Eine Anzeigetafel am Flughafen München zeigt den Text "Aufgrund eins Streikaufrufes der Gewerkschaft UFO an das Lufthansa Kabinenpersonal kommt es zu ganztägigen Beeinträchtigungen im Flugverkehr. Wir bitten um Ihr Verständnis".
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Bahn, Flughäfen, ÖPNV Wer, wo, wann, wie lange - Streiks im Überblick

Stand: 15.03.2024 05:46 Uhr

Wer dieser Tage unterwegs sein muss, begibt sich unfreiwillig auf einen Abenteuertrip. Ob Bahn, Flugzeug oder ÖPNV - überall streikt gerade garantiert jemand. Natürlich auch diese Woche. Ein Überblick.

Die Ausgangslage

Lokführer, Flughafen-Sicherheitspersonal, Flugbegleiter, Busfahrer - gefühlt streikt gerade ständig irgendjemand im Verkehrssektor. Deutschland Streikland. Ganz so dramatisch ist es natürlich nicht, aber aufgrund der vielen Arbeitskämpfe in verschiedenen Bereichen kann leicht der Überblick verlorengehen. Vor allem Menschen, die einfach nur von A nach B kommen wollen, haben es in diesen Wochen schwer. Wer, wann, wo, wie lange und warum - ein kleiner Leitfaden bzw. Leidfaden:

Streiks an Flughäfen

Die Streikwelle an deutschen Flughäfen ebbt nicht ab. Auch für den heutigen Freitag hat die Gewerkschaft ver.di an mehreren Flughäfen das Luftsicherheitspersonal zum Ausstand aufgerufen. Betroffen sind die Flughäfen Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden, Leipzig sowie Karlsruhe/Baden-Baden.

In Hannover traten bereits am späten Donnerstagabend um 22.00 Uhr Beschäftigte für die Kontrolle von Fracht und Besatzungsmitglieder in den Streik. Um Mitternacht folgte das Personal der Passagierkontrolle. Der Streik soll schrittweise auf die anderen betroffenen Flughäfen ausgeweitet werden. In Hannover soll der Ausstand um 12.00 Uhr mittags enden. Bis dahin sind dort alle Abflüge gestrichen. Einige Airlines verlegten Starts auf Zeiten vor oder nach dem Streik oder weichen auf andere Flughäfen wie Braunschweig oder Paderborn aus. Ankommende Maschinen werden aber weiter abgefertigt.

Am Flughafen in München sollte um 6.00 Uhr ein mehr als 24-stündiger Streik enden. Passagiere müssten aber auch nach dessen Ende mit Verspätungen oder einigen Ausfällen rechnen.

Bereits am Donnerstag konnten Zehntausende Passagiere wegen Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals an fünf Flughäfen nicht wie geplant reisen. Der Streik an den Airports Berlin, Hamburg, Köln/Bonn, Stuttgart und Karlsruhe/Baden-Baden war bereits in der Nacht zu Donnerstag angelaufen. Beschäftigte in der Fluggastkontrolle, in der Personen- und Warenkontrolle, der Frachtkontrolle und in Servicebereichen legten ganztägig die Arbeit nieder.

Erst vergangene Woche waren in Frankfurt und Hamburg und in Düsseldorf sogar ohne Ankündigung das Sicherheitspersonal in den Ausstand getreten. Auch Personal- und Frachtkontrolleure am Flughafen Köln-Bonn streikten.

Hinzu kam der von ver.di angekündigte Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals. Dieser führte vor allem in Frankfurt und München zu erheblichen Einschränkungen im Luftverkehr. Da in Frankfurt und Hamburg auch die Luftsicherheitskräfte streikten, konnte hier niemand einchecken.

Ausstand bei der Lufthansa

Die Lufthansa befindet sich in mehreren Bereichen in Tarifkonflikten. Bis zum späten Mittwochabend hatte die Kabinengewerkschaft UFO etwa 19.000 Flugbegleiter der Lufthansa und der Lufthansa Cityline zum Streik aufgerufen. Am Dienstag war davon der Flughafen Frankfurt am Main betroffen, am Mittwoch folgte dann Airport München. Etwa 1.000 Flüge waren wegen des Ausstands ausgefallen.

Zusätzlich verkompliziert wird der Tarifkonflikt bei der Lufthansa durch die Konkurrenz von UFO und ver.di. Die 1992 gegründete Unabhängige Flugbegleiter-Organisation (UFO) vertritt als Spartengewerkschaft ausschließlich Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen vorrangig bei Condor und im Lufthansa-Konzern. In einzelnen Flugbetrieben konkurriert sie mit der DGB-Gewerkschaft ver.di, die ebenfalls das fliegende Personal organisieren will.

