Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Zögerliche Anleger Wall Street im Zwiespalt

Stand: 15.02.2023 22:42 Uhr

Das Auf und Ab an den US-Märkten ging weiter. Robuste Konjunkturdaten schürten Zinssorgen, die Konsumkonjunktur bleibt aber gleichzeitig stark. Ein Dilemma für so manchen Investor.

Der jüngste Zickzack-Kurs der US-Börsen hat sich auch zur Wochenmitte fortgesetzt. Die großen Wall-Street-Aktien-Indizes fanden trotz einer Fülle neuer Konjunkturdaten keine klare Linie, haben sich aber im Verlauf immer mehr von ihren Tiefstständen gelöst.

Der Leitindex Dow Jones grenzte seine Verluste zunehmend ein und schloss am Ende bei 34.128 Punkten fast am Tageshoch und letztlich um 0,11 Prozent höher. Der Index ringt damit weiter mit der Marke von 34.000 Punkten. Das Tagestief lag bei 33.833 Punkten.

Die Tech-Börse Nasdaq schlug sich heute besser und war nach ebenfalls schwächerem Handelsstart ins Plus gedreht. Am Ende stand ein Tagesgewinn von 0,92 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 legte 0,77 Prozent zu. Der marktbreite S&P-500-Index gewann moderat auf 4147 Punkte, ein Plus von 0,28 Prozent.

Die US-Anleger taten sich auch heute schwer mit der Interpretation neuer Konjunkturdaten. So legten die Einzelhändler im Januar gegenüber dem Vormonat inklusive Autos um 3,0 Prozent deutlicher zu als erwartet. Analysten hatten im Schnitt nur einen Zuwachs von 2,0 Prozent prognostiziert. Zumindest Amerikas Verbraucher zeigen sich damit weiter unbeeindruckt vom Bremskurs der Notenbank.

Es herrsche Ratlosigkeit am Markt, wie die Zentralbanken wohl auf die Zahlen reagieren werden, sagte Frank Sohlleder, Marktanalyst beim Handelshaus ActivTrades.

"Solange die Nachfrage so stark bleibt, wird die US-Notenbank Fed ihren Straffungskurs nicht beenden", sagte Johannes Mayr, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Eyb & Wallwitz.

Zudem erholte sich der Empire-State-Index, der die Industriestimmung im US-Bundesstaat New York misst, im Februar kräftiger als prognostiziert. Auch die zuletzt nur leicht gesunkene Inflationsrate hatte die Märkte zuletzt eher verunsichert.

Etwas schwächer als erwartet fiel hingegen die Industrieproduktion im Januar aus. Hier hat sich die Lage zwar ebenfalls verbessert. Die Fertigung stagnierte aber nur, während Analysten einen Zuwachs im Monatsvergleich erwartet haben. Im Dezember war die Industrieproduktion noch um 1,0 Prozent gesunken.

Bei den Einzelwerten verloren die in den USA gelisteten Aktien des Halbleiterherstellers TSMC (nach Intel und Samsung der drittgrößte Halbleiterhersteller weltweit) 5,2 Prozent. Zuvor hatte Berkshire Hathaway - die Beteiligungsfirma des Starinvestors Warren Buffett - ihren Anteil an der taiwanischen Firma um 86,2 Prozent heruntergeschraubt, wie aus bei der Börsenaufsicht eingereichten Dokumenten hervorging.

Im Gegenzug gewannen die Aktien von AirBnB nach starken Zahlen mehr als 13,3 Prozent und erreichten damit den höchsten Stand seit Mai vergangenen Jahres. Der US-Zimmervermittler erwartet nach eigenen Angaben angesichts einer stabilen Nachfrage nach Reisen Erlöse zwischen 1,75 Milliarden und 1,82 Milliarden Dollar. Analysten waren bislang von 1,69 Milliarden Dollar ausgegangen. Grund für den optimistischen Ausblick sei unter anderem die Aufhebung der Pandemie-bedingten Reisebeschränkungen in zahlreichen Ländern.

Der deutsche Aktienmarkt präsentierte sich zur Wochenmitte sehr robust und bleibt damit auf hohem Niveau. Der deutsche Leitindex schloss am Ende bei 15.506 Punkten um 0,82 Prozent höher und ging damit nahe seines Tageshochs bei 15.520 Punkten aus dem Handel. Er bleibt zudem in Sichtweite seines höchsten Stands seit mehr als einem Jahr bei 15.659 Zählern.

