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Nahost-Krieg ++ Hamas meldet Tod von drei Geiseln ++

Stand: 12.02.2024 21:52 Uhr

Die militant-islamistische Hamas behauptet, dass drei israelische Geiseln infolge eines Luftangriffs gestorben sind. Obwohl das UN-Palästinenser-Hilfswerk in die Kritik steht, will dessen Chef nicht zurücktreten. Der Liveblog von Montag zum Nachlesen.

12.02.2024 • 22:46 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Die USA halten eine Vereinbarung zur Freilassung von im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln weiterhin für möglich. "Wir glauben, dass ein Abkommen möglich ist und wir werden das weiter verfolgen", sagte Außenamtssprecher Matthew Miller. Aus informierten Kreisen hieß es, dass der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, am Dienstag in Kairo zu neuen Gesprächen über eine von Katar vermittelte Vereinbarung erwartet wird.

Der jordanische König Abdullah II. ist zu einem Besuch in Washington eingetroffen. Präsident Joe Biden empfing den König im Weißen Haus zu Gesprächen, bei denen es auch um die Befreiung der im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln und die befürchtete israelische Bodenoffensive in der Grenzstadt Rafah gehen sollte. Es war das erste Gespräch der Verbündeten seit den tödlichen Drohnenangriff auf einen US-Stützpunkt in Jordanien Ende Januar.

12.02.2024 • 20:23 Uhr

Israel verwehrt UN-Vertreterin Einreise wegen Social-Media-Post

Israel will einer UN-Vertreterin wegen eines Posts in den sozialen Medien zu den Motiven der militant-islamistischen Hamas bei deren Terrorangriff vom Oktober die Einreise verweigern. Die UN-Sonderberichterstatterin für die Palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese, hatte am Wochenende auf der Plattform X geschrieben, die Hamas habe am 7. Oktober Israelis nicht getötet, weil sie Juden gewesen seien, sondern "als Reaktion auf die Unterdrückung durch Israel". Sie reagierte mit dem Post auf eine Beschreibung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der den Angriff das "größte antisemitische Massaker unseres Jahrhunderts" genannt hatte.

Der Post von Albanese sorgte in Israel für einen Aufschrei. Der israelische Außenminister Israel Katz und der Innenminister Mosche Arbel teilten mit, Albanese dürfe jetzt nicht mehr einreisen. Albanese reagierte darauf, indem sie bei X mitteilte, sie und vorherige Inhaber ihres Postens bei den UN dürften schon seit 2008 nicht nach Israel einreisen. Die Ankündigung aus Israel dürfe "nicht zur Ablenkung von Israels Gräueltaten im Gazastreifen werden".

Auch die Außenministerien Deutschlands und Frankreichs hatten sich zuvor empört über eine Aussage Albaneses geäußert. "Die schrecklichen Terroranschläge vom 7. Oktober zu rechtfertigen und ihren antisemitischen Charakter zu leugnen, ist entsetzlich", hatte das Auswärtige Amt auf der Plattform X geschrieben.

Die USA versuchen nach Regierungsangaben mehr Informationen über Berichte zu erhalten, die radikal-islamistische Hamas habe unter dem Hauptquartier der UN-Flüchtlingshilfe UNRWA einen Kommandoposten betrieben. Dazu habe man sich an Israel und das UNRWA gewandt, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Zu den jüngsten israelischen Luftangriffen auf Rafah heißt es, die USA gingen nicht davon aus, dass diese der Anfang einer größeren Offensive sei. In Rafah hielten sich Bataillone der Hamas auf.

Die Vereinten Nationen sind skeptisch, bei einer Evakuierung von Zivilisten aus der Stadt Rafah im Gazastreifen wie von Israel gefordert zu helfen. Alles, was im südlichen Teil der Region an der Grenze zu Ägypten passiere, müsse unter voller Achtung des Schutzes der Zivilbevölkerung stattfinden, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York. "Wir werden uns nicht an der Vertreibung von Menschen beteiligen." 

