Olaf Scholz

Scholz zur Zahnarzt-Aussage Merz "sollte besser auf seine Worte aufpassen"

Stand: 29.09.2023 16:53 Uhr

Nachdem CDU-Chef Merz für Äußerungen zur Migrationspolitik viel Kritik geerntet hat, äußert sich nun auch der Kanzler klar dazu. Seine Aussagen entsprächen nicht der rechtlichen Lage, sagte Scholz dem SWR.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz kritisiert, Deutschland gehe mit Asylbewerbern in der Gesundheitsversorgung zu großzügig um. "Was Herr Merz vorgetragen hat, entspricht nicht der rechtlichen Lage in Deutschland. Ich finde, dass man besser auf seine Worte aufpassen sollte", sagte der SPD-Politiker im Interview mit dem SWR.

Bei irregulärer Migration gehe es schon darum, einen klaren Kurs zu haben. Dazu gehöre zum Beispiel, dass diejenigen abgeschoben werden, die keinen Anspruch auf Schutz haben. "Das sind klare Sätze und wir müssen sehr klare, präzise Politik machen, damit wir unsere Gesetze auch durchsetzen können. Aber das muss einen nicht dazu verführen, mit seinen Worten ungeschickt zu sein", so Scholz in Richtung Merz.

Zuvor hatte sich Scholz auf der Plattform X, ehemals Twitter, nur indirekt zu der Debatte geäußert: Sein klares Ziel seien gemeinsame Lösungen, die Deutschland voranbringen würden. "Mit heißer Luft und Populismus wird nur die Stimmung im Land aufgeheizt", schrieb er.

Merz: "Abgelehnte Asylbewerber bekommen volle Heilfürsorge"

Merz hatte in einer Diskussion über die Migrationspolitik im Fernsehsender Welt gesagt: "Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine."

Für seine Aussage erhielt der CDU-Chef viel Kritik und Widerspruch. Denn tatsächlich erhalten Geduldete nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts eine reduzierte medizinische Versorgung.

Zahnärztechef weist Aussagen zurück

Widerspruch kam unter anderem von der Bundeszahnärztekammer. "Ich kann die Aussagen von Friedrich Merz ehrlich gesagt nicht nachvollziehen", sagte der Präsident der Kammer, Christoph Benz, der "Wirtschaftswoche". "Beim Zahnarzt kriegt man in der Regel problemlos Termine."

Benz sagte, dass es den von Merz' genannten Zusammenhang nicht gebe: Wartezeiten im ländlichen Bereich seien auf die geringe Zahnarztdichte zurückzuführen. "Wer starke Schmerzen hat, wird aber immer bevorzugt behandelt", betonte der Zahnärztechef und warnte vor "problematischen Pauschalaussagen". "Die derzeit übliche politische Polterei löst keine Probleme."

Faeser wirft Merz "erbärmlichen Populismus" vor

Politiker aus SPD, Grüne oder auch Linke reagierten empört. Bundesinnenministerin Nancy Faeser etwa sprach etwa von "erbärmlichem Populismus auf dem Rücken der Schwächsten". Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow warf Merz vor, mit seiner Äußerung das Geschäft der AfD zu betreiben. "Die AfD haut sich auf die Schenkel, fühlt sich bestätigt - und durch die Bestätigung ihrer Klischees sogar noch unterstützt", sagte der Linken-Politiker dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Aus der Union bekam Merz hingegen Rückendeckung. "Friedrich Merz spricht schwierige Sachverhalte an, und wir sind daran interessiert, sie anzusprechen, aber auch zu lösen", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Er forderte die Ampelparteien auf, beim Thema Migration "parteiübergreifend aus der Mitte des Parlaments" Lösungen zu finden. "Das Angebot steht nach wie vor", sagte er.

Evi Seibert, SWR, tagesschau, 29.09.2023 15:48 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 29. September 2023 um 16:30 Uhr.