Die Meinungsumfrage im Auftrag des NDR sieht die CDU gleichauf mit der SPD - Grüne bleiben stabil.

Mecklenburg-Vorpommern MV-Trend: AfD trotz Verlusten Nummer 1 - BSW auf Anhieb zweistellig

Stand: 10.05.2024 15:42 Uhr

Das Parteiengefüge in Mecklenburg-Vorpommern gerät durcheinander. Laut einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Auftrag des NDR bleibt die AfD trotz Einbußen stärkste Kraft, Linke und FDP müssen um den Verbleib im Landtag fürchten, das BSW käme bei einer Landtagswahl am nächsten Sonntag auf Anhieb auf zehn Prozent.

Gut vier Wochen vor der Kommunal- und Europawahl in Mecklenburg-Vorpommern geht ein Ruck durch die Parteienlandschaft. Der Höhenflug der AfD ist vorerst gestoppt. Die Partei kommt bei der Sonntagsfrage zur politischen Stimmung aktuell auf 26 Prozent, das sind sechs Punkte weniger als bei der vergangenen Umfrage aus dem September 2023.

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Skandal um Krah setzt AfD zu

Die Skandale der vergangenen Wochen beispielsweise um den Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, scheinen der Partei zuzusetzen. Wegen immer größerer Nähe der Gesamtpartei zu rechtsextremen Positionen und der nachfolgenden Verbotsdebatte dürfte der Rückhalt ebenfalls gesunken sein. Ein weiterer Punkt für die Umfragedelle ist das Erstarken des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). AfD-Landeschef Holm beklagt den fehlenden Rückenwind der Gesamtpartei. Es sei aber erfreulich, dass die AfD trotz Einbußen stärkste Kraft geblieben sei.

SPD verliert gegenüber letzter Umfrage

Trotzdem bleibt die AfD mit Abstand stärkste Kraft, sie liegt knapp zehn Punkte über ihrem Landtagswahlergebnis von 2021. In der Wählergunst gesunken ist erneut die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Die Sozialdemokraten kommen nur noch auf 21 Prozent, zwei Punkte weniger als bei der vergangenen Umfrage. Das Landtagswahlergebnis der Regierungspartei wäre damit in der Mitte der Legislaturperiode fast halbiert. Generalsekretär Julian Barlen schiebt das auf den "aktuellen Bundestrend", der sieht die SPD eher im Umfrage-Keller. Barlen wiederholte die Aussagen aus der Vergangenheit: Umfragen seien keine Wahlergebnisse und, die Menschen können sich auf die SPD und die Ministerpräsidentin verlassen.

CDU legt zu

Über die besten Zahlen seit drei Jahren freute sich CDU-Landeschef Daniel Peters, seine Partei werde als bürgerlich-konservative Kraft gebraucht. Anders als die SPD legt die CDU unter ihrem neuen Landesvorsitzenden zu. Die Christdemokraten kommen ebenfalls auf 21 Prozent und liegen damit gleichauf mit der SPD. Offenbar scheinen sich die härteren Töne in der Migrationspolitik ebenso auszuzahlen wie der allgemeine Schwenk zu eher konservativen Positionen. Die CDU würde damit fast acht Punkte über ihrem Landtagswahlergebnis liegen.

Linke rutscht weiter ab

Bitter sind die Zahlen für den kleineren Regierungspartner Die Linke. Die Partei setzt ihren Abwärtstrend fort. Sie rutscht laut Umfrage auf fünf Prozent ab und muss erstmals um den Verbleib im Landtag fürchten. Linksparteichef Peter Ritter nennt die fünf Prozent für seine Partei ernüchternd. Bis zur Landtagswahl 2026 sei es aber noch lange hin, im aktuellen Kommunalwahlkampf bekomme seine Partei jedenfalls viel Rückenwind. Laut Umfrage gilt die Partei aus Wählersicht in der Koalition mit der SPD als kaum wahrnehmbar. Nur neun Prozent der Befragten meinen, die Linke sei der durchsetzungsstärkere Regierungspartner, 64 Prozent sprechen diese Rolle der SPD zu.

Grüne stabil

Stabil halten sich laut Umfrage die Grünen. Wie schon im September 2023 liegen sie erneut bei acht Prozent - das wäre etwas über ihrem Wahlergebnis von 2021. Landeschefin Katharina Horn sieht die Werte als Bestärkung. Ihre Partei spreche die Themen an, die die Menschen bewegten. Zukunftsfähige Jobs, sichere Energieversorgung und die Verteidigung der Demokratie.

FDP unter drei Prozent

Für die FDP deutet sich dagegen erneut ein Kampf um das parlamentarische Überleben an. Infratest dimap führt die Partei nicht mehr einzeln auf. Das heißt, die Demoskopen sortieren sie bei unter drei Prozent ein. Der Abstand zur Sperrklausel fällt damit noch größer aus als im September 2023. FDP-Landeschef Rene Domke wertet die Ergebnisse für seine Partei als alarmierend.

Die Linke und auch die FDP sehen die Bundespolitik als Ursache für das schlechte Abschneiden in der Umfrage, die Grünen-Spitze bezeichnete die stabilen acht Prozent dagegen als Bestärkung des bisherigen Kurses.

