Gregor Gysi

Video vom 04.05.2010 Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag

Stand: 04.05.2010 16:54 Uhr

Gregor Gysi stellte sich im tagesschau-Videochat den Fragen der User und der Redaktion von tagesschau.de.

Im Videochat von tagesschau.de hat der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, die Bundesregierung wegen des Krisenmanagements in der Finanzkrise scharf angegriffen. Er warf der schwarz-gelben Koalition vor, sie habe die nötigen Finanzspritzen bis nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hinauszögern wollen. Dies habe nicht geklappt, nun sei die Hilfe teurer geworden als nötig. Auf die Frage, welche Schulnote er der Regierung gebe, antwortete er mit "Fünf plus".

Gysi forderte, über die finanziellen Hilfen hinaus gegen die Ursachen der Krise vorzugehen. So sei die Staatskrise in Griechenland eine Folge der Finanzkrise von 2008. Schon gegen deren Ursachen sei nichts unternommen worden. Nun müsse man "verhindern, dass so etwas wieder passiert". So würde in Deutschland eine Bankenabgabe, wie sie US-Präsident Barack Obama angekündigt habe, neun Milliarden Euro in die Staatskasse bringen.

Um weitere Krisen im Euro-Raum zu verhindern, sei eine abgestimmte Steuer- und Lohnpolitik notwendig. "Was hindert uns daran, die Hedgefonds zu verbieten und die Ratingagenturen zu verstaatlichen?", fragte er. Kritik übte Gysi auch am Sparpaket der Athener Regierung, das Voraussetzung für die Bewilligung der Kredite war. "Was jetzt von den Griechen verlangt wird - beispielsweise Lohnkürzungen, Rentenkürzungen - reduziert die Kaufkraft." Dies führe zu einer Rezession und damit zu einer neuen Wirtschaftskrise. "Damit wird genau das Gegenteil dessen erreicht, was sich die Euro-Staaten und der IWF versprechen", so Gysi.

Auf die Frage, wie er eine eventuelle Koalition mit SPD und Grünen nach der Landtagswahl in NRW am Sonntag bewerte, sagte Gysi, dies sei zunächst eine arithmetische und dann eine inhaltliche Frage. "An uns wird es nicht scheitern." Die A- und O-Frage in NRW sei Chancengleichheit in der Bildung. So müssten Studiengebühren sofort abgeschafft werden und nicht erst 2012, wie es die SPD-Spitzenkandidatin Hannnelore Kraft formuliert habe.

Beim tagesschau-Videochat können die User die Antworten des Gastes per Ton und Bild im Livestream mitverfolgen und jederzeit Fragen per Internet live in den Chat schicken. Der tagesschau-Videochat wird veranstaltet von tagesschau.de in Zusammenarbeit mit politik-digital.de.

Im Video sehen Sie den kompletten Mitschnitt des Chats, der am Dienstag, den 04. Mai 2010 von 13.40 bis 14.25 Uhr live auf tagesschau.de und in Ausschnitten bei EinsExtra gesendet wurde. Er wurde moderiert von Ute Welty.

Zur Person

Gregor Gysi, geboren 1948 in Berlin, arbeitete in der DDR ab 1971 als Anwalt. Er stammt aus einer alteingesessenen Familie mit jüdischen Vorfahren. Sein Vater war Kulturminister der DDR. Gysi war SED-Mitglied und vertrat vor der Wende das als "staatsfeindlich" geltende oppositionelle Neue Forum. 1992 geriet Gysi erstmals in den Verdacht, inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen zu sein, wogegen er sich erfolgreich gerichtlich zur Wehr setzte. Die Vorsitzende der Stasi-Unterlagen-Behörde erneuerte den Vorwurf bei einer Bundestags-Anhörung im Mai 2008. Gysi war nach der Wende Bundestagsabgeordneter der SED-Nachfolgepartei PDS und kurze Zeit ihr Vorsitzender. Im Bundestagswahlkampf 1998 war Gysi Spitzendkandidat der PDS, 2000 trat er als Fraktionsvorsitzender zurück. 2002 verließ er den Bundestag und engagierte sich in der Berliner Landespolitik, wo er unter Klaus Wowereit (SPD) Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen wurde. Gysi trat kurz darauf zurück, als bekannt wurde, dass er dienstlich gesammelte Flug-Bonusmeilen als Bundestagsabgeordneter privat genutzt hatte. 2005 trat er bei der Bundestagswahl erneut als Spitzenkandidat der inzwischen in "Die LINKE" umbenannten Partei an, die sich mit der neu gegründeten SPD-Abspaltung WASG zusammengetan hatte. Seit Oktober 2009 ist Gregor Gysi nach dem Verzicht von Oskar Lafontaine alleiniger Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag.