Bewohner und Pflegerin im Garten eines Seniorenheims in Niedersachsen.
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Wahlprogramme im Vergleich Was die Parteien in der Pflege wollen

Stand: 12.08.2021 12:25 Uhr

Reformbedarf in der Pflege sehen alle Parteien. Aber während Union und FDP grundsätzlich an der bestehenden Pflegeversicherung festhalten, wollen SPD, Linkspartei und Grüne sie zu einer Bürgerversicherung ausbauen. Die Pläne im Überblick.

Personalmangel, schlechte Arbeitsbedingungen und ausufernde Kosten - dass sich in der Pflege auch vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft etwas ändern muss, meinen alle Parteien. Ihre Lösungsansätze sind jedoch sehr verschieden. Nach Ansicht der Union hat sich die Pflegeversicherung bewährt, sie sollte aber weiterentwickelt werden. Die FDP sieht das ähnlich, ihre Vorschläge sind aber weitgehender als die von CDU und CSU. Ganz andere Pläne haben SPD, Linkspartei und Grüne: Sie wollen eine Pflegebürgerversicherung einführen, in die alle einzahlen. Die AfD bleibt in dieser Frage vage, sie möchte aber die soziale Pflegeversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung zusammenlegen. Konsens herrscht mit Blick auf die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte: Sie sollen verbessert werden. Am konkretesten wird hier die Linkspartei: Sie fordert 100.000 zusätzliche Pflegekräfte und 500 Euro mehr Grundgehalt.

CDU/CSU

Die Union verspricht, die Pflegeversicherung weiterzuentwickeln. Um unverhältnismäßig steigende Beiträge zu vermeiden, will sie den Pflegevorsorgefonds bis 2050 verlängern. Eine staatliche Förderung der betrieblichen Pflegezusatzversicherungen will sie prüfen. Das Pflegegeld soll an die Lohnentwicklung gekoppelt werden. Die ambulante und stationäre Pflege möchte die Union verbessern, etwa durch wohnortnahe gezieltere und flexiblere Unterstützung, Leistungen für Angebote der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie Betreuungsleistungen sollen zu einem Budget zusammengefasst werden.

Die Union spricht sich für attraktive Arbeitsbedingungen für alle in der Pflege aus und nennt als einen Baustein verlässliche Dienstpläne. Entlastung erwartet sie auch durch den digitalen Fortschritt. Weitere 500 Millionen Euro sollen in Robotik und Digitalisierung in der Pflege fließen. CDU und CSU wollen zudem die Willkommenskultur für ausländische Pflegefachkräfte stärken und Gesundheits- und Pflegeberufe vom Schulgeld befreien. Die Vielfalt der Träger in der Pflege sieht die Union positiv, vom Wettbewerb erhofft sie sich bessere Angebote.

SPD

Perspektivisch möchte die SPD die gesetzliche Pflegeversicherung zu einer Pflegebürgerversicherung umbauen, in die alle Einkommensgruppen einzahlen. Als ersten Schritt will sie den Eigenanteil für Pflegebedürftige mit kleinen und mittleren Einkommen deckeln. Wer zu Hause Angehörige pflegt, soll dabei unterstützt werden, die Pflege mit Erwerbsarbeit zu kombinieren. Konkret: 15 Monate Anspruch auf Unterstützung (Lohnersatz) bei einer Arbeitszeitreduzierung für jeden nahen Angehörigen ab "Pflegegrad 2", auf mehrere Pflegepersonen aufteilbar mit einer Mindestarbeitszeit von 15 bis 20 Stunden. Außerdem plant die SPD Anlaufstellen in kleinen Städten und Kommunen, die medizinische und haushaltsnahe Dienstleistungen vermitteln.

Für alle Pflegekräfte fordert die Partei allgemeinverbindliche Branchentarifverträge. Die Arbeits- und Stressbelastung in der Branche will sie senken, vor allem über mehr Personal. Dafür soll es eine bundesweit einheitliche, bedarfsorientierte Personalbemessung in allen Pflegebereichen geben. Zudem sollen Pflegekräfte bessere Aufstiegschancen erhalten.