Zudem stellte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres infrage, dass es in anderen Gebieten des Gazastreifens sichere Zufluchtsstätten gebe - auch weil dort viele Blindgänger eine Gefahr darstellten: "an kann Menschen nicht in Gebiete zurückschicken, die mit nicht explodierten Kampfmitteln übersät sind, ganz zu schweigen davon, dass es dort an Unterkünften mangelt." Zuvor hatte Israels Regierung die in der Region tätigen UN-Organisationen dazu aufgefordert, bei der Evakuierung von Zivilisten aus Rafah zu helfen.

Der Chefstaatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, zeigt sich tief besorgt wegen der israelischen Angriffe auf das mit Flüchtlingen überfüllte Rafah. Er weist im Kurznachrichtendienst X darauf hin, dass der Gerichtshof alle mutmaßlichen Verbrechen im Gazastreifen untersuche.

Verantwortliche für Verbrechen würden zur Rechenschaft gezogen. Khan fordert erneut die sofortige Freilassung der israelischen Geiseln. Auch die Verschleppung der Israelis sei Gegenstand der Ermittlungen.

Die radikal-islamische Hamas hat den Tod von drei israelischen Geiseln bekanntgeben. Sie seien Verletzungen erlegen, die sie bei israelischen Luftangriffen erlitten hätten, heißt es in einer Erklärung der Terrororganisation. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Insgesamt seien bei dem Angriff acht Israelis verletzt worden. Die Namen der Toten würden erst veröffentlicht, "wenn das Schicksal der übrigen Verletzten klar ist", heißt es weiter.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Großbritannien hat sich besorgt über einen möglichen israelischen Militäreinsatz in Rafah gezeigt und eine sofortige Kampfpause gefordert. Es sei unmöglich sich vorzustellen, wie man angesichts der zahlreichen Flüchtlinge in dem Ort an der Grenze zu Ägypten einen Krieg führen könne, sagte der britische Außenminister David Cameron bei einem Besuch in Schottland.

"Es gibt keinen Ort, an den sie gehen können. Sie können nicht nach Süden nach Ägypten, sie können nicht nach Norden und zurück in ihre Häuser, weil viele zerstört wurden", sagte Cameron. "Deshalb sind wir sehr besorgt über die Situation und möchten, dass Israel innehält und ernsthaft darüber nachdenkt, bevor es weitere Maßnahmen ergreift", mahnte der frühere Premierminister. "Vor allem aber wollen wir eine sofortige Kampfpause."

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat den Umfang internationaler Waffenlieferungen an Israel infrage gestellt. In Brüssel verwies er auf die Aussage von US-Präsident Joe Biden vergangene Woche, die israelische Reaktion auf den Angriff der Hamas sei überzogen ("over the top").

"Wenn man der Meinung ist, dass zu viele Menschen getötet werden, sollte man vielleicht weniger Waffen liefern, um zu verhindern, dass so viele Menschen getötet werden", sagte Borrell. "Wenn die Staatengemeinschaft der Meinung ist, dass es sich um ein Gemetzel handelt, dass zu viele Menschen getötet werden, dann müssen wir vielleicht über die Bereitstellung von Waffen nachdenken."

Borrell kritisierte, es sei zu wenig, wenn Staaten Delegationen nach Tel Aviv schickten und Israel darum bäten, nicht so viele Zivilpersonen zu töten. "Wie viel ist zu viel? Was ist der Maßstab?", fragte Borrell. "Netanyahu hört auf niemanden."

Der Leiter des UN-Flüchtlingshilfswerks für die Palästinenser (UNRWA), Philippe Lazzarini, hat nach eigenen Angaben keine Rücktrittspläne. Das Hilfswerk war nach Berichten in die Kritik geraten, einige Mitarbeiter hätten sich am Angriff auf Israel beteiligt.

