Ein Mann mit Brille liest ein Dokument.
Robby Müller ist Vorsitzender des Leipziger Stadtverbandes der Kleingärtner und sieht die geplante Cannabis-Freigabe äußerst kritisch. Bildrechte: MDR / Roland Kühnke

Geplantes Gesetz Leipziger Kleingarten-Verein blickt skeptisch auf Cannabislegalisierung

19. März 2024, 18:35 Uhr

Noch in dieser Woche berät der Bundesrat über die Teillegalisierung von Cannabis. Das geplante Gesetz kommt nicht überall gut an. Ein Kleingartenverein aus Leipzig teilt die Kritik und wundert sich über die fehlenden Regeln zum Anbau von Marihuana. Eine Umfrage vom MDR zeigt eine ähnliche Tendenz.

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Am Freitag, 22. März, will sich der Bundesrat zu einem äußerst kontroverses Gesetz äußern: Die Teillegalisierung von Cannabis. Kritik kommt aber nicht nur von unionsgeführten Bundesländern. Robby Müller, Vorsitzender des Leipziger Stadtverbandes der Kleingärtner, ist ebenfalls besorgt über die geplante Freigabe des Konsums und Anbaus der Pflanzen.

Kleingarten-Chef: Wie viele Pflanzen sind erlaubt?

"Wir sind ein bisschen aufgewühlt", sagt Müller und hält die seiner Meinung nach großen Lücken im Gesetz für verbesserungswürdig. So regelt das neue Gesetz zwar, wie viel Gramm Cannabis ein erwachsener Mensch besitzen und wie viel er anbauen darf. Die Frage, inwieweit die Ernte vor dem Zugriff unbefugter Dritte geschützt werden soll, ist allerdings nicht eindeutig geklärt.

"Ich denke mal, dass man im Kleingarten ein Gewächshaus haben kann. Aber das Gewächshaus müsste dann auch wieder so geschützt sein, dass keine unbefugten Dritten dort rankommen", sagt Müller. Auch die Regelung, dass ein Erwachsener drei Pflanzen besitzen dürfe, könne für Schwierigkeiten im Kleingartenglück sorgen, meint der Vereinsvorsitzende.

So könnten Pächter eine Zweckgemeinschaft bilden und damit je nach Personenanzahl mehrere Pflanzen gleichzeitig anbauen, womit die geplante Obergrenze von 50 Gramm Cannabis pro Person schnell überschritten wird. "Das ist alles zurzeit sehr schwammig", meint Müller.  

MDRfragt: Mehrheit gegen Freigabe    

Eine Umfrage von MDRfragt schlägt größtenteils in dieselbe Kerbe. In einem aktuellen Stimmungsbild von fast 22.000 Befragten, die allerdings nicht repräsentativ ist, spricht sich eine Mehrheit aus Mitteldeutschland gegen die Teillegalisierung aus. Insgesamt lehnen 63 Prozent der Befragten eine Freigabe von Cannabis ab.

"Eine legale Form des Konsums kann durchaus Sinn machen. Das geplante Gesetz ist jedoch ein heilloser Wirrwarr. So wird der Schwarzmarkt nicht bekämpft", findet beispielsweise Enrico (50) aus dem Landkreis Bautzen. 

Acht von zehn Befragten erwarten zudem, dass nach einer Freigabe der Marihuana-Konsum steigen wird. Die Gefahr von Cannabis als Einstiegsdroge für härtere Drogen sehen zwei Drittel der Befragten. Es gibt aber auch positive Stimmen zum geplanten Gesetz. "In den ersten Monaten wird es einen erhöhten Konsum geben, der sich aber relativ schnell einpegeln und normalisieren wird. Denn nur was verboten ist, ist interessant und reizvoll", sagt Eva-Maria (74) aus dem Vogtlandkreis.

Kleingarten-Chef Robby Müller wünscht sich vor allem klarere Regeln. Zum Beispiel darüber, dass nur die Person anbauen dürfe, die im Pachtvertrag steht.

"Aber generell ist die Mehrheit der Kleingärtner dafür, den Anbau von Cannabis im Kleingarten eigentlich nicht zuzulassen", sagt Müller. Denn mit dem Gedanken, dass Cannabis-Pflanzen irgendwann auch das Bild einer Kleingarten-Idylle prägen, kann sich Müller nicht so recht anfreunden.  

Gesundheitsministerium: Cannabis-Anbau im Kleingarten nicht erlaubt

Das Bundesgesundheitsministerium (BGM) erklärt auf Anfrage von MDR SACHSEN, dass nur der private Wohnsitz als Anbaufläche genutzt werden kann. "Klein- oder Schrebergärten werden in der Regel weder die Anforderungen an einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt erfüllen, sodass der private Eigenanbau dort unzulässig ist", heißt es. Ähnlich äußerte sich in der Vergangenheit bereits der Berliner Landesverband der Gartenfreunde, da Wohnen im Bundeskleingartengesetz nur in Ausnahmefällen erlaubt sei.

Allerdings steht im betreffenden Gesetzesvorschlag zur Cannabis-Freigabe, dass "Gärten und Kleingärten" in den Bereich von privat genutzten Wohnungen fallen würden. Laut BGM ist damit eine Ausnahmeregelung gemeint, wenn im Rahmen des Bestandsschutzes ein Kleingarten der Wohnsitz einer Person sein könnte.

Sachsen will Gesetz aufschieben lassen

Sachsen kündigte an, die Teillegalisierung im Bundesrat aufschieben zu wollen. Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) forderte mehr Zeit, um Beratungsangebote aufzubauen und über die Abstände zu Kinder- und Jugendeinrichtungen nochmal nachzudenken. "Cannabis ist und bleibt eine gefährliche Droge", sagte Köpping. Das generelle Ziel einer Entkriminalisierung unterstütze sie aber, sagte die Ministerin.

Ministerpräsident Michael Kretschmer ging noch einen Schritt weiter. Sein Ziel sei es, dass das Gesetz niemals aus dem Vermittlungsausschuss herauskommen soll, erklärte Kretschmer über X (vormals Twitter).

Update 20.3, 11:15 Uhr: Eine Stellungnahme des Bundesgesundheitsministerium und weitere Erklärungen zur Legalität von Cannabis-Pflanzen in Kleingärten wurden ergänzt.

MDR (mad/rkü)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 18. März 2024 | 16:30 Uhr

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