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Programmreform Die ARD baut um

Stand: 15.10.2021 19:55 Uhr

Netflix und Amazon sind auf dem Markt, und auch deutsche Privatsender wollen mehr ins Streaming. Die ARD reagiert mit Veränderungen im Ersten und mehr Augenmerk auf die Mediathek - auch, um mehr Jüngere zu erreichen.

Die Politischen Magazine, das Wirtschaftsmagazin "Plusminus" und das Kulturmagazin "Titel, Thesen, Temperamente" sollen mehr Dokumentationen produzieren - weil die im Internet und damit in der Mediathek besser laufen. Dazu kommen für die Mediathek neue spezielle Inhalte, etwa Comedy mit Carolin Kebekus, moderne und divers besetzte Doku-Serien und auch hochwertig produzierte fiktionale Serien.

Jüngere Zielgruppen erreichen

All das ist Teil der neuen Strategie, mit der die ARD ausgleichen will, was sich über die Jahre eingeschlichen hat: Das Erste und die ARD-Mediathek richteten sich noch zu oft an ein älteres Publikum, mahnt ARD-Programmdirektorin Christine Strobl: "Es geht (…) darum, unseren Auftrag wieder vollumfänglich zu erfüllen. Vollumfänglich in dem Sinne, dass ich glaube, wir müssen auch wieder jüngere Zielgruppen erreichen. Und wenn wir wissen, dass heutzutage allein durch das sich verändernde Mediennutzungsverhalten die Mediathek ein sehr, sehr wichtiger Baustein sein muss, um jüngere Zielgruppen zu erreichen, dann ist klar: Wir brauchen für die Mediathek ein eigenständiges Programmangebot."

Einiges neu am Sonntag

Vieles läuft aber auch weiter im klassischen Programm. Dort sortiert die ARD nun etwas um, vor allem am Sonntag. Um 18 Uhr - früher als bisher - läuft der Bericht aus Berlin. Er bekommt fünf Minuten mehr Zeit, ebenso der Weltspiegel. Der rutscht nun doch nicht auf eine späte Zeit an einem anderen Tag, wie Korrespondentinnen und Korrespondenten in einem offenen Brief befürchtet hatten. Der Weltspiegel läuft weiter sonntags, aber schon um 18:30 Uhr. Die Sportschau folgt um 19:15 Uhr und zeigt bis zur tagesschau mehr Berichte aus der Zweiten Fußball-Bundesliga der Herren als bisher.

Der Montag wird "Informationsabend"

Für den Montag plant das Erste einen "Informationsabend". Um 20:15 Uhr soll es nicht nur Natur-Dokumentationen geben, sondern abwechselnd auch Dokus zu Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport. Am späteren Abend, nach Hart, aber fair und den tagesthemen sind ein neues Wissensformat, aber auch weitere Dokumentationen geplant, etwa aus dem Ausland - möglichst modern erzählt, damit auch sie gut in der Mediathek laufen.

Mehr in der Mediathek

Die sei nun kein "Anhängsel des Ersten Programms" mehr, betont der Vorsitzende der ARD, WDR-Intendant Tom Buhrow: "Insofern ist es nicht eine Reform oder ein Reformschritt, sondern ein ganzes Reformpaket: also mehr Info, mehr politische Berichterstattung aus dem Inland, aus dem Ausland, mehr Investigatives, Stärkung auch der Unterhaltung, starker Doku-Platz. Also auch mehr Auffindbarkeit auch im linearen Programm, (...) sodass wir in der Mediathek und im linearen Programm einen stärkeren Aufschlag in Richtung 'Alle Menschen erreichen' machen."

Sandra Maischberger talkt zwei Mal

Zu den vielen Veränderungen und Neuerungen gehört auch, dass Sandra Maischberger dann zwei Mal in der Woche eine Talkshow präsentieren soll: dienstags und mittwochs. Auf die Frage, ob die ARD damit das ZDF und dort etwa die erfolgreiche Talkshow von Markus Lanz angreift, sagt Strobl: Es könne bei den Talkshows zwar zeitlich zu gewissen Überschneidungen kommen. Die Sendungen würden sich aber unterscheiden. Auf den meisten anderen Sendeplätzen wechsle man sich bewusst mit dem ZDF ab: Unterhaltung hier, Information dort. Das gelte etwa auch bei einem neuen geplanten Comedy-Format für den Freitagabend.

Dokus und Investigatives in der Mediathek

Als im Sommer erste Überlegungen zur Programmreform kursierten, übte auch Monitor-Redaktionsleiter Georg Restle öffentlich Kritik. Er warnte vor einer "Degradierung" der politischen Magazine: Weniger Magazine bedeute auch weniger einzelne Recherchen.

ARD-Chefredakteur Oliver Köhr verteidigt, dass Magazinredaktionen fortan für die Mediathek und damit auch für ein jüngeres Publikum mehr Dokumentationen produzieren werden. Sie blieben in der Hand der Redaktionen und würden auch auf ihren Programmplätzen im Ersten eingesetzt: "(Das) bedeutet also mehr Inhalte zum Beispiel aus dem Investigativbereich, die den Infobereich in der Mediathek deutlich ausbauen. Und die Expertise der Redaktionen kommt also in die Mediathek. Zum anderen wird das Portfolio im Ersten breiter aufgestellt."

Die Änderungen sollen im kommenden Jahr umgesetzt werden - nach und nach. Mehr Geld bekommt die ARD für den Ausbau der Mediathek nicht. Auch deshalb soll sich das Angebot im Ersten verändern. Es soll kompatibler werden für den boomenden Markt der Streamingangebote und damit für die ARD-Mediathek.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 15. Oktober 2021 die tagesschau um 17:00 Uhr und NDR Info um 19:05 Uhr.