Nach israelischen Berichten über eine Beteiligung von zwölf der 13.000 Mitarbeiter des UNRWA für den Gazastreifen an der beispiellosen Terrorattacke auf Israel am 7. Oktober hatten mehrere Länder ihre Zahlungen an die Organisation eingestellt. Das UNRWA entließ die beschuldigten Mitarbeiter. Insgesamt wurden Zahlungen im Umfang von mehr als 400 Millionen Euro ausgesetzt, fast die Hälfte des UNRWA-Budgets für 2024.

Lazzarini befand sich heute in Brüssel, um für die Entwicklungspolitik zuständige Minister über den Bedarf seiner Einrichtung und die gegen sie gerichteten Vorwürfe zu informieren.

Christian Wagner, ARD Tel Aviv, tagesschau, 12.02.2024 17:54 Uhr

Die Menschen im Gazastreifen werden sich nach Einschätzung der Welternährungsorganisation FAO auf längere Zeit nicht selbstständig ernähren können. Vor dem Krieg habe es eine solide Kleinviehhaltung sowie Obst- und Gemüseanbau zur Selbstversorgung gegeben; die meisten Tierbestände, aber auch Strukturen wie Gewächshäuser seinen nun "praktisch zerstört", erklärte die stellvertretende FAO-Generaldirektorin, Beth Bechdol, in Rom.

Mit Blick auf die Ernährungslage sprach Bechdol von einer "beispiellosen Situation". Die gesamte Bevölkerung von mehr als zwei Millionen Einwohnern lebe in einer der drei obersten Kategorien der internationalen Hungerkrisen-Skala - akuter Hunger, humanitäre Notlage oder hungersnotähnliche Zustände. Nach FAO-Schätzung sei etwa ein Viertel der Bewohner vom Verhungern bedroht. "Mit jedem Tag, den keine Lösung für den Konflikt, ein Waffenstillstand oder ein anderes Ende der Feindseligkeiten gefunden wird, hungern mehr Menschen", sagte Bechdol.

Sie warf Israel vor, selbst Tierfutter-Lieferungen in den Gazastreifen behindert zu haben. Dabei stellten ein paar Hühner, Schafe und Ziegen für viele Familien ein Wirtschaftsgut dar und lieferten eine wichtige Proteinquelle besonders für Kinder.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Israels Armee vorgeworfen, in der Stadt Rafah rechtswidrig Häuser angegriffen und dabei etliche unschuldige Menschen getötet zu haben. Bei vier Bombardements seien im Dezember und im Januar mindestens 95 Zivilisten getötet worden, teilte Amnesty International mit.

Die Organisation habe keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass es sich bei den Gebäuden oder den Bewohnern darin um legitime militärische Ziele gehandelt habe. Alle vier Angriffe seien "wahrscheinlich direkte Angriffe" auf Zivilisten und zivile Objekte gewesen. Sie müssten als Kriegsverbrechen untersucht werden, forderten die Menschenrechtler. Israels Armee soll die Bewohner nach Erkenntnissen von Amnesty nicht wirksam oder gar nicht vor den Angriffen gewarnt haben.

Die Türkei hat Israel nach Angriffen im Bereich der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens eine gezielte Vertreibung von Palästinensern vorgeworfen. "Wir betrachten diese Operation als Teil eines Plans zur Vertreibung der Menschen in Gaza aus ihrem eigenen Land", teilte das Außenministerium in Ankara mit. Man sei "äußerst besorgt" über die zunehmenden Angriffe in der Region Rafah. Damit werde die humanitäre Tragödie in Gaza noch verschärft und Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand in der Region untergraben

Großbritannien hat vier Israelis mit Sanktionen belegt. Die Siedler seien im besetzten Westjordanland an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen, teilt das Außenministerium in London mit. Die Betroffenen dürfen nicht nach Großbritannien einreisen, außerdem sind finanzielle Einschränkungen gegen sie verhängt worden.

"Extremistische israelische Siedler bedrohen Palästinenser (...) und zwingen sie, ihr rechtmäßiges Land zu verlassen", erklärte Außenminister David Cameron. Die israelische Regierung müsse der Gewalt der Siedler ein Ende setzen. "Zu oft sehen wir gemachte Zusagen und gegebene Versprechen, die jedoch nicht eingehalten werden."

CDU-Chef Friedrich Merz hat der israelischen Regierung bei einem Besuch in Jerusalem die volle Unterstützung seiner Partei beim Vorgehen im Krieg gegen die Hamas versichert. "Mein Eindruck ist, dass die israelische Regierung alles tut, um die Zivilbevölkerung zu schützen", sagte Merz nach einem Gespräch mit Premierminister Benjamin Netanyahu mit Blick auf die Kämpfe im Gazastreifen. Die Zivilbevölkerung werde von der Hamas auch als Schutzschild missbraucht.

Merz wird bei seinem zweitägigen Besuch unter anderem auch Präsident Izchak Herzog und Außenminister Israel Katz treffen.

Nach Angaben der israelischen Regierung soll die militant-islamistische Hamas während der andauernden Kämpfe im Gazastreifen die Hälfte ihrer Streitkräfte verloren haben. Dabei seien mehr als 12.000 Bewaffnete getötet und eine große Zahl verwundet oder gefangen genommen worden.

"Wir sprechen von drei Vierteln der Hamas-Bataillone, die zerschlagen wurden (...) und über 12.000 getöteten Terroristen", sagte Regierungssprecher Eylon Levy. "Wenn man die Zahl der verwundeten oder festgenommenen Terroristen berücksichtigt, ist das mehr als die Hälfte der Hamas-Kampftruppe, die außer Gefecht gesetzt wurde."

Karte: Gazastreifen, schraffiert: von der israelischen Armee kontrollierte Gebiete

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee

Seit Beginn der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen sollen mehr als 12.300 Minderjährige getötet worden sein. Bei etwa 8.400 der insgesamt 28.340 Getöteten handele es sich um Frauen, teilte das von der militant-islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen laut der Nachrichtenagentur AP mit.

Den Angaben zufolge waren etwa 43 Prozent der Todesopfer im Gazastreifen minderjährig. Den Daten des Ministeriums zufolge machten Frauen und Minderjährige zusammen 73 Prozent der Todesopfer aus. Zugrunde lag eine frühere Angabe von insgesamt 28.176 Toten. Das Ministerium unterscheidet in seiner Statistik nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Israel hat die Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen dazu aufgefordert, bei der Evakuierung von Kriegszonen im Gazastreifen zu helfen. "Wir drängen die UN-Behörden zur Kooperation", sagte ein israelischer Regierungssprecher. "Sagen Sie nicht, dass das nicht geht. Finden Sie gemeinsam mit uns einen Weg."

Die EU plant für dieses Jahr weltweite humanitäre Hilfeleistungen im Umfang von 1,8 Milliarden Euro. Das teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich das Gesamtvolumen leicht. Für den Bereich Nahost und Nordafrika sind unter Verweis auf die "extremen humanitären Bedürfnisse in Gaza und der palästinensischen Bevölkerung" sowie anhaltende Krisen in Syrien, Libanon und Jemen rund 470 Millionen Euro vorgesehen, etwa 88 Millionen mehr als 2023.

Bei einem israelischen Drohnenangriff ist nach Angaben der Hisbollah im Libanon eines ihrer ranghohen Mitglieder getroffen worden. Das bestätigte die Miliz der Nachrichtenagentur dpa. Die Drohne habe auf ein Auto im Dorf Bint Dschbail im Süden des Landes gezielt. Bei dem Angriff sei Mohammed Aliwajih getroffen worden, bei der Hisbollah verantwortlich für die Region Marun al-Ras nahe der libanesisch-israelischen Grenze. Aliwajih sei lebensgefährlich verletzt worden.

