Innenleben einer Weterhütte

Wetterthema Wo kommen all die Daten her?

Stand: 21.09.2023 09:54 Uhr

Das Messnetz der Weltorganisation für Meteorologie mit ihren 190 Mitgliedsstaaten ist eines der erfolgreichsten Beispiele internationaler Zusammenarbeit.

Von Tim Staeger, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Wir Menschen beobachten das Wettergeschehen wohl schon seit Jahrtausenden, überliefert sind bis vor etwa 200 Jahren meist nur Extremereignisse wie Hochwasser, Dürren oder Sturmfluten. Erst seit etwa 300 Jahren werden zunächst nur vereinzelt und unregelmäßig auch Messungen meteorologischer Parameter erfasst.

Das erste systematisch betriebene Messnetz der Welt wurde 1781 von der Mannheimer Meteorologischen Gesellschaft ins Leben gerufen. Es umfasste 36 Stationen in Deutschland und dem europäischen Ausland, zwei in Massachusetts und eine auf Grönland. Es wurden hauptsächlich Temperatur, Luftdruck, Feuchte gemessen und zwar zu den heute noch gültigen Mannheimer Stunden um 7, 14 und 21 Uhr Ortszeit.

Im 19. Jahrhundert kamen dann Wetterballone hinzu, im 20. Jahrhundert wurden zusätzlich Messungen auf Schiffen und an Bord von Flugzeugen erhoben und ab 1950 verbreitete sich zudem das Wetterradar. Quasi einen Quantensprung machte die Wetterbeobachtung in den 60iger Jahren, als erste Wettersatelliten Daten aus dem All lieferten.

Heutzutage umfasst das globale Netz etwa 11.000 Bodenstationen an Land, die mindestens alle drei Stunden aktuelle Beobachtungen meteorologischer Parameter wie Luftdruck, Windgeschwindigkeit und Richtung oder Temperatur liefern. Um die Daten vergleichbar zu machen wird nach international gültigen Standards gemessen. Dafür werden die Messinstrumente in einer Wetterhütte untergebracht. Diese ist gut durchlüftet, weiß angestrichen um Aufheizung durch Sonneinstrahlung zu vermeiden und steht in hinreichendem Abstand zu Bäumen und Gebäuden auf freiem Feld. Der Deutsche Wetterdienst betreibt 180 hauptamtliche und etwa 1.800 nebenamtliche Wetterstationen, die teils von ehrenamtlichen Wetterbeobachtern betrieben werden, teils automatisiert sind.

Um Informationen aus der Vertikalen zu gewinnen, steigen weltweit täglich etwa 1.300 mit Radiosonden bestückte Wetterballons bis in über 30 km Höhe auf. Zudem gibt es ungefähr 4.000 Schiffe, die Messungen auf hoher See durchführen, etwa 1.000 davon melden täglich. Zudem befinden sich auf den Weltmeeren noch etwa 1.200 Bojen, die neben Wasser- und Lufttemperatur auf Wellen- und Meeresspiegelhöhen messen können. Im Auftrag des Deutschen Wetterdienstes funken rund 750 Handelsschiffe 255.000 Wettermeldungen jährlich.

Etwa 3.000 Verkehrsflugzeuge werden weltweit als Messplattform eingesetzt. Allein 300 Maschinen der Lufthansa sind mit speziellen Geräten des Deutschen Wetterdienstes bestückt und liefern neben der Temperatur und der Windgeschwindigkeit seit 2006 auch Feuchtedaten, die über das Bodenzentrum ins weltweite Kommunikationsnetz der Meteorologen weitegeleitet werden. Des Weiteren betreibt der DWD 17 Radarstationen, die auf Niederschlagsmessung spezialisiert sind. Dieser Radarverbund ist in den europäischen eingebunden, damit Niederschlagsgebiete auch bei Grenzüberschritten weiterverfolgt werden können. Bei den seit 2014 flächendeckend eingesetzten Geräten der neuesten Generation kann zwischen Regen, Schnee oder Hagel unterschieden werden. Die Radardaten sind für die Kurzfristvorhersage und für Unwetterwarnungen unverzichtbar. Dann kommen auch Blitzsensoren zum Einsatz, welche zusätzliche wertvolle Informationen über die Verlagerung von Gewittern liefern.

Last not least liefern Wettersatelliten ständig eine Datenflut aus dem All. Dabei werden Informationen aus dem sichtbaren und dem infraroten Spektralbereich ausgewertet, aus denen Wolkenbewegung, und damit auch indirekt Windgeschwindigkeiten abgeleitet werden können. Zudem können auch die Temperatur der Wolken- und der sichtbaren Erdoberfläche sowie der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre abgeleitet werden. Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Umlaufbahnen: die polumlaufenden Satelliten ziehen ihre Kreise in etwa 800 km Höhe und umrunden unseren Planeten in etwa 100 Minuten. Dagegen stehen geostationäre Satelliten, wie der Name schon sagt, in Bezug zur Erdoberfläche scheinbar still. Sie befinden sich in 35.880 km Höhe, wo ihre Umlaufgeschwindigkeit genau mit der Erddrehung schritt hält. Sie liefern immer denselben Bildausschnitt, wie beispielsweise METEOSAT 10 der genau über dem Äquator auf null Grad Länge stationiert ist.

Und wozu der ganze Aufwand? Zum einen fließen die Daten in die großen Wettermodelle ein, die auf Supercomputern die künftige Entwicklung prognostizieren. Alle sechs Stunden wird ein neuer sogenannter Computerlauf gestartet und der von dem aktuellen weltweiten Wetterzustand ausgehend in die Zukunft rechnet. Umso weiter man dabei in die Zukunft schaut desto weiter entfernte Vorgänge spiele eine Rolle, da in der Atmosphäre Wechselwirkungen über sehr große Distanzen wirken. Beispielsweise war der Ausfall und nachträglich gemeldete Nachstart eines Radiosondenaufstiegs vor der kanadischen Ostküste entscheidend mitverantwortlich für die Fehlvorhersage des Orkans Lothar, der am 25. Dezember 1999 über Süddeutschland fegte und schwere Schäden anrichtete.

Zum anderen lassen sich anhand weit zurückreichender Beobachtungsreihen Rückschlüsse

auf Klimaänderungen ziehen. Das meteorologische Observatorium Hohenpeißenberg im Voralpenland ist die älteste Bergwetterwarte der Welt und misst seit 1758 meteorologische Parameter, seit 1780 in ununterbrochen. Zudem wird das sogenannte Klimamonitoring aus dem All immer bedeutungsvoller, um Veränderungen auch an schwer zugänglichen Regionen wie beispielsweise dem arktischen Meereis zu erfassen und dadurch künftige Entwicklungen besser zu verstehen.