Der Markt trotze damit heute robusten US-Einzelhandelszahlen, die Zinsängste schürten. Gleichzeitig zeigte der heutige US-Datenkranz aber auch, dass sich eine größere Rezession nicht abzeichnet. Auch hierzulande rechnen Experten zunehmend mit einer nur milden Abschwächung der Konjunktur im laufenden Jahr.

Trotzdem rechnen die Börsen fest mit einer weiteren Zinserhöhung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die ihr Tempo zuletzt allerdings schon auf 25 Basispunkte gedrosselt hat. Die EZB hingegen hat für März bereits eine Erhöhung von 50 Basispunkten angekündigt, ist insgesamt im Zyklus aber hinter der Fed zurück.

Die starken Einzelhandelsdaten ließen heute zwar Sorgen über eine mögliche Rezession verblassen, schürten aber zugleich die Befürchtungen über weitere Zinsschritte der US-Notenbank Fed zur Eindämmung der hohen Inflation.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will am Zinserhöhungskurs festhalten. Der Preisdruck sei nach wie vor stark, und die Kerninflation, in der schwankende Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, sei immer noch hoch, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Mittwochabend im Europa-Parlament in Straßburg.

"Angesichts des zugrundeliegenden Inflationsdrucks haben wir vor, die Zinssätze auf unserer nächsten Sitzung im März um weitere 50 Basispunkte zu erhöhen, und wir werden dann den weiteren Kurs unserer Geldpolitik bewerten," führte sie aus. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist für den 16. März geplant.

Die Inflation im Euro-Raum war zwar im Januar den dritten Monat in Folge dank eines sich abschwächenden Energiepreisschubs gesunken. Die Teuerung ging auf 8,5 Prozent zurück nach 9,2 Prozent im Dezember. Doch Lagarde machte den Abgeordneten klar: "Das ist viel zu hoch, daran besteht kein Zweifel."

Update Wirtschaft vom 15.02.2023

Samir Ibrahim, HR, tagesschau24

Der Euro ist heute im Verlauf abgesackt und notiert im US-Handel zuletzt bei 1,0684 Dollar knapp ein halbes Prozent tiefer. Beobachter verwiesen als Belastung auf eine breit angelegte Dollar-Stärke, nachdem die am Vortag präsentierten Inflationsdaten aus den USA letztlich als Zeichen für einen weiter restriktiven geldpolitischen Kurs der US-Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation gewertet wurden. Auch die starken Einzelhandelsumsätze deuten in die gleiche Richtung. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0700 (Dienstag: 1,0759) Dollar fest

Die Feinunze Gold tendierte Prozent rund ein Prozent schwächer bei 1835 Dollar. Das gelbe Edelmetall leidet unter den wieder gestiegenen US-Zinserwartungen, wirft es selbst doch keine Zinsen oder Dividenden ab. Das macht Gold in einem solchen Umfeld eher unattraktiv. Seit Anfang des Monats hat Gold bereits über 120 Dollar eingebüßt.

Die Ölpreise notierten nach volatilem Handel zuletzt wenig verändert. Am späten Nachmittag wurden die wöchentlichen US-Rohölbestände deutlich höher ausgewiesen als erwartet, was den Preis belastete. Im Verlauf haben sich die Notierungen aber wieder erholt. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete letztlich 85,66 Dollar, ein moderates Plus von gut 0,3 Prozent.

Gestützt werden die Ölpreise tendenziell durch die neue Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA): Die weltweite Rohölnachfrage dürfte in den ersten drei Monaten des Jahres um 500.000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag höher ausfallen als bisher angenommen, hieß es in Paris unter Verweis auf das stärkere Wirtschaftswachstum in China.

Mit einem Plus von mehr als vier Prozent setzten sich die Aktien von MTU an die Spitze der Gewinnerliste im DAX. Gestern hatten Papiere des Triebwerksherstellers nach Jahreszahlen noch mit dem größten Tagesverlust aller DAX-Titel geschlossen.

