
Jörg Müller Verfassungsschutzchef in Brandenburg entlassen
Der Leiter des Brandenburger Verfassungsschutzes, Müller, muss überraschend seinen Posten räumen. Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben, erklärte das Innenministerium.
Die Brandenburger Innenministerin Katrin Lange (SPD) hat den Leiter des Verfassungsschutzes Jörg Müller mit sofortiger Wirkung von der Führung der Dienstgeschäfte entbunden. Müller soll in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wie das Innenministerium am Dienstag mitteilte.
Das "notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit" sei nicht mehr gegeben, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Weitere Erläuterungen zu den Umständen werde das Innenministerium am Dienstag nicht geben, teilte es auf rbb-Nachfrage mit.
Die Leitung der Verfassungsschutzabteilung soll demnach im Juli neu besetzt werden. Bis dahin wird die Abteilung der Mitteilung zufolge vom stellvertretenden Leiter Axel Heidrich geführt.

Müller: "Habe mir nichts vorzuwerfen"
Jörg Müller sagte der Deutschen Presse-Agentur nach seiner Entlassung: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen."
Seit 2001 war der 52 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirt im Brandenburger Innenministerium beschäftigt. Seine Laufbahn begann er in der Verwaltung des Polizeipräsidiums. Danach war er mehrere Jahre beim Verfassungsschutz in der Leitungsebene tätig. 2020 übernahm er den Chefposten.
Der politische Beamte war von Langes Vorgänger, CDU-Innenminister Michael Stübgen, ernannt worden. Dieser hatte zuvor Müllers Vorgänger Frank Nürnberger ebenfalls wegen "fehlenden Vertrauens" von seiner Aufgabe entbunden.
Gespräche über Umgang mit AfD zwischen Müller und Lange
Die überraschende Entscheidung kommt in einer Zeit, in der über den Umgang mit der AfD und der Einstufung diskutiert wird. In der vergangenen Woche hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. In Brandenburg bewertet der Verfassungsschutz die Landes-AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
Nach der Neueinstufung auf Bundesebene hatte es Gespräche zwischen Müller und Innenministerin Lange gegeben mit Blick auf die Bewertung der AfD in Brandenburg. Ob es dabei zu konkreten Verwerfungen zwischen Lange und Müller kam, blieb bislang unklar.

Bericht über zurückgezogene Hochstufung der AfD
Im Dezember 2024 berichteten WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung", es habe im Verfassungsschutz Brandenburg konkrete Pläne gegeben, die Hochstufung der AfD im November vorzunehmen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl und dem Eindruck einer Einflussnahme der Politik sei dies aber gestoppt worden. Damals hatte das Innenministerium dazu lediglich gesagt, die Einstufung des AfD-Landesverbandes Brandenburg unterliege der kontinuierlichen Prüfung seit 2020. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ordnet der jeweilige Landes-Verfassungsschutz die Partei bereits als gesichert rechtsextremistisch ein.
Müller trat zuletzt in Erscheinung mit dem Vorhaben, eine neue Neonazi-Bewegung in Brandenburg ins Visier nehmen zu wollen. Er sprach Mitte April von "gewaltbereiten, subkulturellen Nationalsozialisten". Zudem hatte sich Müller für ein Verbot rechtsextremer Chatgruppen ausgesprochen, in denen sich junge Neonazis vernetzen. "Eine verfassungsfeindliche Chatgruppe, die einen Administrator und Zugangsvoraussetzungen hat, fällt für mich unter den Vereinigungsbegriff - und sollte daher auch verboten werden können", sagte Müller im Interview mit "Stern" und RTL im April.

Brandenburger CDU-Fraktionschef verwundert über Entscheidung
Der Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann zeigte sich irritiert von der Entlassung Müllers. "Der bisherige Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Herr Müller, genoss parteiübergreifend ein sehr hohes Ansehen", so Redmann. "Insofern überrascht und, ich muss auch ehrlich sagen, verwundert mich dieser Schritt der Innenministerin außerordentlich."
Auch die Brandenburger Grünen, die bei der Ernennung Müllers mitregierten, jetzt aber nicht mehr im Landtag sitzen, rätselten in einer Mitteilung am Dienstag: "Möglicherweise war Müller der Ministerin zu konsequent in seiner Einschätzung rechtsextremer Tendenzen - und der nun anstehende Verfassungsschutzbericht zu deutlich in der Bewertung."
Der Landesverfassungsschutz in Brandenburg ist formell eine Abteilung des Innenministeriums und keine eigenständige Behörde. Deren Leiter ist deshalb auch kein Präsident. Der Verfassungsschutz ist der Inlandsgeheimdienst und hat verschiedene Aufgaben. Dazu gehören die Beobachtung demokratie- und verfassungsfeindlicher Bestrebungen sowie die Terror- und Spionageabwehr.
Sendung: rbb24, 06.05.2025, 16:00 Uhr
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