Fragen und Antworten zur Frequenzversteigerung Milliardenschlacht um Mobilfunkfrequenzen

Stand: 22.10.2015 11:16 Uhr

Die UMTS-Frequenzauktion 2000 hatte dem Staat 50 Milliarden Euro eingebracht - bei die Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen lag der Erlös jetzt deutlich niedriger als erhofft. Was bringen die neuen Frequenzen, wer bot mit, und was bringt das alles für den Standort Deutschland? tagesschau.de gibt Antworten.

Welche Frequenzen wurden versteigert?

Die Bundesnetzagentur versteigerte Funkfrequenzen mit einem Spektrum von insgesamt 360 Megahertz. 60 Megahertz davon sind ehemalige Fernsehfrequenzen und werden als "digitale Dividende" bezeichnet: Sie wurden bei der Umstellung auf das digitale Fernsehen DVB-T frei, das nur ein Zehntel der Bandbreite im Vergleich zum analogen Fernsehen benötigt. Diese Frequenzen im Bereich um 800 Megahertz weisen besonders gute Sendeeigenschaften auf: Sie haben sehr große Reichweiten und ermöglichen so leistungsstarke Netze mit wenigen Sendemasten.

Bei den restlichen Frequenzen handelt es sich teilweise um bisher ungenutzte Frequenzen aus der UMTS-Auktion im Jahr 2000, teilweise um ehemalige Funkfrequenzen der Bundeswehr im Bereich um 1,8, 2 und 2,6 Gigahertz.

Wer hat mit geboten?

Die Bundesnetzagentur hat die vier großen Mobilfunkgesellschaften T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 zur Frequenzversteigerung zugelassen. Die Bewerbung des Stuttgarter Breitbandanbieters Airdata wurde von der Bundesnetzagentur abgewiesen. Airdata hatte in vier Verfahren gegen die Frequenzauktion geklagt. Das Unternehmen wandte sich sowohl gegen die grundsätzliche Anordnung eines Vergabeverfahrens in der Form einer Versteigerung als auch gegen zahlreiche Versteigerungsbedingungen, durch die es nach eigener Auffassung unzulässig benachteiligt werde. Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klagen am 18. März zurück.

Wie lief die Versteigerung ab?

Die Versteigerung fand in der Niederlassung der Bundesnetzagentur in Mainz statt - einer ehemaligen Kaserne. Monatelang hatten die Beamten der Netzagentur an ihrem Auktionsmodell getüftelt. Heraus kam ein Beschluss mit höchst komplizierten Versteigerungsregeln, der 181 Seiten inklusive Anhänge umfasst. Die wesentlichen Regeln:

Jeweils drei Vertreter der vier zugelassenen Mobilfunkgesellschaften sitzen in getrennten, abhörsicheren Räumen und geben von dort ihre Gebote für die neuen Mobilfunkfrequenzen ab. Die zu versteigernden Funkfrequenzen sind in 41 Frequenzblöcke aufgeteilt. Alle Blöcke kommen gleichzeitig auf den Tisch. Die Auktionsteilnehmer bieten in fest definierten Runden für einige Dutzend Frequenzblöcke - und zwar in vorgeschriebenen Summen, die zwischen 10.000 und mehreren Millionen Euro liegen. Das sollte - wie schon bei der UMTS-Auktion im Jahr 2000 - den Preis befeuern. Absprachen unter den Auktionsteilnehmern sind verboten und können zum Ausschluss führen.

Wie kann der Standort Deutschland von der Auktion profitieren?

In vielen ländlichen Regionen Deutschlands gibt es noch immer keine schnellen Internetanschlüsse - für die betroffenen Gebiete ein erheblicher Standortnachteil. Die Verlegung von Kabeln ist hier allerdings viel zu teuer. Mit den freigewordenen Fernsehfrequenzen ist die Internetversorgung via Funk eine echte Alternative: Aufgrund der guten Sendeeigenschaften könnten mit nur wenigen Sendemasten große Gebiete versorgt werden. Darüber hinaus bieten die ehemaligen Fernsehfrequenzen im Gegensatz zu anderen auch innerhalb von Gebäuden eine hervorragende Übertragung.

