Eine Hand hält eine Fernbedienung

Reuters-Studie zur Mediennutzung Nachrichtenmüdigkeit nimmt weiter zu

Stand: 14.06.2023 10:52 Uhr

Die Menschen in Deutschland interessieren sich immer weniger für Nachrichten - und auch das Vertrauen in Nachrichten geht weiter zurück. Die höchsten Vertrauenswerte erreicht das Angebot von öffentlich-rechtlichen Sendern.

Das Interesse an Nachrichten ist in diesem Jahr weiter gesunken. 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sagen, dass sie großes Interesse an Nachrichten haben, wie aus dem "Reuters Institute Digital News Report 2023" hervorgeht. Im Jahr 2014 lag dieser Wert bei 81 Prozent. 2022 waren es noch 57 Prozent.

Auch die Reichweite von Nachrichten insgesamt ist in der Langzeitbetrachtung leicht rückläufig: 89 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland lesen, hören oder schauen mehr als einmal pro Woche Nachrichten. 2022 waren es noch 92 Prozent.

Noch drastischer fallen die Werte bei den jüngeren Altersgruppen aus. Weniger als ein Drittel der 18- bis 34-Jährigen bezeichnet sich selbst als äußerst oder sehr nachrichteninteressiert. Bei den Über-55-Jährigen sind es dagegen fast drei Viertel.

Reuters Institute Digital News Report

Die deutsche Teilstudie des "Reuters Institute Digital News Report 2023" wurde vom Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg durchgeführt. Insgesamt basiert die Studie auf 93.895 Befragten aus 46 Ländern auf sechs Kontinenten. Die Befragung wurde im Januar 2023 durchgeführt.

Vertrauen in Nachrichten geht weiter zurück

Beim Nachrichtenvertrauen zeigt sich ein ähnlicher Trend wie beim Nachrichteninteresse. 43 Prozent der Befragten halten den Großteil der Nachrichten für vertrauenswürdig. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als im Vorjahr (50 Prozent) und so wenige Befragte wie nie zuvor, seitdem die Frage 2015 erstmals im Rahmen der Befragung gestellt wurde.

Jüngere sind noch skeptischer als Ältere. Gerade mal 28 Prozent der 28- bis 34-Jährigen schenken noch dem Großteil der Nachrichten Vertrauen. 38 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe sagen, dass man den Nachrichten eher nicht oder überhaupt nicht vertrauen könne.

Gutes Vertrauen in öffentlich-rechtliche Nachrichten

Auch das Vertrauen, das ausgewählten bekannten Nachrichtenmarken entgegengebracht wird, ist im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig. Allerdings sind die Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Tagesschau und "heute" auch im Jahr 2023 die beiden Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten unter den ausgewählten Marken, die den Befragten bekannt sind.

Zudem sagen insgesamt 47 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland, dass öffentlich finanzierte Nachrichtenmedien wie ARD und ZDF für sie persönlich wichtig sind. 52 Prozent erachten diese als wichtig für die Gesellschaft.

Insgesamt schreiben Befragte im Alter ab 55 Jahren den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenmedien eine deutlich höhere persönliche und gesellschaftliche Relevanz zu als jüngere Befragte. So ist mehr als ein Drittel (35 Prozent) der 18- bis 24-Jährigen unentschlossen hinsichtlich der Frage, ob öffentlich finanzierte Nachrichtenmedien wichtig oder unwichtig für die Gesellschaft sind.

Gezielte Vermeidung bestimmter Themen

Wie bereits im Vorjahr versucht der Umfrage zufolge 2023 jeder zehnte Internetnutzende im Alter ab 18 Jahren oftmals aktiv, Nachrichten zu vermeiden. 65 Prozent versuchen dies mindestens gelegentlich. 29 Prozent der Befragten, die zumindest gelegentlich Nachrichten vermeiden, gehen gezielt bestimmten Themen aus dem Weg. Am häufigsten werden Nachrichten zum Ukraine-Krieg gemieden, gefolgt von Nachrichten zum Thema Unterhaltung beziehungsweise Prominente, Gesundheit und Sport.

Während ältere Befragte ab 55 Jahren etwas häufiger angeben, dass sie gezielt bestimmten Nachrichtenthemen aus dem Weg gehen, greifen 18- bis 24-Jährige in der Tendenz grundsätzlich seltener auf Nachrichten zu oder priorisieren Aktivitäten, die nichts mit Nachrichten zu tun haben.

Gleichzeitig ist mehr als die Hälfte, nämlich 58 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland, äußerst oder sehr an positiven Nachrichten interessiert, wie es in der Studie heißt. Ein ebenfalls hohes Interesse besteht demnach an Nachrichten, die Lösungen vorschlagen, anstatt nur auf Probleme hinzuweisen sowie an Nachrichten, die dabei helfen, komplexe Themen zu verstehen.

Nutzung des linearen Fernsehens nimmt weiter ab

Mit Blick auf den Nachrichtenkonsum überholte das Internet im Vorjahr zum erstem Mal das lineare Fernsehen. Auch 2023 bleibt es an der Spitze: 63 Prozent der Befragten konsumieren mindestens einmal pro Woche Nachrichten im Internet (2022: 68 Prozent).

Nachrichtensendungen im linearen Fernsehen sehen 59 Prozent der Befragten (2022: 65 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr ist sowohl die wöchentliche Nutzung von Nachrichtenangeboten im Fernsehen, Radio und Printbereich als auch im Internet leicht zurückgegangen.

Insgesamt wird die Nachrichtennutzung im Internet von traditionellen Nachrichtenanbietern aus TV, Radio und Print dominiert. 43 Prozent lesen, schauen oder hören regelmäßig die Inhalte etablierter Nachrichten. Bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 46 Prozent. Für 44 Prozent in dieser Altersgruppe sind soziale Medien eine regelmäßige Quelle für Nachrichten - das sind elf Prozentpunkte weniger als noch 2022.

Soziale Medien als Quelle gewinnen an Bedeutung

Dabei ist die wichtigste Nachrichtenquelle für 43 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden weiterhin das lineare Fernsehen und für 39 Prozent sind es Nachrichtenangebote im Internet.

14 Prozent finden Nachrichten hauptsächlich in den sozialen Medien. Dieser Anteil ist im Langzeitverlauf kontinuierlich angestiegen und mit 35 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen am größten. Für 15 Prozent der 18- bis 24-Jährigen stellen soziale Medien zudem die einzige Quelle für Nachrichten dar.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. Juni 2023 um 14:03 Uhr.