Kopenhagen vor dem Endspurt Nervosität, Anspannung und Streit

Stand: 15.12.2009 19:19 Uhr

Der Papst mahnt, China und die USA streiten, die Präsidentin der Klimakonferenz vergleicht die Delegierten mit Schulkindern und Kanzlerin Merkel zeigt sich nervös: Zu Beginn der heißen Phase in Kopenhagen steigt die Anspannung.

Beim Weltklimagipfel in Kopenhagen haben die Beratungen auf politischer Ebene offiziell begonnen. Die dänischen Gastgeber gaben am Abend feierlich den Startschuss für die formalen Verhandlungen der Umweltminister. Zuvor hatten Top-Beamte und Diplomaten diese Beratungen geführt - mit kaum greifbaren Ergebnissen: Es gebe Verständigung etwa in institutionellen Fragen, aber keine Durchbrüche, hieß es aus Verhandlungskreisen. Auch gebe es Annäherung in den Diskussionen um das formale Ziel, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen.

"Wie die Schulkinder"

Das Konferenzgeschehen war zuvor zunehmend unübersichtlich geworden. Vor allem die USA und China setzten ihr Pokerspiel fort und lehnten jegliche weitergehende Verpflichtungen für ihre Staaten weiterhin ab. Mehr noch: China warf den USA und anderen reichen Staaten Rückschritte bei ihren Klimaschutz-Maßnahmen vor. Sie würden die Verhandlungen blockieren. "Wir halten daran fest, dass die entwickelten Staaten die Pflicht haben, finanzielle Hilfe bereitzustellen", sagte Außenamtssprecherin Jiang Yu. Ein neuer Klimaschutzvertrag müsse das jeweilige Entwicklungsniveau eines jeden Staates berücksichtigen.

UN-Klimakonferenz

Mahnende Worte gab es von der Präsidentin der UN-Klimakonferenz, Connie Hedegaard (links) und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Bei der dänischen Umweltministerin und Präsidentin der UN-Klimakonferenz, Connie Hedegaard, stieß dieses Verhalten nur auf Kopfschütteln. "Ich denke, mit den Leuten in diesem Verhandlungsprozess ist es genau wie mit Schulkindern", sagte Hedegaard. Auch wenn eine Hausaufgabe lange im Voraus gestellt werde, gelte: "Erst wenn du weißt, dass die Zeit abläuft und du nicht mehr ausweichen kannst, tust du es." Sie bezog sich dabei auf den Versuch der Delegationen einiger Staaten, sich bis zuletzt mit Zugeständnissen zurückzuhalten, um einen möglichst großen Verhandlungsspielraum zu erhalten.

Umweltminister Röttgen auf der Klimakonferenz in Kopenhagen.

Umweltminister Norbert Röttgen auf der Klimakonferenz in Kopenhagen.

Auch der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen kritisierte den Machtkampf zwischen China und den USA scharf: "China und die USA wollen sich einen maximalen Verhandlungsspielraum bis in die letzten Stunden der Konferenz erhalten", warf er beiden Staaten vor.

Merkel nervös

Angesichts der knapper werdenden Zeit und den bislang mageren Verhandlungsergebnissen, zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel besorgt über den Verhandlungspoker. "Ich will nicht verhehlen, dass ich schon etwas nervös bin, dass wir das alles schaffen", sagte sie.

Zuvor hatten Merkel, US-Präsident Barack Obama, der französische Präsident Nicolas Sarkozy sowie der britische Premier Gordon Brown ihr Vorgehen für Kopenhagen in einer gemeinsamen Videokonferenz abgesteckt. Am Donnerstag reisen die Staats- und Regierungschefs in die dänische Hauptstadt. Bis Ende der Woche soll ein neues Abkommen stehen. Die wesentlichen Knackpunkte sind aber weiter offen. Dazu zählen der Streit um die Rechtsgrundlage, das Referenzjahr und die Finanzierung von Klimamaßnahmen in den Entwicklungsländern.

Papst mahnt

Unmittelbar vor dem Endspurt der Weltklimakonferenz schaltete sich auch Papst Benedikt XVI. in die Verhandlungen ein: Er rief die Menschheit zur radikalen ökologischen Kehrtwende auf. Zu neuen solidarischen Lebensformen seien vor allem die Industrienationen aufgerufen, wenngleich die Verantwortung der Entwicklungs- und Schwellenländer nicht geleugnet werden dürfe, sagte er.

Deutscher Klima-Aktivist festgenommen

Unterdessen nahm die dänische Polizei einen deutschen Klima-Aktivisten in Gewahrsam. Nach Informationen von tagesschau.de wurde der Sprecher der Bündnisses "Climate Justice Action", Tadzio Müller, beim Verlassen des Konferenzgeländes von Polizisten in Zivil festgenommen. Nach Angaben der dänischen Polizei wird ihm vorgeworfen, vor der Konferenz zu Gewaltanwendung und Widerstand gegen die Staatsgewalt aufgerufen zu haben. Hintergrund der Festnahme könnte eine für morgen geplante Demonstration sein. Dabei ist offenbar auch geplant, auf das Tagungsgelände zu kommen. Ein Polizeisprecher bestätigte, dass die Festnahme "vorbeugend" erfolgt sei. Der Deutsche soll am Mittwoch einem Haftrichter vorgeführt werden.