Israels Armee teilte mit, Kampfjets hätten eine Reihe von Zielen der Hisbollah in der Grenzregion angegriffen. Diese hätten in der Gegend von Marun al-Ras auch ein Fahrzeug getroffen. In diesem hätten sich "Terroristen der Hisbollah" befunden. Die Armee habe auch Infrastruktur und Militäranlagen nahe der Grenze getroffen und zerstört.

Deutschland hat die israelische Regierung angesichts der angekündigten Militäroffensive in Rafah im südlichen Gazastreifen erneut eindringlich zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung dort aufgerufen. "Wir sind angesichts der Lage in Rafah sehr besorgt. Dort sind ja über eine Million Menschen auf sehr engem Raum, (...) die dort Schutz suchen vor den Militäroperationen und die im Grunde ja nirgendwo anders mehr hin können", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin.

Es gelte, was Außenministerin Annalena Baerbock schon am Wochenende erklärt habe: Bevor es zu weiteren größeren Offensiven auf Rafah gegen die Hamas kommen sollte, müsse Israel klar darlegen, "wo und wie diese Menschen Schutz finden können - und zwar effektiven Schutz finden können". 

Ein Gericht in Den Haag hat die niederländische Regierung angewiesen, die Ausfuhr von Teilen des Kampfjets F-35 nach Israel zu stoppen. Es bestehe eindeutig die Gefahr von Verstößen gegen das Völkerrecht. Drei Menschenrechtsorganisationen hatte im Dezember eine Zivilklage gegen die Niederlande eingereicht und argumentiert, die Behörden müssten die Exportgenehmigung angesichts der israelischen Militäraktionen im Gazastreifen neu bewerten. Sie argumentierten, die Lieferung von Flugzeugteilen mache die Niederlande mitschuldig an möglichen Kriegsverbrechen, die Israel in seinem Krieg gegen die radikalislamische Hamas begehe.

Zuvor hatte im Januar ein untergeordnetes Gericht der Regierung erlaubt, weiterhin Teile aus US-Besitz nach Israel zu schicken. Richter des Berufungsgerichts in Den Haag hoben dieses Urteil jetzt auf und wiesen die Regierung an, die Ausfuhren innerhalb von sieben Tagen einzustellen. Gegen die Entscheidung kann Berufung eingelegt werden.

Die militant-islamistischen Huthi-Rebellen im Jemen bekennen sich zum Angriff auf ein Handelsschiff im Roten Meer. Es handele sich um die "Star Iris", sagt ihr Militärsprecher Jahja Sari im Fernsehen. Er spricht von einem amerikanischen Schiff. Allerdings zeigen die internationalen Schifffahrtsdaten, dass der unter der Flagge der Marshallinseln fahrende Frachter einen griechischen Besitzer hat.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat die Lage in Rafah im Süden des Gazastreifen als "schrecklich" bezeichnet. "Mir fallen eigentlich keine Worte mehr ein, wie man die Situation zurzeit beschreiben kann", sagte Türk im Morgenjournal des österreichischen Senders Ö1. In Rafah lebten heute 1,4 Millionen Menschen, vor Beginn der israelischen Angriffe seien es 300.000 gewesen. Die Menschen hätten dort nicht genügend zu essen, und viele hätten erlebt, dass Familienangehörige getötet wurden. "In so einer Situation noch einen Angriff zu führen, da frage ich mich schon: Was muss noch passieren?", sagte Türk.

Das UN-Menschenrechtsbüro betrachte die Lage mit größter Sorge. "Die kollektive Bestrafung der Palästinenser, vor allem auch die Abkoppelung von humanitärer Hilfe, ist eine Verletzung des humanitären Völkerrechts", sagte Türk. "Ich habe sehr schwerwiegende Bedenken, dass das, was sich vor unseren Augen abspielt, noch verhältnismäßig ist."

Die Zahl der Todesopfer bei den israelischen Angriffen auf Rafah im Süden des Gazastreifens ist nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums auf mindestens 67 geklettert. Die Zahl könne noch steigen, da die Rettungsarbeiten noch andauerten, teilt das von der militant-islamistischen Palästinenser-Gruppe Hamas kontrollierte Ministerium mit. Zuvor war von 48 Toten die Rede gewesen.