Am vergangenen Wochenende hatten die Beschäftigten der Frachttochter Lufthansa Cargo ihre Arbeit niedergelegt. Davor waren Lufthansa Technik, Lufthansa Aviation Training und Lufthansa Technical Training bestreikt worden. Das hatte für Reisende kaum Folgen, für den Konzern hingegen schon.

400 Flüge fallen wegen eines Streiks bei der Lufthansa in München aus

tagesschau, 13.03.2024 20:00 Uhr

Wie lange dauert das noch?

Schwer zu sagen, weil die Lage so unübersichtlich ist. Im Ringen um einen neuen Tarifvertrag für das Bodenpersonal der Lufthansa streben die Fluggesellschaft und ver.di eine Schlichtung an, nachdem auch bei der jüngsten Verhandlungsrunde kein Kompromiss erzielt werden konnte. Im Falle eines Schlichtungsverfahrens soll in dieser Zeit eine Friedenspflicht gelten.

Bei der Kabinengewerkschaft UFO wird nach der Urabstimmung jetzt erstmal gestreikt, die Lufthansa forderte zu Verhandlungen auf.

Stillstand bei der Bahn

Bei der Bahn rollen nach dem sechsten Streik der Lokführergewerkschaft GDL in der laufenden Tarifauseinandersetzung seit Mittwoch die Züge im Personenverkehr wieder. Im Güterverkehr hatte der Ausstand früher begonnen und endete bereits am Dienstagabend.

Die Bahn hatte bis zuletzt versucht, den Ausstand juristisch zu verhindern. Sie war damit jedoch gescheitert. Das Instrument des "Wellenstreiks" der GDL als "Nadelstichtaktik" sei zulässig, sagten die Richter.

Wie lange dauert das noch?

Unklar. Verhandelt wird derzeit nicht. Zwar lud die Bahn die Gewerkschaft um Claus Weselsky zu neuen Gesprächen ein, aber die lehnte ab. Die GDL fordert erst ein verbessertes Angebot der Bahn, bevor sie wieder zurück an den Verhandlungstisch kommt. Das wiederum lehnte die Bahn ab und verwies auf das Kompromisspapier der Moderatoren, das den Forderungen der GDL vor allem beim Knackpunkt Wochenarbeitszeit sehr nahe kommt. Eine formelle Schlichtung könnte den Knoten lösen, doch das wiederum lehnt die GDL ab.

Durch die Taktik der "Wellenstreiks", also Arbeitsniederlegungen ohne große Ankündigung und variierend in der Dauer, bleibt der Bahn kaum noch genug Zeit, um einen Notfahrplan zu erstellen. Ziel sei, dass "die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr" ist, hatte GDL-Chef Claus Weselsky vor einigen Tagen gesagt. Neue, kurzfristige Streiks sind also jederzeit möglich.

Streiks im Öffentlichen Nahverkehr

Zuletzt hatten in fast allen Bundesländern Warnstreiks im ÖPNV für erhebliche Verkehrsbehinderungen gesorgt. Ver.di verhandelt derzeit in 14 Bundesländern mit den Verkehrsunternehmen über neue Tarifverträge. In Nordrhein-Westfalen hat ver.di die Verhandlungen für die rund 30.000 Beschäftigten in den kommunalen Verkehrsbetrieben für gescheitert erklärt. Die Gewerkschaftsmitglieder sollen jetzt über unbefristete Streiks abstimmen. Im Saarland gibt es inzwischen einen Abschluss. Auch in anderen Bundesländern dürfte es in den nächsten Wochen Abschlüsse geben. Die Fronten gelten nicht überall als verhärtet.

Bis dahin müssen aber Fahrgäste in Hessen und Rheinland-Pfalz die Nerven behalten: In Frankfurt, Gießen und Wiesbaden stehen noch bis Samstag 3 Uhr die städtischen Busse und Bahnen still.

Und was wird aus den Osterferien?

Ob über Ostern das Reisen mit Zug oder Flugzeug wieder ohne Streik-Chaos möglich ist, steht in den Sternen. Wer keine Lust auf Abenteuerurlaub hat, sollte besser zu Hause bleiben. Das gilt insbesondere für Bahnreisen. GDL-Chef Weselsky hatte Streiks über Ostern nicht ausgeschlossen.

Ursula Mayer, HR, tagesschau, 12.03.2024 05:24 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. März 2024 um 14:00 Uhr.