Ein Goldschakal

Ausnahmegenehmigung Goldschakal auf Sylt darf abgeschossen werden

Stand: 06.06.2025 17:40 Uhr

In der Nacht zu Freitag hat der Goldschakal erneut Lämmer verletzt und getötet. Bisher gibt es mehr als 90 bestätigte Risse. Für Menschen bestehe aber keine Gefahr, sagen Experten.

Von Jörn Zahlmann

Der Goldschakal auf Sylt (Kreis Nordfriesland) hat in der Nacht zu Freitag (6.6.) am Lister Ellenbogen erneut zwei Lämmer verletzt und eines getötet. Das bestätigt der Halter der Schafe. Er hat den Schakal nach eigener Aussage mit einem Nachtsichtgerät gesehen. Danach benachrichtigte er die Jäger, die in der vergangenen Nacht auf Rantum auf der Lauer lagen. Einer der Jäger hatte den Informationen zufolge zuvor mit einem gezielten Schuss einen verletzten Jung-Fuchs getötet. Auf den Schakal wurde demnach bisher nicht geschossen.

Abschuss genehmigt: Politik, Jäger und Naturschützer einig

Voraussetzung für das Inkrafttreten einer Allgemeinverfügung zum Abschuss des Goldschakals war gewesen, dass mehrere Naturschutzverbände zustimmen. Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hatte am Mittwochabend im Umweltausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags dafür gestimmt. Sowohl der stellvertretende Kreisjägermeister Nordfrieslands, Manfred Uekermann, als auch die angehörten Naturschutzverbände - unter anderem NABU und BUND - waren sich in dieser Frage einig.

Abschuss-Erfolg fraglich: "Bessere Riechorgane als ein Hund"

"Es wird jedoch schwer, das Tier jagdlich zu entnehmen. Das liegt an seinen Fähigkeiten und daran, dass er größtenteils nachtaktiv ist. Der Goldschakal hat sogar bessere Riechorgane als ein Hund", erklärt Manfred Uekermann. Er ist Jäger und Landtagsabgeordneter für die CDU. Uekermann sagt, es sei ungewiss, ob und wann das Tier getötet werden könne. Alle Jäger mit entsprechenden Berechtigungen für die jeweiligen Reviere könnten jetzt auf die Jagd gehen.

Abschuss alternativlos - Betäubung keine Option

Der Hegering Sylt umfasst nach eigenen Angaben zehn Reviere mit insgesamt 120 Jägern. Darunter sind laut Uekermann etwa 20 bis 30 Jägerinnen und Jäger, die sich aktiv an der Jagd nach dem Goldschakal beteiligen. "Wir sprechen uns ab und werden dann die Flächen besetzen, auf denen wir Erfolgschancen sehen", so Uekermann weiter. Die Allgemeinverfügung ist zunächst bis zum 31. Juli gültig. Das Tier zu betäuben und einzufangen, sei keine Option, weil die Jäger mit Betäubungsmunition noch deutlich näher an das Tier herankommen müssten.

Experte: Goldschakal ist für den Menschen ungefährlich

"Für den Menschen besteht überhaupt keine Gefahr. Es gibt keinen einzigen uns bekannten Fall, in dem ein Goldschakal dem Menschen gefährlich geworden ist", sagt Wildtier-Ökologe Felix Böcker von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg. Böcker beschäftigt sich seit zehn Jahren mit der wachsenden Goldschakal-Population in Deutschland. Eine Gefahr bestehe nur für Weide- und Nutziere.

"Unabhängig vom Goldschakal gilt auf Sylt eine Leinenpflicht für Hunde. Wir haben gerade Brut- und Setzzeit für viele streng geschützte Tierarten", sagt Uekermann. Touristen sollten die öffentliche Wege schon deshalb nicht verlassen - auch, um die ohnehin schwierigen Jagdbedingungen nicht zusätzlich zu erschweren.

Kein "Blutrausch": Warum der Goldschakal so häufig tötete

In einer einzigen Nacht hat der Goldschakal nach Angaben von Uekermann 46 Lämmer getötet. Die betroffene Deichschäferin Daniela Andersen, die insgesamt rund 80 Tiere verloren hatte, wird für ihren Verlust finanziell entschädigt. Dieser liegt laut Andersen bei etwa 15.000 Euro. Für die etlichen tödlichen Nacken- und Kehlenbisse des Goldschakals haben die Fachleute eine Erklärung, die nichts mit einem vermeintlichem Blutrausch - also dem vielfachen Töten aus Lust - zu tun hat.

Wissenschaftlich wird das als 'Surplus Killing' bezeichnet und ist von vielen weiteren Arten bekannt. Wenn Beute da ist, wird der Reiz ausgelöst, sie zu töten. So funktioniert das Jagdverhalten. Das Tier kann gar nicht anders."
— Felix Böcker, Wildtier-Ökologe

Böcker: Abschuss-Genehmigung deutschlandweit einzigartig

Eine Abschuss-Genehmigung für den Goldschakal ist laut Böcker ein deutschlandweit bislang einzigartiger Vorgang. "In dieser Situation ist die Entscheidung absolut nachvollziehbar. Wir brauchen aber grundsätzlich Überlegungen, wie man mit ähnlichen Fällen umgehen will", sagt Böcker. Denn: Der Goldschakal breite sich in Deutschland weiter aus.

Goldschakal kam wohl über Sylt-Damm auf die Nordseeinsel

In den Bundesländern Baden-Württemberg und Niedersachsen wurden bereits Reproduktionen, also Goldschakal-Nachwuchs, registriert. Fälle von Nutztier-Rissen dürften sich womöglich häufen - wenn auch nicht auf der Nordseeinsel Sylt. Manfred Uekermann geht davon aus, dass der Goldschakal über den Sylt-Damm auf die Insel kam.

Ein Goldschakal auf einer Lichtung.

In den Bundesländern Niedersachsen und Baden-Württemberg wurde bereits Goldschakal-Nachwuchs registriert.

Seit Jahresbeginn zwei Sichtungen im Norden

In diesem Jahr wurde diese Art Goldschakal erst zweimal in Schleswig-Holstein nachgewiesen. Die offizielle Liste nennt einen Nutztierriss am 21. Februar in Hohner Harde (Kreis Rendsburg-Eckernförde) sowie mehrere Aufnahmen am 1. April in einer Fotofalle in Bokhorst-Wankendorf (Kreis Plön). Auf Sylt wurde das Tier offenbar schon mehrfach gesichtet. Der letzte Hinweis aus Wenningstedt sei am Sonnabend (31.5.) eingegangen, berichtet Jäger Uekermann.

Goldschmidt: "Keine einfache Entscheidung"

Einfach gemacht hat sich Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt die Entscheidung für den Abschuss nicht: "Ein Schakal ist eine geschützte Art, europarechtlich geschützt. Und wir müssen in Deutschland auch mit Raubtieren leben können." Allerdings spielten auch andere Faktoren mit in seine Entscheidung rein, erklärte Goldschmidt, etwa der Küstenschutz auf Sylt, der an den Deichschäfereien hänge. "Und auch Artenschutz spielt da eine Rolle: Bodenbrüter sind da zu schützen. Vor dem Hintergrund, wie sich der Goldschakal auf Sylt verhalten hat, hab ich entschieden, dass es richtig ist, dem Antrag auf Entnahme nachzukommen", so Goldschmidts Erklärung.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 05.06.2025 | 16:30 Uhr