
"Endlich handlungsfähige Regierung" Erleichterung über gelungene Merz-Wahl
Nach neun Gewinntagen hat die holprige Kanzlerwahl dem DAX heute ein Minus beschert. Zwar konnte der Leitindex seine Verluste nach dem zweiten Wahlgang eindämmen - für ein Plus reichte es aber nicht.
Der DAX hat nach neun Gewinntagen in Folge heute mit leichten Verlusten geschlossen. Die im ersten Anlauf gescheiterte Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler hatte zeitweise für erhebliche Unsicherheit am Markt gesorgt und den Leitindex zurück unter 23.000 Punkte geschickt. Am Ende des Tages stand noch ein Minus von 0,41 Prozent auf 23.249 Punkte zu Buche.
Mit der im zweiten Durchgang geglückten Kanzlerwahl dürfte der Weg nun frei gemacht werden für umfangreiche Investitionsvorhaben, vor allem in den Bereichen Verteidigung und Infrastruktur. Diese waren der zentrale Treiber für die starke und auch überdurchschnittliche Entwicklung gewesen, die den DAX Mitte März auf ein Rekordhoch von 23.476 Punkten geschickt hatten.
Ökonomen reagieren erleichtert auf die Wahl von Bundeskanzler Friedrich Merz im zweiten Anlauf. "Für die Wirtschaft war wichtig, dass es zu keiner Hängepartie kommt und dass die Koalition im Zweifelsfall zusammensteht", sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, der Nachrichtenagentur Reuters. "Ein Anfang mit Hindernissen, aber jetzt hat Deutschland in der angespannten Weltlage endlich wieder eine voll handlungsfähige Regierung."
Die neue Bundesregierung müsse in einem schwierigen Umfeld agieren, sagte BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels. "Die Startprobleme sollten wieder in den Hintergrund treten, wenn man jetzt schnell in die Regierungspolitik reinkommt und die Fiskalpakete zum Laufen bekommt", sagte Michels. "Es müssen Taten folgen."
Wie schlecht es um den Standort Deutschland geht, zeigt heute eine Forsa-Umfrage für die Commerzbank, wonach Europas größte Volkswirtschaft in einer Liste von Wirtschaftsnationen auf Platz 9 landet - hinter Italien und Vietnam. Gerade einmal zehn Prozent der 1.525 Unternehmen, die zwischen Mitte November und Mitte Februar befragt wurden, bewerten die Rahmenbedingungen in Deutschland als "sehr gut" oder "gut".
Zu viel Bürokratie, zu hohe Energiekosten, Lücken in der Digitalisierung: 60 Prozent der Unternehmen halten die Rahmenbedingungen hierzulande nur für "befriedigend" beziehungsweise "ausreichend", beinahe ein Drittel (29 Prozent) nennt sie "mangelhaft" oder "ungenügend".
Und auch der Fachkräftemangel belastet Unternehmen hierzulande: Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sind derzeit 84 Prozent der Betriebe in Deutschland vom Fachkräftemangel betroffen. Zwei von drei Betrieben bezweifeln demnach, dass sie in Zukunft ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte gewinnen können.
Nach dem verhaltenen Wochenstart haben die US-Aktienmärkte auch heute ihrer jüngsten Erholungsrally Tribut gezollt und zunächst weiter nachgegeben. Der Dow Jones Industrial sank zuletzt um 0,4 Prozent auf 41.045 Punkte. Der marktbreite S&P 500 verlor 0,5 Prozent auf 5.622 Zähler. Für den technologielastigen Nasdaq 100 ging es um 0,8 Prozent auf 19.813 Punkte abwärts.
Zuletzt hatte sich der Dow wieder in die Nähe seines Stands vom "Liberation Day" Anfang des Vormonats erholt - jenem Tag, an dem US-Präsident Trump mit seiner beispiellosen Flut an Zöllen einen Kurseinbruch um gut 13 Prozent binnen weniger Tage ausgelöst hatte. Nun zeigen aber eine Reihe von Geschäftsberichten und Prognosen, dass die Anleger das Thema Zölle noch lange nicht abhaken können.
Neben Zöllen auf pharmazeutische Produkte, die US-Präsident Donald Trump nach eigenen Angaben in den kommenden zwei Wochen verkünden will, sorgte auch eine Reihe überraschend schwacher Geschäftszahlen wichtiger Unternehmen für Verunsicherung. "Was in dieser Berichtssaison besonders hervorsticht, ist die Sorge vieler CEOs über die Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Welthandel", sagte Adam Sarhan, Konzernchef der Investitionsfirma 50 Park Investments.
Das US-Handelsbilanzdefizit hat im März und damit vor den Zollankündigungen von Trump ein Rekordniveau erreicht. Die Lücke zwischen Im- und Exporten weitere sich auf 140,5 Milliarden Dollar aus, wie das Handelsministerium heute mitteilte. Dies war ein Zuwachs um 14,0 Prozent gegenüber dem Vormonat, als ein Defizit von revidiert 123,2 Milliarden Dollar aufgelaufen war.
Im Warenhandel ergab sich ein Defizit von 163,52 Milliarden Dollar. Bei Dienstleistungen erzielten die USA hingegen einen Handelsüberschuss von 23,02 Milliarden Dollar. Viele Unternehmen hatten sich vor den erwarteten drastischen Zollerhöhungen durch Präsident Trump noch mit Waren eingedeckt und so versucht, Preiserhöhungen zu umgehen. Ökonomen gehen davon aus, dass die Importflut bis Mai abebben wird, was zu einer Erholung der Konjunktur im zweiten Quartal beitragen dürfte.
