.

Die Bundesregierung sieht sich bei einem Antrag Griechenlands grundsätzlich handlungsbereit. Da Griechenland seine Defizite bis in den Mai hinein finanziert habe, komme man allerdings "nicht unmittelbar in ganz eiligen Zugzwang", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer. Die EU-Kommission und der IWF müssen laut Offer zunächst die Notwendigkeit der Hilfen bestätigen. Darüber hinaus müssen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder einstimmig eine Entscheidung herbeiführen. Die Milliardenhilfen sollen vom Bundestag per Gesetz bewilligt werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kündigte an, mit Koalition und Opposition ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen. Dazu werde er sich an diesem Montag mit den Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien treffen.

Rettungspaket liegt seit März bereit

Die EU hatte sich Ende März auf ein Unterstützungspaket für Griechenland verständigt, das neben Hilfen des IWF auch die Möglichkeit von Krediten der Euroländer umfasst. Innerhalb eines Jahres soll sich Griechenland auf diese Weise bis zu 30 Milliarden Euro zu einem Zinssatz von rund fünf Prozent leihen können; hinzu kämen Hilfen des IWF von bis zu 15 Milliarden Euro.

Gestern war bekannt geworden, dass die griechische Schuldenkrise noch dramatischer ist als bisher bekannt. Die europäische Statistikbehörde Eurostat korrigierte das griechische Haushaltsdefizit für das Jahr 2009 auf 13,6 Prozent. Daraufhin waren die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen auf neue Rekorde gestiegen. Insgesamt hat Griechenland Schulden in Höhe von rund 300 Milliarden Euro.