Aus diesem Grund hat die Bundesnetzagentur die Ersteigerung dieser Frequenzen mit hohen Auflagen verknüpft. Wer einen Zuschlag erhält, muss sich verpflichten, zunächst Gemeinden oder Städte mit höchstens 5000 Einwohnern zu versorgen, dann zwischen 5000 und 20.000 Einwohnern, danach bis zu 50.000 Einwohnern und schließlich Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern. Erst wenn in einer Stufe eine 90 prozentige Versorgung erreicht ist, darf der Ausbau in der nächsten Stufe weitergehen. Ganz im Sinne der Breitbandstrategie der Bundesregierung sollen so bis Ende des Jahres die weißen Flecken in der deutschen Internetlandschaft verschwinden.

Welches Geschäft lässt sich mit den Frequenzen machen?

Mit der Einführung neuer Endgeräte wie des Apple IPhones oder der Smartphones von Wettbewerbern wie Google und Nokia begann eine Revolution: Immer mehr Kunden drängen in das mobile Internet. Darüber hinaus setzen sich auf den mobilen Geräten auch immer stärker Internetanwendungen mit hohem Datenvolumen durch - wie etwa Videos oder Onlinespiele. Schon bald sollen diese Anwendungen in DSL-Geschwindigkeit auf Kleincomputer und Handys übertragen werden. Möglich machen soll das der derzeit noch getestete Mobilfunkstandard der vierten Generation: der schnellere UMTS-Nachfolger Long Term Evolution (LTE).

Um jedoch immer mehr Daten immer schneller auf immer mehr mobile Endgeräte übertragen zu können, bedarf es neuer Frequenzen. Schließlich sind die Netze schon jetzt überlastet: Nach Angaben der Bundesnetzagentur wuchs das Datenvolumen in Deutschland von 3,5 Millionen Gigabyte im Jahr 2007 auf 33,5 Millionen 2009. Fazit: Der Datenstrom explodiert - und genau das macht die Ersteigerung dafür benötigter Frequenzen so interessant: Wer jetzt zuschlägt, könnte sich damit die Eintrittskarte in das mobile Datengeschäft der Zukunft sichern.

Können die zu versteigernden Frequenzen das Fernsehbild stören?

Bei der terrestrischen TV-Verbreitung (DVB-T) werden die Frequenzen bis direkt unterhalb der zu versteigernden ehemaligen Fernsehfrequenzen genutzt, beim Kabelfernsehen überlappen sich die genutzten Frequenzbereiche. Eine Studie des Instituts für Rundfunktechnik (IRT), die 2009 im Auftrag des Verbands der Deutschen Kabelnetzbetreiber (ANGA) durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass auf den ehemaligen Fernsehfrequenzen sendende Handys und Datenmodems den Empfang von DVB-T- und in geringerem Maße auch von digitalem Kabelfernsehen stören.

Der Kabelnetzbetreiber Kabel Baden-Württemberg scheiterte zuletzt mit einem Eilantrag gegen die Versteigerung der ehemaligen Fernsehfrequenzen. Das Unternehmen hatte vor dem Verwaltungsgericht Köln geltend gemacht, dass es durch die geplante neue Nutzung der Frequenzen zu Störungen im Kabelnetz kommen könne. Das Gericht lehnte jedoch eine vorläufige Aussetzung der Frequenzauktion ab: Die geplante neue Frequenznutzung sei nicht als von vornherein unverträglich mit den Kabelnutzungen anzusehen. Falls erforderlich, könne auftretenden Störungen auch noch mit späteren Maßnahmen begegnet werden.

Zusammengestellt von Ole Neugebauer für tagesschau.de