Die holprig verlaufene Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler hat den Euro nicht belastet. Am Dienstagnachmittag stieg der Kurs der Gemeinschaftswährung bis auf 1,1361 Dollar. Im frühen Handel hatte er noch etwas niedriger notiert. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1325 (Montag: 1,1343) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8830 (0,8816) Euro.
Anleger nutzen den jüngsten Preisrutsch am Ölmarkt zum Einstieg. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und US-Leichtöl WTI verteuerten sich im Tagesverlauf um jeweils mehr als 2,5 Prozent auf 61,78 und 58,69 Dollar je Fass (159 Liter). "Die heutige Bewegung ist recht überraschend", sagte Bjarne Schieldrop, Rohstoffanalyst beim skandinavischen Bankkonzern SEB. Mittelfristig dürften die Ölpreise jedoch weiter fallen, sagte Yeap Jun Rong, Stratege beim Broker IG. Problematisch für den Rohstoffmarkt sei vor allem die Aussicht auf eine schwächere Nachfrage angesichts der neuen US-Zölle.
Die Übernahme des Leverkusener Kunststoffkonzerns Covestro durch den arabischen Ölkonzern Adnoc steht Insidern zufolge kurz vor der Freigabe durch die europäischen Wettbewerbshüter. Diese wollen dem Deal voraussichtlich ohne Auflagen zustimmen, wie die Nachrichtenagentur Reuters von zwei mit der Sache vertrauten Personen erfuhr.
Der Dialysespezialist Fresenius Medical Care ist dank Einsparungen mit einem überraschend kräftigen Ergebnisplus ins Jahr gestartet. Der bereinigte operative Gewinn stieg im ersten Quartal um 13 Prozent auf 457 Millionen Euro, wie das Unternehmen mitteilte. Analysten hatten im Mittel nur 446 Millionen erwartet. Der Konzernumsatz legte um drei Prozent auf 4,88 Milliarden Euro zu, währungsbereinigt ein Plus von einem Prozent. Die bereinigte operative Rendite verbesserte sich auf 9,4 (Vorjahr: 8,5 ) Prozent.
Der Sparkurs beim vor der Aufspaltung stehenden Autozulieferer Continental zahlt sich aus. Der bereinigte Betriebsgewinn schnellte auf 586 Millionen Euro von 201 Millionen Euro vor Jahresfrist nach oben. Der Umsatz ging angesichts der schwachen Autoproduktion in Europa und den USA um 0,8 Prozent zurück auf 9,7 Milliarden Euro.
Der Triebwerkshersteller MTU hat im ersten Quartal von einem kräftigen Umsatz- und Gewinnsprung profitiert. Im ersten Quartal wuchs MTUs bereinigter Umsatz im Jahresvergleich um ein Viertel auf 2,1 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn legte um 38 Prozent auf 300 Millionen Euro zu. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 224 Millionen Euro, eine Steigerung um 77 Prozent.
Der Luxussportwagenbauer Ferrari hat zum Jahresstart trotz nur geringer Verkaufssteigerungen deutlich mehr verdient. Der Umsatz zog um 13 Prozent auf 1,79 Milliarden Euro an, während die Verkäufe nur um rund ein Prozent auf 3.593 Autos stiegen. Unter dem Strich stieg das Nettoergebnis um 17 Prozent auf 412 Millionen Euro.
Eine robuste Nachfrage und steigende Kundenzahlen haben Zalando zum Jahresstart einen Gewinnsprung beschert. Der bereinigte operative Gewinn stieg im ersten Quartal um rund 65 Prozent auf 46,7 Millionen Euro und der Konzernumsatz um knapp acht Prozent auf 2,42 Milliarden Euro. Das über die Plattform gehandelte Warenvolumen (GMV) wuchs um 6,5 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Die Zahl der aktiven Kunden erreichte einen Wert von 52,4 Millionen.
Der niederländische Medizintechnikkonzern Philips kappt wegen der Zölle in den USA seine Prognose für das Gesamtjahr. Philips-Chef Roy Jakobs bezifferte den Einfluss der Zölle unter dem Strich auf 250 bis 300 Millionen Euro, obwohl Gegenmaßnahmen eingeleitet worden seien. Die Gewinnmarge werde im Gesamtjahr zwischen 10,8 und 11,3 Prozent liegen, statt der bislang vorhergesagten Spanne von 11,8 bis 12,3 Prozent.
Der US-Autoriese Ford rechnet mit einer Milliardenbelastung durch die Importzölle von Trump. Die Abgaben auf in die USA eingeführte Fahrzeuge und Autoteile dürften den bereinigten operativen Gewinn in diesem Jahr um rund 1,5 Milliarden Dollar drücken, wie Ford mitteilte. Unter Verweis auf die Ungewissheit über die weitere Entwicklung wagt der Konzern keine Prognosen mehr.
Der Spielzeug-Konzern Mattel stellt wegen der US-Importzölle Preiserhöhungen in den USA in Aussicht. Man werde an den Stellen, wo es "notwendig" sei, die Preise im US-Markt anpassen, kündigte der Barbie-Hersteller an.