
Erneute Gewinne Wall Street bleibt im Aufwind
Ein robuster Arbeitsmarkt sowie Hoffnungen im Zollstreit mit China haben der Wall Street Rückenwind verschafft. Zuvor war schon der DAX über die Marke von 23.000 Punkten gestiegen.
Die US-Börsen knüpften zum Wochenschluss an ihre Gewinne vom Vortag an. Der Leitindex Dow Jones gewannt am Ende 1,39 Prozent auf 41.317 Punkte. Der marktbreite S&P 500 stieg 1,47 Prozent auf 5.686 Stellen. An der Technologiebörse Nasdaq ging es rund 1,5 Prozent nach oben, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte um 1,6 Prozent vor.
Getragen wurden die Gewinne heute primär durch robuste Daten vom Arbeitsmarkt für April sowie durch die jüngsten Entwicklungen im US-Zollstreit mit China. Peking hat sich nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums offen für Gespräche über den Zollkonflikt gezeigt, nachdem die USA diesbezüglich an China herangetreten sind.
"Ermutigend ist, dass China überhaupt zu Gesprächen bereit ist", sagte Paul Nolte, Stratege beim Vermögensverwalter Murphy & Sylvest. "Aber im Moment sind es nur Worte. Wir müssen abwarten, was konkret passiert."
Zudem ging die Berichtssaison der Unternehmen weiter. Gestern hatten insbesondere die hochbewerteten Technologieaktien die Märkte beflügelt.
Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich trotz der Zollankündigungen von Präsident Donald Trump überraschend stabil. Im April kamen 177.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Nachmittag veröffentlichten Arbeitsmarktbericht der Regierung hervorgeht. Befragte Ökonomen hatten nur 130.000 neue Jobs auf dem Radar, nach abwärts revidierten 185.000 (ursprünglich 228.000) im März. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte bei 4,2 Prozent.
"Die goldenen Zeiten für den US-Arbeitsmarkt sind noch nicht vorbei. Der Job-Motor läuft weiterhin erstaunlich rund", konstatierte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.
"Die Zölle färben bislang noch nicht auf den Jobmarkt ab", urteilte Thomas Gitzel von der VP Bank. Er sieht darin aber eher eine Momentaufnahme, bevor er in den kommenden Monaten deutlichere wirtschaftliche Bremsspuren erwartet.
Zwar dämpft der robuste Arbeitsmarkt Zinshoffnungen, diese wurden aber durch rückläufige Stundenlöhne ebenfalls gestützt. Konkret legten die durchschnittlichen Stundenlöhne gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent zu. Volkswirte hatten im Schnitt mit 0,3 Prozent gerechnet. Im Vormonat hatte das Lohnplus bei 0,3 Prozent gelegen.
Der Auftragseingang der US-Industrie hat im März derweil weniger als erwartet zugelegt. Die Bestellungen stiegen im Vergleich zum Vormonat um 4,3 Prozent, wie das US-Handelsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Analysten hatten mit einem Plus von 4,5 Prozent gerechnet. Im Februar waren die Aufträge um revidiert 0,5 Prozent (zuvor 0,6 Prozent) gestiegen.
Unter den Einzelwerten der Street standen Ölwerte im Blick der Investoren. Platzhirsch ExxonMobil hat dabei im Quartal überraschend besser abgeschnitten als erwartet. Der größte Ölproduzent der USA teilte mit, von Januar bis Ende März einen Gewinn in Höhe von 7,71 Milliarden Dollar (rund 6,80 Milliarden Euro) erzielt zu haben. Mit einem entsprechenden Gewinn je Aktie von 1,76 Dollar schnitt Exxon besser ab, als die Experten nach Daten von LSEG im Schnitt mit 1,73 Dollar pro Aktie gerechnet hatten.
Exxon profitierte dabei von einer höheren Produktion in Guayana und im Permian Basin im Südwesten der USA. Der Konzern hatte während des ersten Quartals Dividenden in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar gezahlt und für 4,8 Milliarden Dollar eigene Aktien zurückgekauft.
Der Ölkonzern Chevron dampft nach einem durch die US-Zollpolitik ausgelösten Einbruch der Ölpreise seine Aktienrückkäufe ein. Das Dow-Jones-Unternehmen werde im zweiten Quartal Aktien im Wert von rund 2,75 Milliarden Dollar (rund 2,4 Mrd. Euro) zurückkaufen, etwa 30 Prozent weniger als im Vorquartal, hieß es in einer heute veröffentlichten Mitteilung. Für die großen Ölkonzerne wird es zunehmend schwieriger, ihre Aktienrückkäufe aufrechtzuerhalten, der Preis für Brent-Rohöl ist in diesem Jahr um 17 Prozent gesunken.
Die US-Zölle dürften das Nachfragewachstum nach Rohöl bremsen und die Kosten für Stahl und andere Materialien, die für die Öl- und Gasförderung benötigt werden, erhöhen. Gleichzeitig überraschte die OPEC im vergangenen Monat mit dem Plan, die Ölproduktion noch in diesem Jahr stärker als erwartet zu erhöhen.
