Ein Kleingärtner pflegt seine Kartoffelpflanzen.

Klimawandel und Kleingärten Gärtnern for Future

Stand: 24.09.2022 12:02 Uhr

Viel Hitze, wenig Regen: Wer einen Kleingarten hat, muss umdenken. Etwa beim Gemüseanbau. In der "Grünen Lunge" von Frankfurt wachsen jetzt auch Feigen und Kiwis.

Der Feigenbaum in Peter Beckmanns Freizeitgarten mitten im beliebten Frankfurter Stadtteil Nordend hängt voller Früchte. "Ich kannte das früher nur aus Italien oder Spanien", sagt der 53-jährige Krankenpfleger. "Die Feige hier hat sich wahnsinnig entwickelt, das liegt am Klimawandel", meint der Vater zweier Kinder und beißt genüsslich in die Frucht. Fast jeden zweiten Tag verbringt er hier seine Freizeit im Grünen, abseits von Verkehr und Lärm.

Sein Garten ist Teil der sogenannten "Grünen Lunge" in Frankfurt am Main. Ein zwölf Fußballfelder großes Areal, um das es einen jahrelangen Kampf gab, zwischen einer Bürgerinitiative, für die Beckmann spricht, und der Stadt Frankfurt. Die wollte hier ursprünglich Wohnungen, Schulen und Kindergärten bauen. Seit der Kommunalwahl aber, bei der die Grünen als stärkste Kraft hervorgingen, sehen die Pläne vor, nur bereits versiegelte Flächen zu bebauen.

"Grüne Lunge" der Großstadt

"Die Grüne Lunge ist wichtig für die Frischluftzufuhr der Stadt", erklärt Beckmann. Wenn es in der Innenstadt 35 Grad warm ist, ist es hier sicherlich zehn Grad kühler." Grund ist eine Frischluftschneise, die aus der nahe gelegenen Wetterau Wind durch die Grünfläche in die Innenstadt treibt und für Abkühlung sorgt.

Rund 300 Gärten gibt es hier, viele sind sogenannte Freizeitgärten, in denen Pächter und Eigentümer im Prinzip anbauen können, was sie wollen. Die übrigen sind Kleingärten und unterliegen einer Schrebergartenordnung.

Die Gärten speichern Wasser, sind Schadstofffilter und Schallschutz und bieten Lebensraum für viele Tierarten und Pflanzen. "Es gibt hier beispielsweise eine große Zahl an Grünspechten", erläutert Beckmann, "aber auch seltenere Pflanzen, wie den breitblättrigen Stendelwurz, eine Orchideenart - hier mitten in der Stadt."

In wachsenden Städten wie Frankfurt am Main sind solche Gärten, wie die in der "Grünen Lunge", stark gefragt. In ländlichen Regionen, vor allem in Ostdeutschland gehen Nachfrage und Bestand allerdings zurück. Insgesamt hat sich der Kleingartenbestand in Deutschland verringert, so eine vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Auftrag gegebene Studie.

25.000 Gärten weniger waren es im Zeitraum zwischen 2011 und 2018 - allerdings nicht wegen neuer Bauprojekte, sondern vor allem wegen mangelnder Nachfrage. Die meisten Kleingärten gibt es laut Bundesverband deutscher Kleingärten mit 66.000 in Berlin, in Frankfurt am Main sind es 16.000.

Wie geht klimaangepasstes Gärtnern?

Weil sich in den bestehenden Gärten der Klimawandel bemerkbar macht, geben Verbände wie der NABU mittlerweile Empfehlungen für ein klimafreundliches Gärtnern. Wer Gemüse anbaut, soll auf Sorten mit geringerem Wasserverbrauch umstellen. Heißt zum Beispiel: Statt Tomaten oder Gurken sollten Karotten, Kartoffeln oder Kürbisse angebaut werden.

Tipps für ein angepasstes, klimafreundliches Gärtnern gibt auch Sascha Apitz vom Kleingartenverein "Krautgärten" in Kelkheim im Taunus rund zwanzig Kilometer westlich von Frankfurt. Der Altersdurchschnitt der Kleingärtner dort liegt bei 47 Jahren. Überwiegend junge Familien mit Kindern gärtnern hier und zeigen ein großes Bewusstsein für Ökologie und Klimaveränderungen.

"Wir stellen fest, dass viele hier auf exotischere Pflanzen zurückgreifen", so Apitz. "Feigen haben wir hier auch, aber auch Kiwi oder Physalis werden inzwischen angepflanzt, denn die brauchen einfach weniger Wasser und kommen mit der Sonne besser zurecht."

Rasensprengen verboten

Im August hatte die Gemeinde Kelkheim den Wassernotstand ausgerufen. Maßvolles Gießen mit der Gießkanne war noch erlaubt, aber Rasensprengen war verboten und das Abfüllen von Trinkwasser in die Regentonne etwa. "Wir haben dann die Kleingärtner bei uns beraten, was man tun kann", so Apitz. Dazu gehört etwa auch, den Boden aufzulockern, damit bei Starkregen etwa das Wasser besser ins Erdreich eindringen kann.

Fürs Klima sind die Gärten in Kelkheim im Übrigen genauso wichtig wie die "Grüne Lunge" in Frankfurt am Main, meint Apitz. Dort hoffen die Aktivisten um Beckmann, dass das Areal auch über die nächste Kommunalwahl 2026 hinaus bestehen bleibt. Mehrmals im Jahr gibt er weiterhin Führungen durch die Gärten. "Damit bei den Menschen ein Bewusstsein dafür entsteht, wie wichtig der Raum fürs Klima und damit für uns alle ist", so Beckmann.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete HR in der Sendung "Urban Farming - Gärtnern fürs Klima" am 12. März 2022 um 18:45 Uhr.