Gesamtansicht der Ölraffinerie und des Ölterminals von Saudi Aramco in Ras Tanura, Saudi-Arabien (Archivbild aus Mai 2018)

Ranking wertvollster Unternehmen Deutsche Konzerne nicht mehr in Topliga

Stand: 03.07.2022 16:57 Uhr

Unter den 100 Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert ist einer Studie zufolge erstmals kein deutsches mehr zu finden. US-Konzerne dominieren das Ranking. Der große Gewinner ist aber ein Ölmulti aus Saudi-Arabien.

Deutschlands Konzerne verlieren an den Weltbörsen immer mehr an Gewicht. Fanden sich zum Jahresende 2007 noch sieben deutsche Unternehmen unter den wertvollsten 100, waren es Ende 2021 noch zwei Konzerne. Im ersten Halbjahr 2022 ist nun gar kein deutsches Unternehmen mehr in dieser Rangliste vertreten. Das geht aus einer Untersuchung des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY hervor.

Der höchstbewertete Konzern mit Sitz in Deutschland ist demnach Software-Anbieter SAP mit einem Börsenwert von 106 Milliarden Dollar, was allerdings nur für Rang 113 reiche. Die Deutsche Telekom schafft es den Angaben zufolge mit 98 Milliarden Dollar auf Platz 120. Zudem belegt der Industriegasekonzern Linde, der seit der Fusion mit Praxair seinen Hauptsitz in Irland hat, Rang 74.

US-Konzerne weiter im Spitzenfeld

Der Erdölkonzern Saudi Aramco ist den Berechnungen zufolge mit einem Börsenwert von 2,3 Billionen US-Dollar das teuerste Unternehmen der Welt - noch vor Apple. An der Dominanz der US-Konzerne an den Weltbörsen hat sich insgesamt dennoch wenig geändert: Die Zahl US-amerikanischen Konzerne, die sich zur Jahresmitte unter den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt platzieren können, liegt bei 60. Vor einem halben Jahr waren es 61.

Unter den Top 10 finden sich zum Stichtag 30. Juni 2022 Microsoft, die Google-Muttergesellschaft Alphabet, Amazon, Tesla, die Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, der Krankenversicherer Unitedhealth, der Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson sowie der Facebook-Konzern Meta.

Das wertvollste europäische Unternehmen war Ende des ersten Halbjahres der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé auf Rang 20. Vor der Finanzkrise Ende 2007 kamen laut den Wirtschaftsprüfern von EY noch 46 der 100 wertvollsten Unternehmen rund um den Globus aus Europa. Inzwischen sind es nur noch 16.

Comeback des Energie-Sektors

Der Kursrutsch an den Weltbörsen - ausgelöst durch den russischen Krieg gegen die Ukraine, Rezessionssorgen und steigende Zinsen - vernichtete im ersten Halbjahr 2022 Billionen-Werte. Allein die Marktkapitalisierung - also der Wert der an der Börse gehandelten Aktien - der 100 teuersten Unternehmen sank den Angaben zufolge im Verlauf der ersten sechs Monate um 17 Prozent oder 6,1 Billionen Dollar auf rund 29,8 Billionen Dollar.

Der Börsenwert der lange favorisierten Technologiekonzerne brach dabei gegenüber dem Jahresende 2021 (Stichtag: 31.12.2021) um 28 Prozent ein. Die Öl- und Gasunternehmen unter den Top 100 steigerten ihren Börsenwert gegen den Trend um 19 Prozent. "Zuletzt setzten Investoren eher auf Profitabilität als auf Wachstum", erläuterte Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland. "Das Geld sitzt nicht mehr so locker, die Anforderungen an Zielunternehmen und ihre Finanzkennzahlen steigen."

Trübe Aussichten für Europa

Obwohl viele der Top-Konzerne nach wie vor hohe Gewinne ausweisen, hätte die momentane Lage zu einer tiefgreifenden Verunsicherung geführt, meint Ahlers. Er rechnet mit einem sehr schwierigen zweiten Halbjahr: "Die Hiobsbotschaften häufen sich, viele Krisen, die sich teils gegenseitig befeuern, müssen bewältigt werden, die Gefahr einer weltweiten Rezession ist inzwischen real."

Ahlers glaubt, dass der Digitalisierungsschub, den die Corona-Pandemie ausgelöst hat, die Wirtschaft und die Börsen in den kommenden Jahren entscheidend prägen dürfte. Hier seien Europa und Deutschland schwach aufgestellt. Von den aktuell 23 Technologieunternehmen im Top-100-Ranking haben demnach 17 ihren Hauptsitz in Nordamerika, vier in Asien und nur zwei in Europa. Der Digitalisierungstrend ließ das Gewicht Europas an den Weltbörsen seinen Angaben zufolge in den letzten Jahren schrumpfen.