US-Spionageangriffe auf EU-Nationen Freund hört mit

Stand: 01.07.2013 08:36 Uhr

Der US-Geheimdienst NSA hört angeblich viele diplomatische Einrichtungen von Verbündeten ab. Laut "Guardian" werden sowohl Botschaften als auch die Vertretungen bei den UN ausspioniert. Mindestens ein Faxgerät in der EU-Vertretung in Washington soll verwanzt sein.

Neue Enthüllungen in der NSA-Affäre: Der US-Geheimdienst hat nach Informationen des britischen "Guardian" auch die diplomatischen Vertretungen von Frankreich, Italien und Griechenland in Washington und bei den Vereinten Nationen systematisch ausgespäht. Die NSA habe in den Botschaften und UN-Vertretungen seit Jahren unter anderem Wanzen installiert und Kabel angezapft, berichtet die britische Zeitung unter Berufung auf Dokumente des flüchtigen IT-Spezialisten Edward Snowden.

Insgesamt seien in den NSA-Dokumenten 38 Botschaften und Vertretungen in den USA aufgeführt, darunter auch Japan, Mexiko, Südkorea, Indien und die Türkei. Die deutsche Botschaft wird nicht genannt.

Im Rahmen einer Abhörmaßnahme unter der Bezeichnung "Dropmire" wurde demnach eine Wanze in einem Faxgerät der EU-Vertretung in Washington installiert, von dem aus mit Außenministerien in europäischen Hauptstädten kommunziert wurde. Das von Snowden vorgelegte Dokument soll von 2007 stammen. Unklar ist laut "Guardian", ob die Abhörmaßnahmen nur von der NSA, oder auch von der CIA und dem FBI durchgeführt wurden.

Sammeln, wie alle Nationen es tun?

Bereits vor diesen neuen Enthüllungen hatte der US-Geheimdienstkoordinator James Clapper Aufklärung der Fragen um den mutmaßlichen Abhörskandal in europäischen Regierungs- und EU-Einrichtungen versprochen. "Die US-Regierung wird der Europäischen Union angemessen über unsere diplomatischen Kanäle antworten", teilte sein Büro mit.

Klärung werde es auch in dem beidseitigen Expertendialog über die Geheimdienste geben, den die USA vor Wochen angekündigt haben. "Wir werden diese Themen auch bilateral mit EU-Mitgliedsstaaten besprechen", so die Erklärung. "Während wir grundsätzlich bestimmte, mutmaßliche Geheimdienstaktivitäten nicht öffentlich kommentieren, haben wir klargemacht, dass die USA ausländische Geheimdienstinformationen in der Weise sammeln, wie es alle Nationen tun."

Napolitano fordert Antworten

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano forderte Antworten von den USA. "Das ist eine heikle Angelegenheit, die zufriedenstellende Antworten braucht", sagte Napolitano der Nachrichtenagentur Ansa zufolge in Zagreb.

Auch die französische Regierung zeigte sich besorgt. "Wir haben von den USA Erklärungen gefordert", machte eine Regierungssprecherin deutlich. "Wenn sich herausstellt, dass die Dinge sich tatsächlich so abspielen, dann wäre das äußerst besorgniserregend." Bislang lägen nur unbestätigte Medienberichte über die NSA-Spionage vor, betonte sie.

Deutschland im Fokus der NSA?

Bereits am Wochenende war bekannt geworden, dass die NSA offenbar systematisch einen Großteil der Telefon- und Internetverbindungsdaten in Deutschland speichert und kontrolliert. Monatlich würden in der Bundesrepublik rund eine halbe Milliarde Kommunikationsverbindungen - Telefonate, Mails, SMS oder Chats - überwacht, schreibt "Der Spiegel" unter Berufung auf Dokumente Snowdens. Demnach werden pro Monat rund eine halbe Milliarde Verbindungsdaten überwacht.

Außerdem soll die NSA in Brüssel das Justus-Lipsius-Gebäude ausspioniert haben. Laut "Spiegel" soll der Angriff aus einem abgeschirmten Bereich der NSA im NATO-Hauptquartier erfolgt sein.

Politiker aller Parteien zeigten sich empört, enttäuscht und verärgert. Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt forderte im Bericht aus Berlin die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe prüft nach eigenen Angaben, ob sie für mögliche Ermittlungen zuständig ist.

Frank Aischmann, F. Aischmann, ARD Berlin, 01.07.2013 10:49 Uhr