Im ersten Quartal brach der Gewinn um rund zwei auf 3,5 Milliarden Dollar ein. Dies resultierte aus einem schwächeren Ölförder- und -verarbeitungsgeschäft sowie niedrigeren Margen für raffinierte Produkte. Im Vergleich zum Vorquartal zeigte sich hingegen wieder eine etwas bessere Entwicklung. Das bereinigte Ergebnis je Aktie lag über den Erwartungen der Analysten.
Gute Vorgaben aus Übersee sowie vorsichtige Annäherungssignale im chinesisch-amerikanischen Zollstreit trieben heute den heimischen Aktienmarkt weiter an und sorgten für kräftige Gewinne sowie den achten Gewinntag in Folge. Überraschend gute Zahlen aus dem hochbewerteten US-Technologiesektor hatten an der Wall Street gestern schon für gute Laune gesorgt
Der DAX baute heute seine Gewinne im späten Geschäft noch aus und schloss bei 23.086 Punkten um 2,62 Prozent deutlich höher am Tageshoch. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte rückte deutlich um 2,05 Prozent vor auf 29.327 Zähler.
Weder die Turbulenzen um den weltweiten Zollkonflikt noch die laufende Quartalsberichtssaison scheinen den DAX derzeit aus dem Tritt zu bringen. Nach der von US-Präsident Donald Trump losgetretenen Zoll-Lawine Anfang April hat der Index den rund 18-prozentigen Kurseinbruch in einer V-förmigen Erholung mittlerweile überkompensiert und strebt wieder in Richtung Rekordhoch, das Mitte März bei 23.476 Punkten erreicht worden war.
Eine Entwicklung, die allerdings auch Risiken mit sich bringt. "Der DAX ist aktuell massiv überkauft, stürmt aber weiter nach oben", kommentiert ING-Experte Christian Zoller das Marktgeschehen. Eine Korrektur sei mehr als überfällig.
Im Zollstreit zwischen den USA und China deutet sich derweil eine vorsichtige Entspannung an. China hat sich nach Angaben des dortigen Handelsministeriums offen für Gespräche mit den USA gezeigt - und signalisierte damit zum ersten Mal eine mögliche Deeskalation im Handelsstreit.
Auf diese Nachricht reagieren die Anleger weltweit geradezu euphorisch, denn bei den derzeit hohen Zollsätzen von 145 beziehungsweise 125 Prozent droht der gesamt Handel der beiden Wirtschaftsgroßmächte zusammenzubrechen, mit ungeahnten Folgen.
Experten mahnen aber trotzdem zur Vorsicht: "Der inzwischen aufgekommene Optimismus und die Hoffnung auf ein Ende des Zollwahnsinns könnten verfrüht sein", warnt allerdings Stratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. Doch solche mahnenden Stimmen werden am deutschen Aktienmarkt derzeit nicht gehört.
In der neuen Woche geht die Unternehmensberichtssaison weiter. Allein aus dem DAX und dem MDAX dürften fast drei Dutzend Unternehmen über ihre jüngste Geschäftsentwicklung informieren.
Ansonsten sollten sich in der neuen Woche die Blicke auf die Sitzung der US-Notenbank (Fed) am Mittwoch richten. Nach den soliden Arbeitsmarktdaten für April steht die Fed nicht unter Druck, die Geldpolitik schnell lockern.
"Donald Trump dürfte das wohl weitere Zögern der Fed mit der nächsten Leitzinssenkung nicht gefallen", sagte Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck. "Die Fed will im gegenwärtig unsicheren Umfeld hinsichtlich der US-Importzölle und ihrer Folgen auf die Inflation erst mehr Klarheit", glaubt der Experte. Am kommenden Donnerstag entscheidet auch noch die Bank of England über die weitere Zinsentwicklung.
Der Euro hat anfängliche Gewinne am Abend wieder abgegeben und notierte zuletzt im US-Handel bei 1,1302 Dollar nahe Tagestief. Nach den US-Arbeitsmarktdaten zog der Euro zunächst moderat an, fiel dann aber wieder zurück.
Die Inflation im Euro-Raum lag im April wie schon im März bei 2,2 Prozent, wie das EU-Statistikamt Eurostat am späten Vormittag in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten mit einem Rückgang auf 2,1 Prozent gerechnet. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1343 (Mittwoch: 1,1373) Dollar fest
Die Ölpreise haben sich heute nach ihren Vortagsgewinnen kaum zunächst bewegt, zogen dann aber noch moderat an. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete zuletzt 61,69 Dollar. Das waren 0,8 Prozent mehr als am Vortag.
Drohungen der USA in Richtung des Irans hatten am Vortag die Ölpreise beflügelt. US-Präsident Donald Trump will alle Käufer iranischen Öls ab sofort mit Sanktionen belegen. Irans Öl-Kunden, seien es Personen oder Länder, dürften keine Geschäfte mit den USA mehr machen, teilte Trump auf seiner Plattform Truth Social mit. Zudem stabilisierte die Hoffnung auf eine Entspannung im Handelsstreit zwischen den USA und China die Preise.