Ein Foto vom Ort des Geschehens zeigte ein riesiges Trümmerfeld mit zerstörten Gebäuden. Einwohnern zufolge wurden bei den mehr als einstündigen Angriffen israelischer Kampfflugzeuge, Panzer und Schiffe zwei Moscheen und mehrere Häuser getroffen.

Israel wird laut Ministerpräsident Benjamin Netanyahu keine Gelegenheit auslassen, weitere Geiseln im Gazastreifen zu befreien. Für eine Befreiung aller Geiseln sei anhaltender militärischer Druck bis zum "vollständigen Sieg" über die Hamas notwendig, sagt Netanyahu weiter. Er äußert sich, nachdem israelische Spezialkräfte bei einem Einsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens zwei Geiseln befreit hatten.

Bei israelischem Beschuss der Stadt an der Grenze zu Ägypten, wo sich mehr als eine Million Menschen aufhalten, wurden nach Angaben der von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Behörden zahlreiche Menschen getötet.

Bei den in einer Spezialoperation im südlichen Gazastreifen befreiten Geiseln soll es sich um israelisch-argentinische Doppelstaatsbürger handeln. Das geht aus einem Beitrag des argentinischen Präsidenten Javier Milei auf X, vormals Twitter, hervor:

Die beiden Männer im Alter von 60 und 70 Jahren sind mittlerweile im Krankenhaus von ihren Familien begrüßt worden. Der Schwiegersohn einer der Befreiten sagte israelischen Medien, die Familie habe die Mitteilung in der Nacht bekommen und die vier erwachsenen Kinder seien direkt ins Krankenhaus gefahren. Trotz der mehr als viermonatigen Geiselhaft sei der 70-Jährige in vergleichsweise guten Zustand, er sehe nur etwas dünn und blass aus. "Er ist etwas schockiert von dem ganzen Trubel", sagte der Schwiegersohn dem israelischen Sender Kan vor dem Schiba-Krankenhaus nahe Tel Aviv. Dorthin wurden die Männer nach ihrer Befreiung mit einem Hubschrauber gebracht.

Anlässlich der Nahost-Reise von CDU-Chef Friedrich Merz hat der Unions-Außenexperte Jürgen Hardt (CDU) Verständnis für Israels Vorgehen im Gazastreifen geäußert. Im Süden des Palästinensergebiets hätten sich nicht nur Flüchtlinge, sondern auch "die Hamas-Terroristen zurückgezogen", sagte Hardt im ARD-Morgenmagazin. Merz werde bei seiner Reise "mit Sicherheit" nicht fordern, dass Israel ein "Terrornest" an der israelischen Grenze hinnehmen müsse, argumentierte der Außenpolitiker.

Merz reist im Rahmen eine Delegationsreise der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Israel. Dort wird er heute mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zu einem politischen Gespräch zusammenkommen. Zudem sind Treffen mit Staatspräsident Isaac Herzog und Außenminister Israel Katz sowie Oppositionsführer Jair Lapid geplant.

Jürgen Hardt, Außenpolitischer Sprecher Fraktion CDU/CSU, zum Treffen von CDU-Chef Merz und Israels Premier Netanyahu

Morgenmagazin, 12.02.2024 05:30 Uhr
12.02.2024 • 08:30 Uhr

"Immer wieder Beschuss auf Rafah"

ARD-Korrespondent Philip Kuntschner aus Tel Aviv über die Lage in Rafah im Süden des Gazastreifens.

Lage im Gazastreifen: Immer wieder Beschuss auf Rafah

Philip Kuntschner, ARD Tel Aviv, Morgenmagazin, 12.02.2024 05:30 Uhr

Südlich der jemenitischen Küste ist britischen Behördenangaben zufolge erneut ein Schiff angegriffen worden. Der Angriff sei mit zwei Raketen erfolgt, erklärte die britische Behörde für Seehandel (UKMTO). "Die Besatzung ist in Sicherheit und das Schiff fährt zum nächsten Anlaufhafen weiter", hieß es weiter.

