Ein Polizist steht in einem Gebäude auf dem Münchner Flughafen.

Studie zur Polizeiarbeit Risiko von Diskriminierung auch bei Notrufen

Stand: 22.05.2025 11:36 Uhr

Racial Profiling bei Grenzkontrollen, Benachteiligung bei Notrufen oder dem Erstatten einer Anzeige: In nahezu allen Bereichen der Polizeiarbeit besteht einer Studie zufolge das Risiko von Diskriminierung.

Von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio

Eine Vielfliegerin mit migrantischem Hintergrund wird bei der Passkontrolle am Flughafen regelmäßig von der Bundespolizei rausgezogen. Ihr eher typisch Deutsch aussehender Ehemann mit gleichem Nachnamen nicht. Es sind solche Beispiele, die den Polizeibeauftragten des Bundes, Uli Grötsch, häufiger erreichen. Ein flächendeckendes Diskriminierungsproblem sieht er aber nicht. 

"Es ist schwierig, solche Themen zu pauschalisieren", sagt Grötsch. "Es ist aber unabdingbar, ein Bewusstsein dafür zu haben, dass das ein Thema ist. Das hat natürlich auch mit einem gestiegenen Transparenzbedürfnis in der Bevölkerung zu tun."

Und Transparenz hätte auch der Vielfliegerin mit migrantischem Hintergrund geholfen. Denn laut Grötsch hatte es eine Person mit gleichem Namen gegeben, gegen die ein Haftbefehl vorgelegen hatte. In diesem Fall ging es also nicht um Diskriminierung wegen des Aussehens oder der Hautfarbe. Für die Betroffene waren die ständigen Extrakontrollen aber dennoch ärgerlich.

Zwei Diskriminierungsrisiken

In nahezu allen Bereichen der polizeilichen Arbeit besteht grundsätzlich das Risiko, dass Menschen diskriminiert werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Polizei und Diskriminierung - Risiken, Forschungslücken, Handlungsempfehlungen" der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Selbst bei Notrufen und Beschwerden besteht das Risiko von Diskriminierung - wenn zum Beispiel der Anruf eines Obdachlosen oder psychisch Erkrankten nicht ernst genommen wird.

Grundsätzlich gibt es viele Menschen, die von der Polizei diskriminiert werden könnten, sagt die Kriminologin Daniela Hunold. Sie forscht an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) zu diesem Thema. "Das heißt: Rassifizierung, Benachteiligung von Menschen, die arm sind, die vielleicht nicht gut lesen können, die eine bestimmte geschlechtliche Identität haben."

Die Wissenschaftler unterscheiden grob zwei Diskriminierungsrisiken: Menschen können von der Polizei zu wenig Schutz bekommen, insbesondere dann, wenn sie alt, sozial schwach oder in einem psychischen Ausnahmezustand sind. Ähnliches kann Frauen mit Migrationshintergrund bei der Anzeige häuslicher Gewalt widerfahren, wenn sie beispielsweise nicht ernst genommen werden.

Racial Profiling ein "großer Spagat"

Und auf der anderen Seite gibt es Diskriminierungsfälle, bei denen die Polizei Grenzen überschreitet. Beispielsweise dann, wenn junge, häufig schwarze Männer ohne Anlass und nur wegen ihres Aussehens regelmäßig kontrolliert werden. Das sogenannte Racial Profiling, gerade bei Grenzkontrollen, sei ein großer Spagat, sagt der Bundespolizeibeauftragte Grötsch. 

"Auf der einen Seite lautet der Auftrag, die illegale Migration nach Deutschland zu kontrollieren. Auf der anderen Seite sagen mir die Bundespolizisten: 'Wenn wir dann jemanden mit anderer Hautfarbe kontrollieren, bekommen wir Ärger.' Das geht nicht zusammen."

Grötsch sagt, es ginge darum, "dass jemand eben nicht nur wegen eines südländischen Aussehens kontrolliert wird, sondern eben alle kontrolliert werden, egal wie sie aussehen, woher sie kommen und an welchen Gott sie glauben." 

Ataman: Beschwerdemöglichkeiten verbessern

Die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, sieht Nachbesserungsbedarf, insbesondere bei unabhängigen Beschwerdemöglichkeiten für Betroffene. "Da braucht es einfach klare Regeln. Wenn etwas passiert: Wie wird damit verfahren? Und wo kann ich mich hinwenden? Das müssen Bürgerinnen und Bürger wissen."

Die Studie zu Diskriminierungsrisiken ist keine Abrechnung mit der Polizeiarbeit. Vielmehr soll sie eine Grundlage dafür sein, sie zu verbessern und Polizistinnen und Polizisten zu schulen.

Uli Hauck, ARD Berlin, tagesschau, 22.05.2025 08:32 Uhr