Im Brunsbütteler Elbhafen ist heute nach Angaben des Energiekonzerns RWE eine erste Ladung von Flüssiggas (LNG) aus Abu Dhabi eingetroffen. Hier werde das LNG regasifiziert und über den von RWE gecharterten schwimmenden Terminal ab Ende Februar in das deutsche Gasnetz eingespeist, teilte der Versorger mit.

Der Flugzeugbauer Airbus ist bei der Suche nach einem neuen Finanzvorstand beim Leverkusener Kunststoffkonzern und DAX-Indexkollegen Covestro fündig geworden. Thomas Toepfer, der seit 2018 Finanzchef bei Covestro ist, wird das Unternehmen Ende August verlassen und den gleichen Posten bei Airbus übernehmen, wie Covestro am Mittwochabend mitteilte. Sein Vertrag wäre eigentlich bis Ende März 2026 gelaufen. Seit 2019 war Toepfer auch Arbeitsdirektor bei Covestro.

Bei Airbus scheidet der bisherige Finanzvorstand Dominik Asam Ende dieses Monats aus und wechselt zum Softwarekonzern SAP, wie das Unternehmen bereits im August angekündigt hatte. Bei dem Flugzeugbauer mit französischen, deutschen und spanischen Wurzeln kommt der oberste Finanzmanager traditionell aus Deutschland.

Ein konzernweiter IT-Systemausfall bei der Lufthansa stört massiv den Flugbetrieb der Airline-Gruppe am Drehkreuz Frankfurt. Betroffen davon seien Systeme für das Einchecken und Boarden, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Es komme zu massiven Verspätungen und Flugstreichungen.

Mittlerweile werden die System wieder hochgefahren. Für den Donnerstag rechne man allerdings wieder mit einem weitgehend normalen Ablauf, bevor es am Freitag neue Probleme durch den von Verdi ausgerufenen Flughafen-Warnstreik geben wird, hieß es am Nachmittag.

Air India hat bei Airbus und Boeing insgesamt 470 Flugzeuge bestellt und will weitere 25 Maschinen leasen. Insgesamt handelt es sich um einen der größten Flugzeugkäufe der Luftfahrtgeschichte. Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus aus Europa konnte sich mit 250 Maschinen den größten Teil des Auftrags sichern. Airbus-Papiere gehörten im DAX zu den größten Gewinnern.

Aktien des DAX-Kandidaten Commerzbank legten heute im MDAX knapp zwei Prozent zu. Denn Ex-Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist auf dem Sprung an die Aufsichtsratsspitze der Bank. Das Kontrollgremium des Geldhauses habe sich einstimmig dafür ausgesprochen, Weidmann zu seinem Vorsitzenden zu wählen, sofern dieser wie vorgesehen von der Hauptversammlung am 31. Mai in den Aufsichtsrat gewählt werde. Das teilte der Frankfurter MDAX-Konzern heute einen Tag vor seiner Bilanzvorlage mit.

Bereits im November hatte die Commerzbank öffentlich gemacht, dass Weidmann der Wunschkandidat des scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden Helmut Gottschalk ist. Weidmann kennt die Commerzbank aus schwierigen Zeiten: Als das Institut sich in der Finanzkrise 2008/2009 mit der Dresdner-Bank-Übernahme übernommen hatte und mit Steuermilliarden vor dem Kollaps bewahrt werden musste, war Weidmann als einer der führenden Berater der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Finanzpolitik im Kanzleramt.

Die Bank will zudem wieder eine Dividende ausschütten. Der Vorstand werde der Hauptversammlung eine Dividende von 20 Cent je Aktie für 2022 vorschlagen, teilte die Bank heute in Frankfurt mit. Analysten hatten im Schnitt mit 25 Cent etwas mehr auf dem Zettel. Seit der Rettung mit Steuermilliarden in der Finanzkrise 2008/2009 hat die Bank nur in zwei Jahren eine Dividende von je 20 Cent pro Aktie gezahlt, zuletzt für 2018. Größter Anteilseigner ist der deutsche Staat. Zudem hat der Vorstand die Genehmigung eines Aktienrückkaufs beantragt, hieß es weiter.

