In einem ausgetrockneten Teil des Rheins wird ein Fahrrad freigelegt. Im Hintergrund gehen Menschen im Flusbett spazieren.
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Gesetz für Klimaanpassung Wie sich Deutschland für Extremwetter rüsten will

Stand: 13.07.2023 17:44 Uhr

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zu Klimaanpassung auf den Weg gebracht. Auf allen staatlichen Ebenen soll es konkrete Pläne zur Abmilderung von Klimafolgen geben. Wie soll das gehen?

Die Ausgangslage

Hitze, Trockenheit, Starkregen: Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur kann nicht mehr verhindert werden, die Folgen sind in Deutschland bereits spürbar - für Umwelt, Natur, Gesundheit und Wirtschaft.

Seit dem Jahr 2000 haben Extremwetterereignisse in Deutschland Schäden von mehr als 145 Milliarden Euro verursacht. Laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums könnten durch Extremwetter und Klimafolgen bis Mitte des Jahrhunderts wirtschaftliche Folgekosten von bis zu 900 Milliarden Euro entstehen.

Zwar gibt es bereits seit 2008 eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Mit dem Klimaanpassungsgesetz soll es nun aber erstmals einen "strategischen Rahmen" für eine vorsorgende Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen geben, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Grüne).

Wassermangel in Kommunen

Jan Körner, NDR, tagesschau, 13.07.2023 12:00 Uhr

Was ist Klimaanpassung?

Bei der Klimaanpassung wird Vorsorge getroffen vor Folgen des Klimawandels, die sich nicht mehr vermeiden lassen. Also zum Beispiel besser auf Wetterextreme wie Dürren, Starkregen oder Hitzephasen vorbereitet zu sein sowie Risiken zu minimieren und Schäden zu vermeiden.

Konkret heißt das zum Beispiel, möglichst wenige Flächen zu versiegeln, damit das Regenwasser abfließen kann und es nicht zu Überschwemmungen kommt. Oder deutlich mehr Schattenplätze in Städten zu schaffen, um Menschen - insbesondere vulnerable Gruppen wie Ältere - vor Hitze und zu viel UV-Strahlung zu schützen.

Was ist der Kern des Gesetzes?

Bis Ende 2024 will die Bundesregierung eine Anpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorlegen. Das wäre noch bevor der nächste Bundestag gewählt wird. Außerdem sollen die Bundesländer verpflichtet werden, ebenfalls eigene Anpassungsstrategien zu erarbeiten. Einige Bundesländer haben dies bereits.

Wichtiger Aspekt des Gesetzentwurfes ist das Berücksichtigungsgebot - demnach soll künftig beim Planen und Entscheiden immer auch geschaut werden, welche Auswirkungen des Klimawandels dabei zu beachten sind. So muss beispielsweise vor dem Bau von Gebäuden beachtet werden, ob dort Überschwemmungen drohen könnten.

Wer ist betroffen?

Die Klimaanpassung ist zum großen Teil Aufgabe der Bundesländer. Daher kann die bundesweite Strategie nur einen Rahmen geben. Auch den Kommunen kommt bei der Klimaanpassung eine zentrale Rolle zu. Schließlich liegen Straßen, Kanalisation, öffentliche Gebäude oder Krankenhäuser oftmals in kommunaler Hand.

Was kostet das?

Billig wird es nicht. Der Deutsche Städtetag verweist auf die Notwendigkeit erheblicher Investitionen - und forderte mehr Unterstützung. "Bund und Länder schätzen den Finanzbedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern und Kommunen bis 2030 auf insgesamt 55 Milliarden Euro und den Personalbedarf für die Umsetzung auf 16.200 Stellen", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Mit den bestehenden Förderprogrammen sei es unmöglich, diese nötigen Maßnahmen flächendeckend umzusetzen. "Bund und Länder müssen deshalb mehr Verantwortung übernehmen", fordert Dedy.

Wer zahlt es?

Die Finanzierung ist ein Knackpunkt des Gesetzes. Denn der Bund kann Kommunen nicht direkt finanzieren, das geht bislang nur bei Modellprojekten. Doch Maßnahmen zur Klimaanpassung - wie beispielsweise eine Deichrückverlegung - kann schon mal 20 Jahre dauern. Auch wenn das Gesetz selbst 2024 in Kraft treten soll, könnte eine Finanzierung daher erst in der nächsten Legislaturperiode klar sein.

Das Bundesumweltministerium bestätigt, dass den Kommunen bislang eine verlässliche Finanzierung für ihre Klimaanpassung fehlt. Doch die Aufgabe sei "zu umfangreich und herausfordernd, als dass sie ohne Hilfe des Bundes bewältigt werden könnte - sowohl, was die Finanzierung, aber auch was die überregionale Koordinierung von Maßnahmen angeht", sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Wie eine dauerhafte gemeinsame Finanzierung von Klimaanpassung durch Bund und Länder gelingen kann, werde mit der Umweltministerkonferenz diskutiert.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Gesetzentwurf wird nun an den Bundestag und Bundesrat übermittelt. Ziel ist es, dass das Gesetz 2024 in Kraft treten kann. Die Finanzierung ist allerdings noch vage. Laut Umweltministerium werden Bund und Länder eine langfristige, verlässliche Finanzierung von Klimaanpassungsmaßnahmen noch diskutieren.

(Quelle: dpa)