Wagenknecht-Partei BSW vor Linke

Eindeutiger Gewinner ist das neue BSW. Ermutigend nannte Bundesgeneralsekretär, Christian Leye, der BSW-Zentrale den 10-Prozent-Wert, obwohl das Bündnis Sahra Wagenknecht noch keinen eigenen Landesverband gegründet hat. Damit wäre es doppelt so stark wie die Linken. Das BSW wäre viertstärkste Kraft im Landtag. Die Menschen würden seine Partei als neue politische Kraft sehen, die eine Lücke fülle, sagte Leye. Eine Mehrheit der Befragten - 47 Prozent - finden die Parteineugründung "eher gut", 35 Prozent halten sie für "eher schlecht". Der Rest macht keine Angaben.

Laut Politikwissenschaftler Wolfgang Muno ist die neue Partei besonders in Ostdeutschland beliebt, in Westdeutschland allerdings eher unbeliebt. Die BSW kombiniere sozialpolitische Wohltaten, eine geschlossene Gesellschaft mit weniger Flüchtlingen und eine Russlandfreundlichkeit. Die Ähnlichkeit zur SED sei deswegen besonders im Osten und bei älteren Menschen beliebt, so Muno.

Regierungskoalition ohne Mehrheit

Die neuen Zahlen würden eine Regierungsbildung in Schwerin weiter erschweren. Die rot-rote Koalition steht mit zusammen 26 Prozent ohne eigene Mehrheit da. Weil für sie eine Beteiligung der AfD nicht in Frage kommt, könnte die SPD in einer Dreier-Koalition nur gemeinsam mit der CDU regieren. Möglich wäre beispielsweise ein rot-schwarz-grünes oder ein rot-schwarz-rotes Bündnis. Eine Vierer-Koalition aus SPD, Linken, Grünen und BSW hätte dagegen nicht die nötige Mehrheit.

Unzufriedenheit mit rot-roter Landesregierung

Laut Umfrage kommt die aktuelle rot-rote Koalition zur Halbzeit zwar auf leicht verbesserte Werte, eine Mehrheit der Wähler und Wählerinnen ist aber weiter unzufrieden mit der Arbeit von SPD und Linken. Nur 40 Prozent geben dem Bündnis gute Noten. Damit fährt die Schwesig-Regierung bundesweit den drittschlechtesten Wert ein. Nur in Berlin und Thüringen sind die Menschen unzufriedener mit ihrer Landesregierung.

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Leichte Verbesserung für Ministerpräsidentin

Auch Schwesigs Amtsbonus als Ministerpräsidentin leidet. 49 Prozent sind mit ihrer Arbeit zufrieden, 47 Prozent sind es nicht. Der Rest macht keine Angaben. Im Vergleich zur Herbstumfrage sind die Werte leicht verbessert. Ihre Bundesratspräsidentschaft, die die Staatskanzlei intensiv in Szene setzt, scheint sich jedoch kaum auszuzahlen. Schwesig liegt im Ranking ihrer Kolleginnen und Kollegen in elf anderen Bundesländer auf einem der hinteren Plätze. Nur in Berlin und Nordrhein-Westfalen werden die Regierungschefs schlechter bewertet. Für Bremen und Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern liegen keinen aktuellen Vergleichswerte vor.

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Migration wichtigstes Thema

Größte Aufgabe für die Politik in Mecklenburg-Vorpommern bleibt aus Wählersicht das Thema "Zuwanderung/Flucht". Für 28 Prozent ist es das wichtigste Problem, das sind allerdings zwei Punkte weniger als noch im September 2023. Auf Platz 2 folgt "Bildung/Schule" mit 23 Prozent und das Thema "Arbeitslosigkeit" mit 17 Prozent. Auffällig ist, dass die "Energiepolitik/Energiewende" den Menschen offenbar weniger auf den Nägeln brennt. Nur sieben Prozent nennen das Thema als wichtigstes Problem, das sind sieben Punkte weniger als noch im vergangenen September. Damals rangierte das Thema auf den ersten drei Plätzen. Die aktuelle Zahlen scheinen ein Beleg dafür, dass die von vielen gefürchtete Energiekrise abgewendet ist.

Die Methodik des MV-Trends im Mai 2024

Durchgeführt wurde die Befragung im Auftrag des NDR in MV von infratest dimap im Erhebungszeitraum vom 2. bis 7. Mai 2024.
Befragt wurden insgesamt 1.177 Wahlberechtigte in MV anhand zufallsbasierter Telefon- und Online-Befragungen (691 Telefoninterviews, 486 Online-Interviews). Die Gewichtung erfolgte nach soziodemografischen Merkmalen und Rückerinnerung des Wahlverhaltens. Da mehr als 1.000 Personen quer durch alle Altersgruppen befragt wurden, ist die Wahlumfrage als repräsentativ einzustufen. Die Schwankungsbreite beträgt zwei Prozentpunkte bei einem Anteilswert von zehn Prozent und fünf Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Nordmagazin | 10.05.2024 | 19:30 Uhr