Im Roten Meer und im Golf von Aden haben die Huthi-Rebellen vom Jemen aus in den vergangenen Monaten immer Handelsschiffe angegriffen. Ob sie auch diesmal für den Angriff verantwortlich sind, steht noch nicht fest. Die islamistische Miliz sieht sich als Teil der gegen Israel gerichteten pro-iranischen "Achse des Widerstands" im Nahost-Krieg. Seit Dezember versuchen Kriegsschiffe einer internationalen Koalition unter US-Führung, die Route entlang der jemenitischen Küste zu sichern.  Die EU plant eine eigene Mission namens "Aspides". Deutschland will sich an der Mission mit der Fregatte "Hessen" beteiligen, die am Donnerstag von Wilhelmshaven aus in See stach.

Das israelische Militär hat eigenen Angaben zufolge in einer gemeinsamen Operation mit dem Inlandsgeheimdienst Shin Bet und der Spezialeinheit der Polizei in der Nacht in Rafah im südlichen Gazastreifen zwei Geiseln befreit. Die beiden Männer, 60 und 70 Jahre alt, seien seien in gutem Zustand, sagte Armeesprecher Richard Hecht.

Sie seien aus dem zweiten Stock eines Gebäudes befreit worden, wobei es zu einem heftigen Schusswechsel kam. Gleichzeitig sei ein Luftangriff ausgeführt worden, um den Rückzug der Spezialkräfte zu ermöglichen, so Hecht. Bei den Angriffen waren laut Augenzeugen Flugzeuge, Panzer und Schiffe beteiligt.

Das Militär hatte zuvor ohne weitere Einzelheiten zu nennen erklärt, es habe eine Reihe von Angriffen auf den südlichen Gazastreifen ausgeführt, die nun abgeschlossen seien.

12.02.2024 • 04:43 Uhr

Tote bei Angriffen in Rafah

Wie viele Menschen bei der Serie von israelischen Angriffen im Raum Rafah im südlichen Gazastreifen getötet wurden, ist unklar. Die Angaben der verschiedenen Medien und Nachrichtenagenturen weichen voneinander ab.

Nach palästinensischen Angaben wurden mindestens 37 Menschen getötet. "Haaretz" meldet 22 Tote, der Fernsehsender Al Jazeera berichtet von 50 Toten, ebenso wie die Nachrichtenagentur AFP.

Die Nachrichtenagentur dpa beruft sich auf die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Demnach sind mehr als 100 Menschen getötet worden, darunter auch Kinder und Frauen. Bei den intensiven Angriffen in verschiedenen Teilen der Stadt seien zudem Hunderte weitere Menschen verletzt worden.

Israels Militär hat nach eigenen Angaben zwei Geiseln im Gazastreifen gerettet. Die beiden Männer seien bei dem Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober entführt worden, gab das israelische Militär am frühen Morgen bekannt.

Beide befänden sich in einem guten Gesundheitszustand und seien zur medizinischen Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht worden. Die beiden 60 und 70 Jahre alten Geiseln seien während eines gemeinsamen Einsatzes des Militärs, des Sicherheitsdienstes und der israelischen Polizei in der Nacht in Rafah im Süden des Gazastreifens gerettet worden.

Bei mehreren israelischen Luftangriffen auf die Stadt Rafah sind nach Angaben der Terrororganisation Hamas in der Nacht 52 Menschen ums Leben gekommen. Örtliche Gesundheitsbehörden meldeten bislang 22 Tote Dutzende Verletzte.

Die Angriffe trafen 14 Häuser und drei Moscheen, erklärte das Gesundheitsministerium, das der radikal-islamistischen Palästinenserorganisation untersteht. Auch der saudische Fernsehsender Al Arabiya berichtete von mindestens 50 getöteten Menschen durch die Angriffe. Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete über intensive Bombardierungen.

