Protestaktion der Gruppe "Letzte Generation" in Berlin

Klimaproteste Ampel-Politiker gegen Strafrechtsverschärfungen

Stand: 07.11.2022 10:19 Uhr

Die Blockaden und Sachbeschädigungen durch Klimaaktivisten sorgen für Kritik. Doch die Forderung der Union nach härteren Strafen lehnen Koalitionsvertreter ab. Die "Letzte Generation" kündigte derweil weitere Aktionen an.

Im Zusammenhang mit den Protesten der Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" will die Union Strafrechtsverschärfungen durchsetzen. Die Gruppe war in den vergangenen Wochen wegen zahlreicher Aktionen - unter anderem Straßenblockaden und Sachbeschädigungen in Museen - in die Kritik geraten, auch die Bundesregierung fand deutliche Worte.

Verschärfungen des Strafrechts lehnen Vertreter der Ampel-Koalition aber ab. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem "Tagesspiegel", die "immer weiter fortschreitende Radikalisierung von Teilen der Klimabewegung" bereite ihm "große Sorgen". Doch stünden bereits genügend rechtliche Instrumente zur Verfügung, "wenn die Grenzen des friedlichen Protests überschritten werden".

Ähnlich äußerte sich die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede. Sie befürchte eine "weitere Radikalisierung" der Aktivisten. Doch biete das Strafrecht bereits zahlreiche Möglichkeiten, um dagegen vorzugehen. Die Forderung der Union nach strafrechtlichen Verschärfungen nannte sie "populistisch".

Thüringens Innenminister Georg Maier sagte, der Staat müsse bei Straßenblockaden "klare Kante" zeigen. Schon jetzt seien Freiheitsstrafen nicht ausgeschlossen. "Was es jetzt nicht braucht, ist gesetzliche Verschärfung. Es gibt genügend Straftatbestände, die da auch angewendet werden können", sagte Maier im Deutschlandfunk.

Union für Mindestfreiheitsstrafe

Die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, dass die Unionsfraktion als Reaktion auf die Blockade-Aktionen und Attacken auf Kunstwerke in dieser Woche einen Gesetzesantrag mit Strafrechtsverschärfungen in den Bundestag einbringen wolle. Straßenblockierern, die die Durchfahrt von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten behindern, solle demnach künftig eine Mindestfreiheitsstrafe drohen, außerdem sollten Aktivisten bei Wiederholungsgefahr vorbeugend in Haft genommen werden können. 

Für die Beschädigung oder Zerstörung von Kulturgütern fordert die Union der "BamS" zufolge eine Mindestfreiheitsstrafe anstatt der bislang geltenden Geldstrafe. Klima-Protest dürfe "kein Freibrief für Straftaten sein", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dem Blatt.

Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz, Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, sagte der "Welt", mit der Gefährdung von Menschen durch Straßenblockaden und der Beschädigung historischer Kunstwerke würden "rote Linien überschritten". Der Rechtsstaat müsse darauf härter als bislang reagieren. "Mit Geldstrafen werden wir die zunehmende Radikalisierung nicht aufhalten", warnte die CSU-Politikerin.

Mahnwache für gestorbene Radfahrerin

Der politische und gesellschaftliche Streit um die Folgen von Straßenblockaden und anderen Protestaktionen von Klimaaktivisten hat sich seit dem Tod einer Radfahrerin in Berlin verschärft. Die Frau war am Montag von einem Lastwagen erfasst und überrollt worden. Ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte, die Verletzte unter dem Lastwagen zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der Stadtautobahn. Dieser soll durch eine Aktion der "Letzten Generation" ausgelöst worden sein. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete jedoch unter Berufung auf einen Einsatz-Vermerk, dass es nach Einschätzung der behandelnden Notärztin keine Auswirkungen auf die Rettung der verletzten Frau hatte, dass das Spezialfahrzeug nicht zur Verfügung stand.

Die Radfahrerin starb nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag an ihren schweren Verletzungen. Mehrere Dutzend Menschen gedachten der Frau am Sonntagabend bei einer Mahnwache.

Gruppe kündigt Ausweitung der Proteste an

Die Aktivistengruppe äußerte in einer Mitteilung ihr Bedauern über den Tod der Radfahrerin, wandte sich aber auch gegen die "Welle der Vorwürfe, Unwahrheiten und Hetze", die nach dem Unfall in den Medien über sie verbreitet werde. Und sie kündigte weitere Aktionen an. "Wir werden unseren Protest in alle Bereiche tragen, die von der Klimakatastrophe betroffen sein werden", sagte die Aktivistin Carla Rochel am Sonntag dem Sender RTL.

Ihre Bewegung befinde sich nicht in einem "Beliebtheitswettbewerb". Es gehe der Gruppe "nicht darum, gemocht zu werden - sondern darum, dass der Gesellschaft bewusst wird, dass wir in eine Klimakatastrophe rasen."

Auch Blockaden an deutschen Flughäfen wie am Wochenende in den Niederlanden schloss Rochel nicht aus. In Amsterdam hatten Klimaaktivisten am Samstag den Flughafen Schiphol teilweise lahmgelegt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. November 2022 um 06:00 Uhr und um 08:45 Uhr.