
MINT-Report Fachkräftelücke könnte Investitionen verzögern
In den sogenannten MINT-Berufen fehlen in Deutschland viele Fachkräfte: Etwa 163.600 Arbeitsplätze sind unbesetzt, wie der nationale MINT-Report zeigt. Es fehlt vor allem im Bereich Energie und Elektro.
Die sogenannte MINT-Lücke am Arbeitsmarkt war schon mal deutlich größer. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Das sind aber keine guten Nachrichten für die deutsche Wirtschaft. Die konjunkturelle Abkühlung sorgt für weniger Nachfrage nach Arbeitskräften. Trotzdem gibt es weiter nicht genügend Fachkräfte in den MINT-Berufen. Das geht aus dem neuen nationalen MINT-Report hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt.
Aktuell können demnach 163.600 MINT-Arbeitsplätze nicht besetzt werden. Der Fokus verschiebt sich dabei immer stärker in Richtung der MINT-Facharbeiterberufe, die durch Berufsausbildung erlernt werden. Dort fehlen im April 2025 rund 89.600 Personen. Damit bilden die Facharbeiterberufe die größte Engpassgruppe. Erst dahinter folgen die Akademikerberufe mit etwa 56.600 fehlenden Arbeitskräften und die Meister- und Technikerberufe, in denen laut Studie rund 17.400 Stellen derzeit nicht besetzt werden können.
Unterschiede nach Branchen und Regionen
Die größte Nachfrage nach Arbeitskräften besteht mit etwa 57.800 offenen Stellen im Bereich der Energie und Elektroberufe. Aber auch bei Maschinen- und Fahrzeugtechnik (rund 32.400), den Bauberufen (rund 26.100), der Metallverarbeitung (rund 24.200) und der IT (rund 11.200) fehlen Fachkräfte.
Auf die Bundesländer gerechnet zeigt sich in allen Ländern ein Fachkräftemangel. Einige Bundesländer sind überdurchschnittlich betroffen. Das gilt für Bayern, alle Nordländer, Rheinland-Pfalz/Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt/Thüringen. Die Doppelnennungen und die Nordländer werden nur gemeinsam erfasst.
"MINT-Fachkräftelücke dringend schließen"
Laut Report könnten die fehlenden Fachkräfte die "ambitionierten" Ziele der Bundesregierung in den Bereichen Digitalisierung, Klimaschutz und Verteidigung gefährden. Der neue Koalitionsvertrag betone zurecht, dass Deutschland vor historischen Aufgaben stehe. "Um dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, muss die MINT-Fachkräftelücke dringend geschlossen werden", sagt der Leiter der Studie am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Axel Plünnecke. Ansonsten drohten Verzögerungen und Zielverfehlungen.
Für die angepeilte Erhöhung der Forschungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes benötige man beispielsweise rund 50.000 zusätzliche MINT-Fachkräfte. Für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Bereich Verteidigung steige der Bedarf auf weitere 30.000 bis 50.000 Fachkräfte. Und auch für Klimaschutz und Investitionen in die Infrastruktur seien zusätzliche MINT-Kräfte nötig.
Noch immer große Geschlechterlücke im MINT-Bereich
Um die Lücke zu schließen, schlagen die Studienautoren einige Maßnahmen vor. Zum einen müsse man die Potenziale von Frauen stärker heben. Nach der Schule seien Frauen auf dem MINT-Arbeitsmarkt deutlich unterrepräsentiert. Um das zu ändern, sei neben des Abbaus von Geschlechterklischees auch eine andere Schwerpunktsetzung nötig. Nicht nur der technische Aspekt der MINT-Fächer solle im Fokus stehen.
Junge Frauen zeigten insbesondere bei zukunftsrelevanten Themen wie dem Klimaschutz ein starkes Interesse. Weil dieses Interesse sich bisher aber nicht in den Ausbildungszahlen widerspiegele, solle die Relevanz von MINT-Fächern für Klimaschutzthemen klarer kommuniziert werden.
Anreize für ältere Beschäftigte und Arbeitsmigration
Außerdem sei es wichtig, das Potenzial von älteren Arbeitskräften zu heben. Deshalb sprechen sich die Autoren zum Beispiel dafür aus, "attraktive Anreize für einen späteren Renteneintritt" zu schaffen, damit mehr Menschen zwischen 65 und 69 Jahren im MINT-Bereich tätig blieben.
Angesichts des hohen Arbeitskräftebedarfs sei es außerdem dringend geraten, die Potenziale der Zuwanderung zu nutzen. Schon jetzt profitierten der MINT-Arbeitsmarkt und die Innovationskraft deutlich von der Migration. Der Anteil der Patentanmeldungen, die auf Menschen mit ausländischen Wurzeln zurückgeführt werde, liege aktuell bei einem Höchstwert von 13 Prozent. Eine weitere Entbürokratisierung von Fachkräfteeinwanderung sei dafür genauso wichtig wie Maßnahmen, um internationale Studierende gezielt für ein Studium und eine anschließende Erwerbstätigkeit in Deutschland zu gewinnen.