Gewitterwolken über der Skyline von Frankfurt/Main

Schäden in vielen Bundesländern Schwere Unwetter über Deutschland

Stand: 23.06.2023 14:41 Uhr

Überflutete Straßen und Keller, umgestürzte Bäume: Heftige Unwetter sind über Teile Deutschlands gezogen. Die Feuerwehr musste zu Tausenden Einsätzen ausrücken. Es gibt noch Beeinträchtigungen im Zugverkehr.

Mit Tief "Lambert" sind Unwetter über weite Teile Deutschlands gezogen. Bäume kippten um, Straßen waren überflutet, Keller liefen voll. Der Verkehr auf Straßen, Schienen und in der Luft ist teils beeinträchtigt. Insgesamt verlief die Unwetter-Nacht aber eher glimpflich.

Entwarnungen und Aufräumarbeiten nach schwerem Unwetter

Jakob Schaumann, HR, tagesschau, 23.06.2023 16:00 Uhr

Bahn stellt Züge für Gestrandete zur Verfügung

Der Zugverkehr ist nach Angaben der Deutschen Bahn noch beeinträchtigt. Derweil ist die Zugstrecke zwischen Berlin und Hamburg wieder zweigleisig befahrbar. Das sagte eine Sprecherin. Nach dem Unwetter in der Nacht zu Freitag war die Strecke zunächst gesperrt worden, sämtliche Züge wurden über Stendal umgeleitet. Am Vormittag war es bereits wieder möglich, sie zumindest eingleisig zu benutzen. Auch die Strecke Kassel-Göttingen ist nach Bahnangaben wieder zweigleisig zu befahren. Sie war ebenfalls zunächst gesperrt und danach am Morgen eingleisig freigegeben worden. In beiden Fällen seien Verspätungen allerdings weiter möglich.

Fahrgäste, die ihre vom 22.06. bis 23.06.2023 geplante Reise aufgrund des Unwetters verschieben möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen, teilte die Bahn auf ihrer Internetseite mit. Die Zugbindung sei aufgehoben. Das Ticket gelte dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden, hieß es dort weiter.

Für gestrandete Fahrgäste hatte die Bahn am Donnerstagabend in mehreren deutschen Städten Züge zum Übernachten zur Verfügung gestellt. In Berlin, Bremen, Frankfurt am Main, Göttingen, Hamburg, Hannover und Kassel wurden nach Angaben einer Bahnsprecherin entsprechende Züge eingesetzt.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartet für Freitag im Norden und Osten Deutschlands noch gebietsweise Starkregen sowie im Osten und an den Alpen einzelne Gewitter. Das Gewittertief ziehe nach Polen ab, in der Nacht zum Samstag klinge der Regen auch im Südosten und Osten ab.

Einschränkungen im Flugverkehr

An mehreren Flughäfen landeten oder starteten Flüge aufgrund der Unwetter mit Verspätungen oder sie mussten ganz gestrichen werden. Ein Sprecher des Flughafens in München teilte mit, dass seit dem frühen Donnerstagabend bis in die Nacht etwa 20 Verbindungen umgeleitet werden mussten. 60 Flüge wurden demnach annulliert. Noch bis zum Freitagmittag müsste mit Verzögerungen gerechnet werden.

Auch an den Flughäfen in Frankfurt und Düsseldorf mussten einige Flüge abgesagt werden. In Düsseldorf musste der Flugbetrieb am Donnerstagabend kurzzeitig eingeschränkt und die Abfertigung der Flugzeuge unterbrochen werden.

"Schäden sind massiv", Isabell Kramer, HR, zu den Aufräumarbeiten nach schwerem Unwetter

tagesschau24, 23.06.2023 15:00 Uhr

Hessen

Über Hessen brachte Tief "Lambert" starken Regen, Wind und Hagel. Das Unwetter traf besonders Kassel schwer. Dort war zwischenzeitlich der Betrieb von Bussen und Bahnen komplett eingestellt worden. Diese Maßnahme war am Donnerstagnachmittag aus Sicherheitsgründen gewählt worden, hatte die Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) mitgeteilt. "Stürmische Böen, extreme Regenfälle und Hagelschauer hatten zum Beispiel zu überfluteten Straßen und Gleisen, auf Gleise oder Oberleitungen gestürzte Äste und Bäume geführt, die die Fahrwege blockiert haben, so die KVG. Inzwischen fahren einige Linien wieder.

Im Frankfurter Vorort Sindlingen wurden mehrere Autos durch umgestürzte Bäume schwer beschädigt. "Die Leute haben ein Riesenglück gehabt", sagte ein Feuerwehrsprecher angesichts der regelrecht platt gedrückten Fahrzeuge in einem Wohngebiet. Gewitter wüteten am Abend auch in Hattersheim. Zahlreiche Bäume stürzten dort auf Häuser und Autos, laut Feuerwehr bestand hier Tornado-Verdacht.

