Rechtsextreme Szene in Deutschland Frauen sind für NPD-Strategen ganz nützlich

Stand: 24.08.2007 13:07 Uhr

Auch NPD-Strategen haben die wachsende Bedeutung nationalistisch denkender Mädchen und Frauen erkannt. Die weiblichen Anhänger sollen der radikalen Partei nicht nur zur Imageverbesserung verhelfen, sondern insgesamt zur Stabilisierung der Szene beitragen. "Die NPD ist keine männliche Domäne", beteuert NPD-Stratege Peter Marx. Zur Zeit liege der Frauenanteil der NPD bei 27 Prozent, so Marx, aber der Anteil bei den Zugängen sei zu 50 Prozent weiblich. Er könne sich in Zukunft sogar "irgendwann" eine weibliche Parteivorsitzende vorstellen, sagt Marx.

Die Realität in der rechten Szene sieht anders aus: Frauen besetzen kaum Führungspositionen. Unter den 36 NPD-Direktkandidaten zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2006 war nur einzige Frau. Jüngst wurde die einzige weibliche NPD-Landesvorsitzende, Anja Zysk aus Hamburg, von den männlichen Kameraden unsanft abserviert. Die sächsische NPD-Abgeordnete Gitta Schüßler, einzige Frau in der Fraktion, tritt öffentlich kaum in Erscheinung. Mit Doris Zutt aus Hessen hält bisher nur eine Frau im NPD-Bundesvorstand ihre Position. Dennoch drängt es auch extrem rechte Frauen nach oben.

Frauen springen für ihre Kameraden ein

Auch in strukturschwachen Gegenden mit hohem Kameradschaftsanteil steigt der Anteil junger Mädchen. Sie engagieren sich beim "Braunen Kreuz", einem so genannten "nationalen Sanitätsdienst", oder springen bei Demonstrationen als Ordner ein, weil männliche Kameraden mit Vorstrafen von den Behörden nicht zugelassen werden.

"Ohne Frauen funktioniert gar nichts mehr in der Szene", betont Aussteigerin Cindy. Sie weiß, dass fanatische Neonazistinnen nicht weniger gefährlich sein können als ihre männlichen Kameraden, auch wenn den Frauen bislang meistens nur eine sogenannte "Galeriefunktion" eingeräumt wird. "Die Mädels provozieren den Streit, die Männer schlagen zu - und sie stehen lachend daneben", erklärt Cindy. Nach Polizeiangaben werden nur etwa fünf Prozent rechtsextremer Straftaten von Frauen begangen, aber auch hier steigt der Anteil deutlich. Es mangelt an öffentlichem Bewusstsein gegenüber der Rolle der rechten Frau als Täterin, auch vor Gericht gilt sie meist nur als harmlose Mitläuferin.

„Biologische Pflicht“ als Frau und Mutter

Es sind Frauen wie Stella Palau oder Ricarda Riefling, die die braune Zukunft mitprägen wollen. Beide engagieren sich in der einzigen bundesweit agierenden nationalistischen Frauenorganisation, der "Gemeinschaft deutscher Frauen". Palau gehörte früher zum "Skingirl Freundeskreis", seit kurzem sitzt sie im Bundesvorstand der NPD. Sie ist Sprecherin des Landesverbandes der Partei in Berlin und repräsentiert heute den biederen Partei-Ableger "Ring Nationaler Frauen".

Doch nicht immer trifft das weibliche Engagement auf Akzeptanz bei den Kameraden. Denn in einem ist sich die braune Szene einig: Die Emanzipation ist ein Feindbild. Der Fraktionschef der NPD im Schweriner Landtag, Udo Pastörs, formulierte es Ende Januar im Parlament so: "Verbiegen wir Männer und Frauen – sie nennen es Emanzipation – töten wir aber in den Frauen ein Stück ihrer Weiblichkeit und blockieren bei den Männern die Entfaltung ihrer Männlichkeit."

Extrem rechte Frauen können sich noch so sehr als Straßenkämpferin und Parteiaktivistin "verdient" gemacht haben, irgendwann wird jede an ihre "biologische Pflicht" als Frau und Mutter erinnert. Die Szene huldigt dem NS-Vorbild der "Volksgemeinschaft", demnach ist für die "Erhaltung der eigenen Art" in erster Linie die Frau zuständig. Auch Tanja Privenau hat ihre fünf Kinder lange Zeit in diesem Sinne erzogen, heute gilt sie als "Verräterin". Nicole wollte ihr Privatleben nicht der NPD opfern. Als ihr Freund Kinder zur Gründung einer "nationalen Familie" verlangte, stieg sie aus.