Der Bundesadler im Plenarsaal vom Bundestag.

Afghanistan-Untersuchungsausschuss "Dann hätten wir dichtmachen können"

Stand: 02.12.2022 04:58 Uhr

Im Afghanistan-Untersuchungsausschuss verteidigte ein Zeuge aus dem Entwicklungsministerium das damalige Vorgehen der Bundesregierung, keine generelle Aufnahmezusage an afghanische Ortskräfte ausgesprochen zu haben.

Von Kai Küstner, ARD Berlin

Warum versäumte es die Bundesregierung, in der Schlussphase des Afghanistan-Einsatzes rechtzeitig einheimische Ortskräfte in Sicherheit zu bringen? Das ist eine der Schlüsselfragen, mit denen sich der Bundestags-Untersuchungsausschuss befasst.

Die Aussagen eines hochrangigen Beamten aus dem Bundesentwicklungsministerium könnten nun wichtige Hinweise geliefert haben: Der Zeuge verteidigte die damalige Weigerung der Bundesregierung, trotz der zunehmenden Verschlechterung der Sicherheitslage frühzeitig Ortskräfte auszufliegen oder pauschal allen afghanischen Mitarbeitern eine Aufnahmezusage für Deutschland zu geben.

"Dann hätten wir unsere Projekte dichtmachen können", erklärte der Beamte bei seiner Befragung. Er wies darauf hin, dass sein Ministerium ursprünglich vorgehabt hatte, auch über den Abzug der deutschen Truppen hinaus mit der Entwicklungshilfe fortzufahren.

"Nicht das Flugticket nach Deutschland"

"Ich war und bin der festen Überzeugung, dass eine Arbeit für deutsche Entwicklungsorganisationen nicht automatisch zur Gefährdung von Leib und Leben führt" argumentierte der Beamte weiter. Er suchte so das deutsche Vorgehen zu verteidigen, jeden Einzelfall zu prüfen - was oft zu extrem langwierigen Verfahren führte.

Ein Job bei der GIZ, also der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, "sollte nicht das Flugticket nach Deutschland sein", befand der Zeuge. Seinen Angaben zufolge beschäftigte das Entwicklungsministerium, das BMZ, zeitgleich rund 1500 afghanische Ortskräfte.

Ein bitteres Fazit

Wie bereits andere Zeugen vor ihm musste auch der Beamte aus dem BMZ zugeben, die rasante Machtübernahme der Taliban im August 2021 so nicht vorhergesehen zu haben. Man habe sich damals wohl zu sehr in einer Kabuler Blase befunden, einer habe vom anderen abgeschrieben, aber keiner habe wirklich gewusst, was in den Provinzen passierte.

Trotz des zwanzigjährigen Engagements habe man dieses Land offensichtlich nicht so verstanden, wie man gedacht habe, so lautet sein etwas bitteres Fazit.

Kai Küstner, Kai Küstner, ARD Berlin, 01.12.2022 01:14 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 02. Dezember 2022 um 07:36 Uhr.