Eine Frau raucht eine E-Zigarette.
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E-Zigaretten-Flüssigkeiten Wie Onlinehändler die Tabaksteuer umgehen

Stand: 11.08.2023 10:29 Uhr

Seit Kurzem muss auf alle Flüssigkeiten für E-Zigaretten Tabaksteuer erhoben werden. Online-Anbieter umgehen diese immer wieder - und betreiben so offenkundig Steuerhinterziehung.

Von Larissa Mass, NDR

Für die geschätzten zweieinhalb Millionen Nutzer von E-Zigaretten in Deutschland ist das Dampfen seit Februar deutlich teurer geworden. Seit Februar dürfen dafür ausschließlich versteuerte Flüssigkeiten verkauft werden. Die Tabaksteuer beträgt nun 16 Cent pro Milliliter. Das lockt Schwarzhändler an, die die Steuer vermeiden wollen.

Im Internet lassen sich viele Anbieter auf Webseiten, bei Amazon und Kleinanzeigen finden, die diese Liquid-Steuer offenbar umgehen. So bietet auch ein Händler namens "Dark Burner", gemeldet in Burgwedel in der Nähe von Hannover, in mehreren Onlineshops Flüssigkeiten offenbar ohne Steuerzuschlag an.

Beispielsweise bietet er fünf Liter Glycerin, die sogenannte Base, die als Grundstoff für E-Zigaretten gebraucht wird, für 50 Euro an. Das ist erstaunlich günstig: Denn bei einer Tabaksteuer von 16 Cent pro Milliliter sollte allein die Steuer hier eigentlich 800 Euro betragen. Eine Probebestellung von mehreren Aromen bei dem betreffenden Shop zeigt: Die gesetzlich verpflichtende Steuerbanderole fehlt an den Produkten. 

Getarnt als Lebensmittelaromen

Auf NDR-Anfrage, warum er offenbar keine Tabaksteuer auf die Produkte erhebt, antworte der Anbieter schriftlich: "Sie haben bei uns im Shop Aromen gekauft, welche nicht für die direkte und unmittelbare Verwendung in E-Zigaretten vorgesehen sind. Daher erübrigt sich die Beantwortung ihrer Fragen mit den insoweit aufgestellten falschen Behauptungen."

Doch das passt nicht zu seinem sonstigen Auftritt: Beim Deutschen Patent-und Markenamt hat der Anbieter seine Marke "Dark Burner" unter anderem für den Verkauf von "ätherischen Ölen/aromatischen Extrakten für Tabakprodukte oder Liquide für elektronische Zigaretten" angemeldet. Auch auf den Aromaflaschen ist eine empfohlene Reifezeit und Dosierung angegeben. Das ist typisch bei Aromen für den Gebrauch von E-Zigaretten. 

Diese Strategie ist auf dem Schwarzmarkt beliebt, bestätigt Dustin Dahlmann vom Interessenverband der E-Zigaretten-Branche "Bündnis für Tabakfreien Genuss e.V.". E-Zigaretten-Liquids werden mutmaßlich von vielen Händlern als Lebensmittelaromen und "Aromen für diverse Zwecke" verkauft, um offenbar Steuern zu umgehen. Spätestens aus den Nutzer-Kommentaren geht hervor, dass diese fürs Dampfen verwendet werden.

Vor allem auf Verkaufsplattformen sind unzählige Händler aktiv, die für E-Zigaretten bestimmt Produkte mutmaßlich ohne Steuern verkaufen. Aus dem Impressum geht jeweils hervor, dass die Händlerinnen und Händler in ganz Deutschland verteilt sitzen.

Konsumenten können sich strafbar machen

Rund 100 Unternehmen in Deutschland stellen Liquide für E-Zigarette her. Die ärgern sich besonders über Schwarze Schafe in ihrem Business. Thorolf Leddin ist in Niedersachsen seit 2009 im E-Zigaretten-Geschäft aktiv. Im Landkreis Celle lässt er seine Produkte bei einem Aroma-Hersteller abfüllen und versteuern. Seit Einführung der Tabaksteuer hat er rund 250.000 Euro in Steuerbanderolen investiert. 

Das Tückische: Kunden können sich strafbar machen, wenn sie Ware ohne Steuern konsumieren. Nur ist online meist gar nicht ersichtlich, ob eine Steuer auf das Produkt ausgewiesen wird. Denn der Konsument sieht es erst, wenn die Ware angekommen ist, ob eine Steuerbanderole angebracht ist.

Leddin findet es nicht fair, dass sich die Schwarzhändler so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen: "Der Kunde sieht nur, dass es mindestens zwei Euro günstiger ist. Und wo kauft der Kunde? Natürlich, wo es günstiger ist."

Zoll reagiert seit fünf Monaten nicht

Leddin und seine Kollegen haben den Shop "Dark Burner" schon Anfang März beim Zollamt Hannover gemeldet. Doch online verkauft der Shop mutmaßlich ohne Steuern weiter seine Produkte. Auf NDR-Anfrage, ob nach dem Hinweis schon Maßnahmen erfolgt sind, sagt das Zollamt Hannover, "dass nähere Angaben zum allgemeinen Vorgehen bei Kontrollen aus einsatztaktischen Erwägungen nicht möglich sind".

Dustin Dahlmann vom Verband "Das Bündnis für Tabakfreien Genuss e.V." verurteilt die schwarzen Schafe in der Branche. Der Verband meldet fortlaufend Händler und Shops, die als nicht gesetzeskonform auffallen. Doch sehen sie vor allem die Internet-Plattformen und den Zoll in der Pflicht zu handeln, damit dies eine Signalwirkung für andere Schwarzhändler habe.

Offizielle Zahlen zu Aufgriffen seit Erhebung der Tabaksteuer auf E-Zigaretten hat der Zoll noch nicht erhoben. Laut Dahlmann hat sein Verband rund 30 veröffentlichte Aufgriffe in den vergangenen Monaten deutschlandweit ausgewertet: Allein daraus ergibt sich ein Steuerschaden von 600.000 Euro.

Zollbehörden nicht gut aufgestellt?

Dahlmann sieht auch ein Problem in der hohen Tabaksteuer in Deutschland, diese sei europaweit am höchsten angesetzt: "Je höher die Steuer ist, und die ist in Deutschland auf einem hohen Niveau, umso attraktiver wird es für den Konsumenten, die Steuer zu umgehen."

Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Zoll, kritisiert, dass die Zollbehörden in Deutschland aktuell personell und strukturell nicht gut genug aufgestellt seien. Das trifft auch für den wachsenden Schwarzmarkt im Bereich E-Zigaretten zu. Es sei auch attraktiv für Profis, illegale Ware im ganz großen Stil herzustellen. "Wir reden hier über ein Suchtmittel und einen relativ großen und sicheren Absatzmarkt, weil die Leute ungern darauf verzichten möchten und können", so Buckenhofer.

Für Händler wie Thorolf Leddin ist es frustrierend, dass Shops wie "Dark Burner" weiterhin ihre Ware mutmaßlich illegal verkaufen können: "Dann fragt man sich auch, ob der Staat daran überhaupt Interesse hat, so was zu verfolgen. Letztendlich sind es ja Steuergelder."

Die Tabaksteuer auf E-Zigaretten-Flüssigkeiten soll bis 2026 noch weiter steigen, bis dahin sollen 32 Cent pro Milliliter erhoben werden. Die E-Zigaretten Händler befürchten, dass dies den Schwarzmarkt noch vergrößern könnte.