Die israelische Armee erklärte, sie habe "eine Reihe von Angriffen auf terroristische Ziele im südlichen Gazastreifen durchgeführt", die nun abgeschlossen seien. 

Eine zerstörte Moschee in Rafah im Süden des Gazastreifens

Drei Moscheen sollen getroffen worden sein, erklärte das Gesundheitsministerium, das der radikal-islamistischen Hamas untersteht.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben Ziele im Raum Rafah im südlichen Gazastreifen angegriffen. Wie das Militär in der Nacht bekannt gab, sei "eine Serie von Angriffen auf Terrorziele in der Gegend von Schabura im südlichen Gazastreifen" durchgeführt worden. Sie seien beendet, hieß es in einer kurzen Mitteilung auf Telegram. Einzelheiten wurden nicht genannt. Schabura liegt nahe der Stadt Rafah, wo Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge Schutz gesucht haben.

Nach Angaben von Augenzeugen hatte das israelische Militär bereits zuvor mehrfach Ziele in der Stadt aus der Luft angegriffen. Israelische Bodentruppen waren dort bislang aber nicht im Einsatz. 

Aus der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sind in der Nacht Luftangriffe gemeldet worden. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP und Augenzeugen berichteten am Montag von "heftigem Beschuss" in den Außenbereichen der Stadt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums der radikal-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas kamen bei den Angriffen mindestens sieben Menschen ums Leben.

Nach Angaben der AFP-Journalisten und Augenzeugen waren die Angriffe stärker als in den vergangenen Tagen. Demnach trafen sie die Außenbereiche der Stadt und verursachten Rauchwolken. Palästinensischen Angaben zufolge wurden sechs Häuser und zwei Moscheen getroffen. Ein israelischer Militärsprecher äußerte sich auf Anfrage der AFP zunächst nicht.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Israels Armee hat die Planung einer Militäroffensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens einem Medienbericht zufolge bisher nicht abgeschlossen. Sie werde "wahrscheinlich einige Zeit in Anspruch nehmen" und sei auch bislang nicht Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vorgelegt worden, zitierte die "New York Times" am Sonntag (Ortszeit) israelische Beamte und Analysten.

Die Strategie für eine Offensive auf die an Ägypten grenzende Stadt, in der Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht haben, sei "sehr komplex".

Die US-Regierung habe gegenüber Israel zudem Bedenken mit Blick auf den am 10. März beginnenden muslimischen Fastenmonat Ramadan geäußert, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf zwei israelische Beamte. Ein Angriff auf Rafah während des Ramadan könne von Muslimen in der Region und darüber hinaus als besonders provokant empfunden werden, hieß es.

Israelische Einsatzkräfte haben nach eigenen Angaben in Jerusalem und im Westjordanland zwei Angreifer getötet. Die Polizei teilte am Sonntag mit, Beamten hätten im muslimischen Viertel im annektierten Ostteil Jerusalems einen Mann zur Befragung angehalten. Als dieser sich den Beamten näherte, habe er versucht, mit einem Messer auf sie einzustechen. "Die Beamten reagierten schnell und neutralisierten den Terroristen durch Schüsse", teilte die Polizei mit. Im besetzten Westjordanland erschossen Soldaten nach Armeeangaben einen weiteren Angreifer. Dieser habe versucht, nahe Bethlehem einen Soldaten mit einem Messer zu attackieren.

12.02.2024 • 02:40 Uhr

Liveblog von Sonntag zum Nachlesen

Aus Sicht von Israels Regierungschef Netanyahu rechtfertigt die Zahl der Geiseln in Hamas-Gewalt das militärische Vorgehen im Gazastreifen. Die Hamas droht - und warnt vor einer Offensive auf Rafah. Der Liveblog von Sonntag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. Februar 2024 um 15:00 Uhr.