AfD

Die AfD möchte soziale Pflegeversicherung und gesetzliche Krankenversicherung zusammenlegen, weil es hier nach Ansicht der Partei oft zu Überschneidungen kommt (vgl. "Was die Parteien im Gesundheitswesen planen"). So könnten etwa Kurzzeitpflegeplätze in den Krankenhäusern durch die Pflegeversicherung finanziert werden. Die häusliche Pflege will die AfD stärken und pflegende Angehörige unterstützen, etwa durch die Angleichung des Pflegegeldes an die Pflegesachleistungen.

Eine generalisierte Pflegeausbildung lehnt sie ab. Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege sollen getrennte Ausbildungsberufe bleiben. Die AfD fordert eine leistungsgerechte angemessene Bezahlung der Pflegekräfte über einen Flächentarifvertrag mit steuerfreien Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen. Zudem soll es eine gesetzlich festgelegte bundesweit einheitliche Personaluntergrenze für Pflegeeinrichtungen geben.

FDP

Die FDP will an der Pflegeversicherung festhalten und sie durch Kapitaldeckungselemente ergänzen. Wie auch bei der Rente plädiert sie für ein Drei-Säulen-Modell, bestehend aus der sozialen Pflegeversicherung sowie aus privater und betrieblicher Vorsorge. Für jede Person soll es ein Pflegebudget geben. Alle Leistungsansprüche der jeweiligen Pflegegrade sollen in dieses monatliche Budget fließen, über das unbürokratisch und transparent je nach Bedarf verfügt werden kann. Pflegende Angehörige will die Partei entlasten, unter anderem über mehr Kurzzeitpflegeplätze, niedrigschwellige Beratungsangebote und Telepflege.

Starre Pflegepersonal-Untergrenzen lehnt die FDP ab. Vielmehr braucht es demnach eine bedarfsgerechte Personalbemessung. Die Pflegeausbildung will die FDP reformieren, etwa über ein duales Studium, mehr digitale Inhalte und mehr Karrierechancen.

Linkspartei

Die Linkspartei will eine solidarische Pflegevollversicherung, in die alle Menschen einzahlen und die alle pflegerischen Leistungen abdeckt. Die private Pflegeversicherung geht darin auf. Eigenanteile fallen weg. Mehr professionelle Tages- und Kurzzeitpflege soll pflegende Angehörige entlasten. Wer zusätzlich einen Beruf ausübt, soll für sechs Wochen bei vollem arbeitgeberfinanziertem Lohnausgleich freigestellt werden können. 

Wie schon für die Krankenhäuser fordert die Partei auch für Altenheime 100.000 zusätzliche Pflegekräfte und 500 Euro mehr Grundgehalt. Für bessere Arbeitsbedingungen will die Linke den Pflegevorsorgefonds in einen Pflegepersonalfonds umwandeln. Zusätzliche Pflegekräfte können so regulär beschäftigt und nach Tarif bezahlt werden. Es soll eine Fachkraftquote von mindestens 50 Prozent gelten. Pflegearbeit in Privathaushalten soll als reguläre Beschäftigung über verschiedene Träger organisiert und nach Tarif bezahlt werden. 

Bündnis90/Die Grünen

Die Grünen möchten eine solidarische Pflegebürgerversicherung einführen, an der sich alle Menschen mit einkommensabhängigen Beiträgen beteiligen. Mit einer doppelten Pflegegarantie wollen sie die Eigenanteile dauerhaft deckeln. Die Pflegeversicherung soll alle über diesen Betrag hinausgehenden Kosten für eine bedarfsgerechte (ambulante wie stationäre) Pflege tragen. Die ambulante Pflege, etwa Tages-, Kurzzeit- und Verhinderungspflege, soll ausgebaut werden und Pflegebedürftige so wohnortnah unterstützen. Davon versprechen sich die Grünen auch eine Entlastung pflegender Angehöriger. Das Instrument der PflegeZeit Plus soll allen Erwerbstätigen zudem eine Lohnersatzleistung bei dreimonatigem Vollausstieg und dreijährigem Teilausstieg ermöglichen.

Auch die Arbeitsbedingungen in der Pflege wollen die Grünen verbessern, etwa über eine 35-Stunden-Woche, weniger Ausnahmen im Arbeitszeitgesetz und Bezahlung nach Tarif. Es soll eine bedarfsgerechte Personalbemessung geben, auch in der Langzeitpflege.