Hintergrund

Facebook-Kritik Brief von Justizminister Heiko Maas

Stand: 27.08.2015 11:59 Uhr

Klare Worte - gegen krasse Worte. Bundesjustizminister Maas fordert Facebook in einem Schreiben auf, gegen Hasskommentare vorzugehen. Sein Brief im Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zusammenhang mit den bestürzenden Vorfällen fremdenfeindlicher Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte haben mein Haus auch zahlreiche Hinweise und Beschwerden von Bürgern über rassistische Hetze im Internet erreicht. Insbesondere beklagen Facebook-Nutzer vermehrt, dass Ihr Unternehmen trotz entsprechender konkreter Hinweise rassistische und fremdenfeindliche "Posts" und Kommentare nicht effektiv unterbinde. Würden solche Inhalte gemeldet, erhalte der Nutzer häufig lediglich die Rückmeldung, der Beitrag sei zwar geprüft worden, verstoße aber nicht gegen Ihre "Gemeinschaftsstandards". Eine weitergehende Begründung, die Anhaltspunkte für eine fundierte Prüfung oder Abwägung liefern könnte, wird nach den mir vorliegenden Informationen offenbar - selbst in evidenten Fällen - nicht gegeben.

Es ist für Internetnutzer und Bürger kaum nachvollziehbar, warum bestimmte Inhalte - beispielsweise Fotos bestimmter Körperteile - unter Berufung auf die "Gemeinschaftsstandards" wegen moralischer Bedenken durch Facebook automatisch gelöscht werden, rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen hingegen selbst nach entsprechenden Nutzer-Hinweisen und einer (vorgeblichen?) Prüfung nicht unverzüglich entfernt werden. Der pauschale Verweis, derartige Beiträge verstießen nicht gegen Ihre Gemeinschaftsstandards, wird so zur Farce. Dass rassistische, volksverhetzende Äußerungen mit unserer Werteordnung unvereinbar und unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt zu rechtfertigen sind, dürfte doch außer Zweifel stehen.

Zwar weisen Sie in Ihren Gemeinschaftsstandards bereits jetzt darauf hin, dass die Verbreitung von Hassbotschaften mittels Facebook unzulässig ist. Dazu heißt es in dem entsprechenden Abschnitt:

"Facebook entfernt sämtliche Hassbotschaften, d. h. Inhalte, die Personen aufgrund der folgenden Eigenschaften direkt angreifen:

. Rasse,

. Ethnizität,

. Nationale Herkunft,

. Religiöse Zugehörigkeit,

. Sexuelle Orientierung,

. Geschlecht bzw. geschlechtliche Identität oder

. Schwere Behinderungen oder Krankheiten.

Die Präsenz von Organisationen und Personen, die Hass gegen diese geschützten Gruppen schüren, ist auf Facebook nicht zulässig. Wie bei allen unseren Standards vertrauen wir darauf, dass unsere Gemeinschaft uns entsprechende Inhalte meldet."

Die praktische Umsetzung und effektive Anwendung dieser selbst auferlegten Gemeinschaftsstandards scheinen jedoch nicht gewährleistet zu sein, obwohl derartige Äußerungen regelmäßig Straftatbestände, insbesondere den Tatbestand der Volksverhetzung, erfüllen und eine öffentliche Aufforderung zur Begehung von Straftaten darstellen können.

Hinzu kommt, dass Facebook als Anbieter einer Social-Media-Plattform nach den für Host-provider geltenden Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie und den nationalen Umsetzungsvorschriften gesetzlich verpflichtet ist, rechtswidrige Inhalte seiner Nutzer unverzüglich nach Kenntniserlangung zu löschen.

Es steht außer Frage, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist. Das Internet ist jedoch kein rechtsfreier Raum, in dem rassistische Hetze und strafbare Äußerungen unkontrolliert verbreitet werden können. Gegenüber Internetnutzern, die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus offensiv propagieren, darf es keine falsch verstandene Toleranz geben.

Vor diesem Hintergrund sollte Facebook dringend überprüfen, ob die gegenwärtigen Standards und deren Anwendung in der Praxis ausreichend sind, und Maßnahmen treffen, um die Verbreitung rassistischer und volksverhetzender Inhalte wirksam zu bekämpfen.

Ich möchte Sie kurzfristig zu einem Gespräch ins Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einladen, um Möglichkeiten zu erörtern, die Effektivität und Transparenz Ihrer Gemeinschaftsstandards zu verbessern.

Als Termin schlage ich vor Montag, den 14. September 2015, 17:00 Uhr.

Mein Büro wird in den nächsten Tagen zu den Einzelheiten der Terminvereinbarung Kontakt mit Ihnen aufnehmen.

Mit freundlichen Grüßen"