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Fake-Profile im Netz Britische Medien zitierten russische Trolle

Stand: 20.09.2018 15:30 Uhr

In mehr als 100 Fällen haben britische Medien unwissentlich aus Tweets von russischen Trollen zitiert. Das zeigt eine Analyse des "Guardian". Die Tweets wurden von namhaften Medien als Netz-Reaktionen verbreitet.

Von Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder

Britische Medien haben Tweets von russischen Trollen mehr als 100 Mal übernommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Zeitung "The Guardian".

Im Juni hatte der US-Kongress Details über rund 1000 Konten veröffentlicht, die Twitter nach Analysen der "Internet Research Agency" (IRA) zuordnet. Bei der IRA handelt es sich um eine mit dem Kreml verbundenen Trollfabrik mit Sitz in St. Petersburg.

Trolle geben sich als Aktivisten aus

Die Untersuchung des "Guardian" zeigt, dass Tweets von diesen Konten mehr als 20 Mal von großen Medien in Großbritannien zitiert wurden. Dazu kommen noch mehr als 80 weitere Zitate von Konten, die der "Guardian" im November 2017 als russische Trolle enttarnt hatte.

Einer der meistzitierten Tweets stammte von dem Profil @KaniJJackson, der sich als "Black Lives Matter"-Aktivist ausgab und unter den Nutzernamen "Kanisha J" und "Remove Trump Now" auftrat. Einer seiner Tweets wurde neun Mal medial aufgegriffen und weiterverbreitet.

Namhafte Medien

Unter den Medien, die unwissentlich Tweets von Konten der russischen IRA übernahmen, waren BuzzFeed, "The Guardian", "Telegraph", die BBC, die "Daily Mail" und der "Daily Express". Der "Guardian" und die BBC haben inzwischen den eingebetteten Tweet entfernt und die Leser darüber informiert, dass das hinter dem entsprechenden Profil keine reale Person stand bzw. weil das Konto in Verbindung zu einem russischen Botnetz stehe.

Während die meisten der von Twitter entfernten Konten auf Englisch schrieben und sich explizit in Debatten zur US-Politik einzuschalten, posteten einige Profile auf Russisch und zielten anscheinend überhaupt nicht auf die englischsprachige Öffentlichkeit.

Vermeintliche Reaktion von Usern

Zumeist wurden die als russische Fake-Profile identifizierten Profile von Medien nicht als seriöse Quelle eingeschätzt. Sie wurden vielmehr in redaktionellen Beiträgen als Beispiele für Reaktionen von Nutzern auf bestimmte Ereignisse angeführt.

Experten weisen in Analysen darauf hin, dass Russland sich insbesondere auf lautstarke und vielstimmige Propaganda in sozialen Medien konzentriere, um andere Meinungen zu übertönen. Dies scheint in den dokumentierten Fällen gelungen zu sein, da die Tweets von russischen Propaganda-Profilen als echte politische Kommentare verbreitet wurden.

Bestehende Konflikte verschärfen

Bereits während des US-Wahlkampfs waren Einflussversuche aus Russland dokumentiert worden, beispielsweise durch Facebook-Gruppen und Anzeigen, die bestehende Konflikte verschärfen sollten.

Anfang 2017 sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu, es seien "Truppen der Informationsoperationen in den Streitkräften der Russischen Föderation" gegründet worden. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS betonte Schoigu in der Duma, diese Informationsoperationen seien viel effektiver und stärker als alles, was Russland zuvor in der Gegenpropaganda geschaffen habe. Die Propaganda solle "klug, kompetent und effektiv" sein.

Auch in Deutschland waren russische Propaganda-Accounts aktiv. Das zeigen Analysen der Aktivitäten der von Twitter gesperrten Profile während des Wahlkampfs 2017. Zudem enttarnte Facebook jüngst ein iranisches Netzwerk, das versuchte, politische Debatten in Europa zu manipulieren.