Der Markt wartet jetzt auf die Entscheidungen des Ölverbunds Opec+. "Die Ölpreise dürften weiter nachgeben, wenn die OPEC+ Anfang der Woche eine weitere Produktionssteigerung im Juni in Aussicht stellt", kommentierten die Commerzbank-Analysten. "Gerüchten zufolge könnten die acht OPEC+-Staaten, die ihre Produktion zusätzlich gedrosselt haben, beschließen, im Juni den dritten Monat in Folge den Ölhahn aufzudrehen - und zwar wie im Mai abermals deutlich." Die Commerzbank verweist auf Unstimmigkeiten im Ölkartell.
Nach den jüngsten Verlusten war Gold zum Wochenschluss zunächst gefragt, konnte die Gewinne aber zuletzt nicht behaupten. Der Preis für die Feinunze Gold lag bei 3.233 Dollar nahezu unverändert. Damit notiert das gelbe Edelmetall über 250 Dollar unter seinem Rekordhoch, das es noch in der Vorwoche bei 3.500 Dollar aufgestellt hatte.
Zu den größten DAX-Gewinnern zählte die Airbus-Aktie mit einem Plus von über fünf Prozent. Der weltgrößte Flugzeugbauer ist trotz weniger Jet-Auslieferungen überraschend gut ins Jahr gestartet. Der Überschuss sprang im ersten Jahresviertel um ein Drittel auf 793 Millionen Euro nach oben.
Die Aussicht auf höhere KI-Ausgaben der Facebook-Mutter Meta triebt die Aktien von Siemens Energy an die DAX-Spitze. Die Titel des Energietechnikkonzerns, der vom wachsenden Strombedarf im Zuge des KI-Booms profitiert, steigen um rund 6,6 Prozent. Meta-Finanzchefin Susan Li hatte für 2025 Ausgaben in Höhe von 64 bis 72 Milliarden Dollar für neue Rechenzentren angekündigt.
Die BASF-Aktie gehörte nach einem Gewinneinbruch zu den wenigen DAX-Verlierern heute. Der weltgrößte Chemiekonzern verbuchte im ersten Quartal einen Gewinn von 808 Millionen Euro - gut 42 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Der Autobauer Mercedes-Benz will ein weiteres Modell in seinem US-Werk bauen. Ab 2027 soll in Tuscaloosa (Alabama) ein neues, auf US-Kunden angepasstes Fahrzeug des Mittelklasse-Segments "Core" produziert werden. Die Stuttgarter wollen damit nach eigenem Bekunden auch ihr Bekenntnis zum US-Markt unterstreichen.
Das Wachstum der wichtigen Cloud-Sparte von Amazon ist zum Jahresauftakt erneut hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Erlöse der Cloud-Tochter Amazon Web Services (AWS) stiegen um 17 Prozent auf 29,27 Milliarden Dollar. Das war das geringste Plus seit fünf Quartalen.
Apple rechnet allein für das laufende Quartal mit zusätzlichen Kosten von 900 Millionen Dollar wegen der Importzölle von US-Präsident Donald Trump. Für die Zeit danach wagte Konzernchef Tim Cook keine Prognose - "weil ich nicht sicher bin, was mit den Zöllen passiert". Apple ist Medienberichten zufolge dabei, die Produktion in Indien stark auszubauen. Apple-Papiere sackten heute gegen den Trend 3,74 Prozent ab und waren damit Schlusslicht im Dow Jones.
Tech-Milliardär Elon Musk hat einen großen Teil seiner Tesla-Aktien als Sicherheit für persönliche Kredite hinterlegt. Wie aus dem aktualisierten Jahresbericht des Elektroauto-Herstellers für 2024 hervorgeht, setzte Musk dafür knapp 236 Millionen Aktien ein. Musk wurden zum Stichtag 31. Dezember 2024 insgesamt knapp 715 Millionen Tesla-Aktien zugeschrieben.
Die USA verschärfen unter Präsident Donald Trump ihre Gangart gegen den Internetkonzern Google. Das US-Justizministerium rief heute ein Bundesgericht auf, die Abspaltung von Googles hoch profitabler Werbeplattform Ad Manager anzuordnen. Eine Richterin hatte vor rund zwei Wochen entschieden, Google habe ein illegales Monopol bei Werbetechnologien.
Die Regierung argumentiert, diwe Alphabet-Tochter Google kontrolliere insbesondere den Markt für sogenannte Bannerwerbung auf Internetseiten, Konkurrenten hätten damit keine Chance. Bundesrichterin Leonie Brinkema hatte den meisten Regierungsargumenten bereits am 17. April stattgegeben. Sie hielt es für nachgewiesen, dass sich Google über mehr als zehn Jahre eine Monopolstellung im Markt für Onlinewerbung verschafft habe.
Der Konzern hatte dagegen Rechtsmittel angekündigt. Ob Google seine Werbeprodukte tatsächlich verkaufen muss, soll in einem zweiten Verfahren ab September geklärt werden.