Kraniche in typischer Keilformation

Wetterthema Kranichzug

Stand: 20.11.2023 09:24 Uhr

Recht spät ziehen Kraniche nun in Massen Richtung Winterquartiere

Von Tim Staeger, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Jedes Jahr im Herbst sammeln sich die majestätischen Zugvögel aus Skandinavien kommend auf den Rastplätzen bei Stralsund, bei Linum, nordöstlich von Berlin. Dieses Jahr verweilten sie aufgrund der milden Witterung und ungünstiger Winde sehr lange dort. Doch vergangenen Freitag wurden über Hessen 104.600 Tiere gezählt. Der bisherige Rekord aus dem Oktober 2013 lag bei 81.650 Zugvögeln.

Man erkennt sie am Himmel an der typischen Keilformation des Trupps, die sich aus der optimalen Ausnutzung des Windschattens ergibt. Oft hört man aber zuerst die Trompetenartigen Laute der ausgewachsenen Tiere, die aus Flughöhen zwischen 150 Metern bei bedecktem Himmel und bis etwa 300 Metern bei klarem Wetter deutlich hörbar herab schallen. Hohes Piepsen zwischen den Trompetenrufen stammt übrigens nicht von Singvögeln, die quasi als Trittbrettfahrer mitfliegen, wie man früher dachte, sondern vom Kranich-Nachwuchs.

In den vergangenen Wochen herrschten häufig vorwiegend ungünstige Winde aus südwestlichen Richtungen vor, also Gegenwind, weswegen bisher nur wenige Kraniche zum Weiterflug aufgebrochen waren. Jetzt jedoch nutzen die Tiere windschwache Zwischenhochphasen, um in Massen ihre Reise in den warmen Süden fortzusetzen.

Der nächste große Rastplatz auf der Reise in die Winterquartiere ist der zwischen Reims und Nancy gelegene Lac du Der-Chantecoq, der mit 45 Quadratkilometern größte Stausee Frankreichs. Wenn das Wetter passt geht es dann weiter zum nächsten Rastplatz, der Laguna de Gallocanta südlich von Saragossa in Nordspanien.

Kranichzug

Der Zeitpunkt des Kranichzuges ist stark vom Wetter abhängig, denn die Vögel ziehen bei schwachem oder idealerweise bei Rückenwind, also wenn er aus nordöstlichen Richtungen weht. In den kommenden Tagen kommt der Wind jedoch weiterhin oft aus südwestlichen Richtungen, dann müssen die Tiere wohl vermehrt rasten und auf das nächste günstige Zeitfenster warten.

Passt das Wetter, so kommt es vor allem nach einer längeren ungünstigen Witterung wie aktuell zu den sogenannten Massenzügen. Dann kann man hierzulande in dem relativ engen Zugkorridor an einem Tag mitunter zehntausende, oder wie vergangenen Freitag sogar über 100.000 Kraniche am Himmel bewundern. In der Regel kommt es pro Saison zu drei bis vier solcher Massenzüge.