Nordrhein-Westfalen

Die bundesweit höchsten Regenwerte wurden nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) im nordrhein-westfälischen Sassendorf verzeichnet, wo innerhalb von 24 Stunden 102 Liter Niederschlag pro Quadratmeter vom Himmel prasselten. Auch Gelsenkirchen und Dortmund waren mit 95 beziehungsweise 94 Litern pro Quadratmeter besonders betroffen. Die teils heftigen Regenfälle und Gewitter hatten am frühen Abend NRW erreicht. Zeitweise galten Unwetterwarnungen der höchsten Stufe.

In NRW rückten Helferinnen und Helfer während des vergangenen Unwetters zu rund zweieinhalbtausend wetterbedingten Einsätzen aus. "Die beteiligten Stellen waren gut vorbereitet und waren Tag und Nacht da, wo sie sein mussten", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst. Es sei zunächst zu keinen "außergewöhnlich großen Schadensereignissen" gekommen, unterstrich Wüst. Die Helfer seien vor allem mit umgestürzten Bäumen, vollgelaufenen Kellern, Straßenräumungen und vermehrten Verkehrsunfällen konfrontiert gewesen. Auch am Freitagvormittag waren die Einsätze demnach mancherorts noch nicht abgeschlossen.

So gab es in Duisburg in der Nacht mindestens 420 Einsätzen der Feuerwehr. Dabei handelte es sich um vollgelaufene Keller, überschwemmte Straßen und umgestürzte Bäume, sagte ein Sprecher. Einige Menschen seien in ihren Fahrzeugen eingeschlossen worden und hätten befreit werden müssen. Mehrere Straßen im Stadtgebiet von Duisburg waren wegen Überflutung nicht mehr befahrbar. In Bad Berleburg im Kreis Siegen prasselten golfballgroße Hagelkörner vom Himmel.

Rheinland-Pfalz

Auch über Rheinland-Pfalz zogen Gewitter mit Starkregen und Wind. In Neuwied ließ der starke Regen ein sich im Bau befindliches Regenrückhaltebecken überlaufen, das zu brechen drohte. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk pumpten die 4000 Kubikmeter aus dem Becken, damit die dahinter liegende Straße nicht überflutet wird. Anwohner wurden vorsorglich evakuiert.

Niedersachsen

Das Unwetter-Tief sorgte auch in einigen Regionen Norddeutschlands zu vielen Feuerwehr-Einsätzen, vor allem Braunschweig war betroffen. Rund 4500 Notrufe und mehr als 1000 Einsätze zählte die Feuerwehr dort bisher wegen des Unwetters in der Nacht. Diese Dimension sei "einmalig in der jüngeren Geschichte", sagte Feuerwehr-Fachbereichsleiter Torge Malchau in einer Pressekonferenz. Extremer Starkregen hat für außergewöhnlich viele überflutete Keller und Straßen gesorgt. "Das ist eine Lage, mit der wir es so noch nicht zu tun hatten", sagte auch Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD). Bis zu 1000 Kräfte seien zwischenzeitlich im Einsatz gewesen, allein 300 aus benachbarten Landkreisen. Noch immer seien rund 400 Helferinnen und Helfer vor Ort.

Auch in Göttingen rückten Polizei und Feuerwehr nach eigenen Angaben zu mehreren Einsätzen aus, etwa weil Keller vollgelaufen waren. Ein Konzert des britischen Sängers Sting im niedersächsischen Lingen wurde abgesagt.

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern

Im Landkreis Harz liefen zahlreiche Keller voll. Der Landkreis meldete insgesamt 228 Unwetter-Einsätze. "Die Anrufe gingen nahezu minütlich ein. Vor allem Starkregen und Hagel haben die Einsatzkräfte der Feuerwehren in Atem gehalten", berichtete Christian Wenig, Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle. Unfälle und Verletzte habe es aber nicht gegeben. In Havelberg bei Stendal in Sachsen-Anhalt schlug ein Blitz in ein Haus ein und setzte den Dachstuhl in Brand, wie die Polizei mitteilte. Der Schaden beträgt rund 50.000 Euro.

Auch in Sachsen sorgten kräftige Gewitter in der Nacht für Einsätze der Feuerwehr gesorgt. Bäume stürzten um, Unterführungen und Keller liefen voll Wasser, Gullideckel wurden hoch gedrückt. Vereinzelte Gewitter gab es am Abend über Bayern. Im oberbayerischen Valley gingen golfballgroße Hagelkörner nieder.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD Morgenmagazin am 23. Juni 2023 um 05:30 Uhr.