Im SDAX gehört die Ceconomy-Aktie mit einem Plus von über zehn Prozent zu den gefragtesten Werten. Zuvor hatte das "Handelsblatt" unter Berufung auf Finanzkreise von Gesprächen zwischen dem Elektronikhändler und dem französischen Händler Fnac Darty über einen möglichen Zusammenschluss berichtet.

Elmos-Aktien nähern sich mit einem Plus von über sieben Prozent ihrem jüngsten Rekord von 75,20 Euro wieder an. Der Halbleiterhersteller zeigte sich nach einem Rekordjahr für 2023 deutlich optimistischer als der Markt erwartet hatte. Warburg-Experte Malte Schaumann war regelrecht begeistert vom Ausblick der Westfalen. Der Bewertungsvergleich mit der Konkurrenz spreche für enormes Kurspotenzial.

Der spanische Bau- und Immobilienkonzern Acciona stockt seine Beteiligung am Hamburger Windanlagenbauer Nordex weiter auf und verzichtet auf die Rückzahlung von Darlehen an das unter der Branchenkrise leidende Unternehmen. Acciona will Gesellschafterdarlehen im Volumen von knapp 347 Millionen Euro in Aktien umwandeln, wie Nordex am Abend mitteilte. Dafür sollen die Spanier - je nach der Kursentwicklung in den nächsten eineinhalb Monaten - bis zu 29,3 Millionen neue Nordex-Aktien bekommen. Damit könnte Acciona seine Beteiligung von 40,9 Prozent bis auf rund 48 Prozent ausbauen.

Bereits 2021 hatte Acciona Gesellschafterdarlehen in Aktien des SDAX-Mitglieds getauscht und das Unternehmen damit gestützt. Zudem beteiligten sich die Spanier 2022 an zwei weiteren Kapitalerhöhungen. Nordex, die auf Windräder an Land spezialisiert ist, leidet wie die Branchenriesen Vestas und Siemens Gamesa unter einem heftigen Preiskampf und steigenden Kosten etwa für Stahl.

Der Reisekonzern TUI kann eine milliardenschwere Kapitalerhöhung vornehmen, um weitere Corona-Rettungshilfen des Staates zu tilgen. Die Aktionäre stimmten auf der Hauptversammlung gestern den dafür notwendigen Kapitalmaßnahmen zu. Die Anträge dazu seien mit der erforderlichen Mehrheit angenommen worden, erklärte Aufsichtsratschef Dieter Zetsche.

Der Internetdienstleister United Internet will für rund 300 Millionen Euro eigene Aktien zurückkaufen. Zu diesem Zweck sollen bis zu 13,9 Millionen Anteilsscheine zu einem Stückpreis von 21 Euro erworben werden.

Elon Musk könnte für sein Unternehmen Twitter noch in diesem Jahr einen Geschäftsführer ernennen. Der Milliardär sagte per Videokonferenz beim Weltregierungsgipfel in Dubai, der richtige Zeitpunkt dafür sei wahrscheinlich gegen Ende des Jahres.

Die zum weltgrößten Luxuskonzern LVMH gehörende Edelmarke Louis Vuitton hat den US-Musikstar Pharrell Williams als Designer engagiert. Williams sei ab sofort Kreativchef der Männerlinie des Labels, teilte das französische Modehaus mit. Seine erste Kollektion werde im Juni bei der Fashion Week der Herren in Paris präsentiert.

Ford tritt nach einem Gewinneinbruch auf die Kostenbremse. Der US-Konzern könne in diesem Jahr bis zu 2,5 Milliarden Dollar durch ein strafferes Management seiner Produktionspläne und niedrigere Rohstoffpreise einsparen, sagte Finanzchef John Lawler am Mittwoch bei einer Auto-Konferenz. Das dürfte allerdings nicht ausreichen, um die im Vergleich zu Konkurrenten höheren Kosten wettzumachen.

Der zweitgrößte US-Autobauer hatte im vergangenen Jahr seine Gewinnziele verfehlt und drastische Einschnitte angekündigt. Ford steckt wie General Motors viele Milliarden in die Elektromobilität. Während der Detroiter Rivale die Früchte seiner Preispolitik einfährt, tun sich bei Ford jedoch Schwachstellen in Europa auf. Dort will Ford binnen drei Jahren 3800 Stellen abbauen, den Großteil davon in Deutschland.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 15. Februar 2023 um 09:00 Uhr.